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16.09.2024

27.08.2024

Neue mikroplastikfreie Verkapselung für Agrochemikalien

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Die nachhaltige Anwendung von Pflanzenschutzmitteln ist eine der großen Herausforderungen der modernen Landwirtschaft. In einer jetzt veröffentlichten Arbeit in der Fachzeitschrift Advanced Materials zeigt ein Team von Forschenden der Universitäten Bayreuth und Twente (Niederlande) mit der Entwicklung mikroplastikfreier Verkapselungen einen innovativen Ansatz für ein nachhaltigeres Ausbringen von Agrochemikalien.

Fungizide gehören zu den Pflanzenschutzmitteln und werden in der Landwirtschaft eingesetzt, um Pflanzen vor Pilzbefall zu schützen. Grauschimmel oder auch Botrytis sind besonders beim Erdbeer- und Weinanbau für große Schäden verantwortlich. Agrochemikalien wie Dünger, Fungizide und Pestizide werden allerdings häufig in verkapselter Form versprüht, was zur Mikroplastikverschmutzung beitragen kann.

Die Notwendigkeit nachhaltiger landwirtschaftlicher Praktiken haben das Interesse an der Entwicklung mikroplastikfreier Träger für die kontrollierte Freisetzung Agrochemikalien geweckt. Die Forschenden aus den Niederlanden und Bayreuth haben einen Weg gefunden, Mikroplastik bei der Fungizid-Ausbringung zu vermeiden.

Unter der Leitung von Prof. Dr. André Gröschel, Professur für Polymermaterialien für elektrochemische Speicher an der Universität Bayreuth, und Prof. Dr. Frederik Wurm, Professur für Nachhaltige Polymerchemie an der Universität Twente, gelang es den Forschenden, vollständig abbaubare Blockcopolymere auf Basis von Polyphosphoestern zu synthetisieren, d.h. Polymere, die aus zwei blockartigen Segmenten bestehen und dadurch spontan Nanostrukturen ausbilden können Aus diesen Polymeren wurden sogenannte Polymer Cubosome gebildet - mikroskopisch kleine Partikel mit einer hohen inneren Ordnung und Poren von etwa 20 Nanometern Durchmesser.

"Diese Polymer Cubosome haben wir während der Herstellung mit Fungiziden beladen", erklärt Gröschel und fügt an: "Die beladenen Cubosome wirken effizient gegen Grauschimmel, eine häufige Pflanzenkrankheit." Besonders bemerkenswert ist, dass die Cubosome nach mehrfach simuliertem Regen weiterhin an den Blättern von Weinreben haften und das Fungizid so über mehrere Tage hinweg kontinuierlich freisetzen. "Seit über zehn Jahren verwenden wir DNA-inspirierte Polyphopshoester für Wirkstofftransport in der Medizin, nun haben wir diese bioabbaubaren Materialien zum ersten Mal für Pflanzenschutz verwendet. Damit vermeiden wir Mikroplastik in der Umwelt", erklärt Wurm.

Suna Azhdari, deren Doktorarbeit diesen Durchbruch ermöglichte, hebt hervor: "Im Vergleich zu herkömmlichen, massiven Partikeln ohne Poren zeigen unsere Polymer Cubosome eine deutlich schnellere Freisetzung des Wirkstoffs. Dies deutet auf eine effektivere Anwendung von Pflanzenschutzmitteln hin, mit gleichzeitig geringerer Auswaschung von ungenutztem Fungizid in den Boden."

Ein besonders wichtiger Aspekt dieser Innovation ist die vollständige Abbaubarkeit der Cubosome. "Unsere Polymer Cubosome zerfallen vollständig zu harmlosen Milchsäure- und Phosphatderivaten", betont Gröschel: "Das macht sie zu einem vielversprechenden, mikroplastikfreien Trägersystem für Pflanzenschutzmittel und unterstreicht ihr Potenzial für eine nachhaltige Landwirtschaft." Diese Entwicklung könnte einen bedeutenden Beitrag zu einer umweltfreundlicheren und effizienteren Landwirtschaft leisten und bietet gleichzeitig eine Lösung für das Problem der Mikroplastikverschmutzung in landwirtschaftlichen Anwendungen.

Das nun abgeschlossene Projekt ist Teil einer Doktorarbeit, die die Evonik Industries AG seit 12/2021 fördert und die von M.Sc. Suna Azhdari durchgeführt wird. Gefördert hat ebenfalls die Deutsche Forschungsgemeinschaft (Projektnummer 445740352).

» Originalpublikation

Quelle: Universität Bayreuth