24.04.2025
Mit Licht in die Zelle blicken
Ein Tropfen Flüssigkeit, ein Lichtstrahl - und plötzlich wird ein unsichtbares Signal sichtbar. Ein Forschungsteam vom Leibniz-IPHT und der Universität Leiden hat einen molekularen Sensor entwickelt, der künftig tief im Gewebe Prozesse erfassen könnte, die bisher im Dunkeln lagen.
Die Grundlage bildet die Triplet-Triplet-Annihilation-Upconversion (TTA-UC), ein optischer Mechanismus, bei dem zwei Partnermoleküle rotes Licht absorbieren, die Energie auf ein fluoreszierendes Molekül übertragen - und es zum Leuchten bringen. So entsteht aus energiearmem rotem Licht energiereiches blaues Licht.
"Mit diesem neuen Sensor können wir Calcium-Ionen präzise und empfindlich detektieren, ohne die Nachteile herkömmlicher Methoden in Kauf nehmen zu müssen, wie zum Beispiel schwache Signale oder störende Hintergrundstrahlungen", erklärt Dr. Tingxiang Yang, die das Verfahren als Doktorandin am Leibniz-IPHT im Rahmen des internationalen Ausbildungsprogramms LogicLab ITN entwickelte.
Licht, das tiefer geht
Der menschliche Körper ist wie die Tiefsee - in seinem Inneren herrscht Dunkelheit. Herkömmliche fluoreszierende Sonden benötigen UV- oder Blaulicht, doch diese dringen kaum durch Gewebe. Rotes Licht hingegen kann mehrere Millimeter tief eindringen, ohne dabei Zellprozesse zu stören. Genau hier setzt der neu entwickelte Sensor an: Er nutzt dieses Prinzip, um Calcium-Ionen auch in tieferen Zellschichten sichtbar zu machen - und ermöglicht es so, Prozesse zu beobachten, die bisher im Dunkeln lagen.
Um den Mechanismus des Sensors zu verstehen und zu optimieren, nutzte Tingxiang Yang modernste spektroskopische Methoden. Am Leibniz-IPHT konnte sie auf hochpräzise Messverfahren zurückgreifen, die speziell für lichtaktive Moleküle entwickelt wurden. Mit Absorptionsspektroskopie untersuchte sie, wie ihre Moleküle Licht aufnehmen. Fluoreszenzlebensdauer-Spektroskopie half ihr zu analysieren, wie lange das Molekül nach der Anregung Licht abstrahlt - ein wichtiger Hinweis auf die Effizienz des Systems. Durch transiente Absorptionsspektroskopie konnte sie zudem den Energiefluss zwischen den Molekülen im Nanosekundenbereich beobachten.
Von Jena in die Welt: LogicLab als Sprungbrett
Das internationale Promovierendenprogramm LogicLab ITN, in dessen Rahmen die Forschung durchgeführt wurde, wurde von der Europäischen Union gefördert. Es brachte Forschende aus verschiedenen Disziplinen zusammen, um neuartige molekulare Sensoren für die Biomedizin zu entwickeln.
Ziel war es, intelligente molekulare Schalter zu entwerfen, die biologische Prozesse sichtbar machen können. Die Leitung des Projekts lag am Leibniz-IPHT, das nicht nur den wissenschaftlichen Rahmen koordinierte, sondern auch modernste Infrastruktur für die Forschung bereitstellte.
Für Tingxiang Yang war die interdisziplinäre Zusammenarbeit eine prägende Erfahrung: "Die Zusammenarbeit mit Chemikern, Physiken und Biologen aus ganz Europa hat mir neue Perspektiven eröffnet. Ich habe gelernt, wie wichtig es ist, über die eigene Disziplin hinauszublicken." Auch ihr LogicLab-Kollege Dr. Keshav Kumar Jha profitierte von diesem Forschungsumfeld.
Während Yangs Arbeit neue Perspektiven für die optische Diagnostik eröffnete, untersuchte er am Leibniz-IPHT, wie sich ähnliche Lichtprozesse in Liposomen - winzigen Membranbläschen - nutzen lassen. Seine Forschung ergänzt das Projekt um wichtige Erkenntnisse zur molekularen Dynamik in biologischen Systemen.
Das von Prof. Dr. Benjamin Dietzek-Ivansic initiierte Projekt wurde in der Endphase von PD Dr. Martin Presselt geleitet. Seine Firma Sciclus unterstützte die Forschung mit quantenchemischen Simulationen, um die lichtgesteuerten Mechanismen in den molekularen Systemen besser zu verstehen. Die quantenchemischen Arbeiten erstellte Soumik Ghosh als externer Doktorand für LogicLab und Sciclus.
Quelle: Leibniz-Institut für Photonische Technologien (IPHT)