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12.12.2024

28.11.2024

Backpapier und Silikonbackmatte - kann man sie bedenkenlos verwenden?

Dr. Carolin Fischer , Dr. Natalie Rudolph, NETZSCH Gerätebau GmbH


Für viele ist die Vorweihnachtszeit mit dem Backen von Plätzchen und Keksen verbunden. Butter, Zucker, Mehl, Mixer, Nudelholz, Ausstechform... Dann muss man sich entscheiden: Verwende ich Backpapier oder eine Silikonbackmatte?

Im Gegensatz zum Backpapier, das nur einmal verwendet werden kann, bevorzugen viele die Silikonbackmatte aufgrund ihrer Antihaftbeschichtung aus lebensmittelechtem Silikon und der Tatsache, dass sie wiederverwendbar ist.

Silikone oder Silikonkautschuke gehören zur Klasse der vernetzten Polymere. Das Grundgerüst eines jeden Silikons basiert auf abwechselnd angeordneten Silizium- (Si) und Sauerstoffatomen (O). An jedes Si-Atom sind zwei organische Gruppen gebunden; das gebräuchlichste Silikon ist Polydimethylsiloxan (PDMS).

Je nach Molekülstruktur und Vernetzungsdichte variieren die physikalischen Eigenschaften von starr bis flexibel. Sie weisen viele hervorragende Eigenschaften auf, die sich für eine Vielzahl von technischen Anwendungen eignen. Doch besonders die ausgezeichnete Hitzebeständigkeit von bis zu 260 °C - und einige Güteklassen erlauben sogar über 300 °C - machen sie zu einer guten Wahl für Backformen, Backmatten und Teigschaber. In diesem Beitrag wird untersucht, ob sie bedenkenlos verwendet werden können.

Plätzchen
Bild: pixabay [CC0]
Bei der Vulkanisation entstehen häufig Nebenprodukte wie zyklische und lineare Siloxanoligomere. Daher erscheint eine Untersuchung, ob während des Backvorgangs Verarbeitungshilfsstoffe oder Nebenprodukte freigesetzt werden, nur sinnvoll.

Auch die Überprüfung, ob potenziell gefährliche Ausgasungen während der Aufheizung entstehen, wie z.B. die Freisetzung von Weichmachern oder toxischen Pyrolyseprodukten, liefern wichtige Hinweise darauf, ob diese in die Backwaren eindringen können.

Thermische Analyse zur Bestimmung der Produktsicherheit

Messbedingungen
Tab.1: Messbedingungen
Mit Hilfe der thermischen Analyse kann man feststellen, welche Substanzen während des Backvorgangs freigesetzt werden. Mittels TG-FT-IR-Analyse ist es möglich, Typ und Temperatur der Freisetzung zu bestimmen.

Um die Substanzen zu ermitteln, wurden für die anstehenden Messungen eine Silikonbackmatte und silikonbeschichtetes Backpapier in Stücke geschnitten und jeweils mehrere Probenstücke eines jeden Materials in Tiegeln platziert. Die Messungen wurden mit der Gerätekombination PERSEUS® TG F1 Libra® der NETZSCH-Gerätebau GmbH bei der maximalzulässigen Backtemperatur von 230 °C für diese Backfolie durchgeführt. In Tabelle 1 sind die Messbedingungen zusammengefasst.

Massenverlustbestimmung

Abbildung 1 zeigt die Massenänderung in Abhängigkeit von der Temperatur. Die Silikonbackmatte (grün) verliert während des Aufheizzyklus 0,4 % ihrer Masse. Das Backpapier (rot) hingegen verliert während der Aufheizung 5,1 % seiner Ausgangsmasse und weitere 4,3 % während der isothermen Behandlung (Temperaturführung bei 230 °C). In beiden Fällen ist der Massenverlust nach 60 Minuten noch nicht abgeschlossen, wie in Abbildung 1 ersichtlich ist.

Temperaturabhängige Massenänderung
Abb.1: Temperaturabhängige Massenänderung von Silikonprobe (grün) und Backpapier (rot)

Analyse der von der Silikonbackmatte freigesetzten Gase

Die entweichenden Gase werden mittels Kopplung direkt von der Thermowaage in das darüber liegende FT-IR transportiert und in der Spektrometergaszelle identifiziert (siehe Abbildung 2). Im Fall der Silikonmatte (Spektrum bei 230 °C in Rot) wurden die Freisetzung von CO2 (blau) und Spuren von Zersetzungsprodukten des Silikonkautschuks (grün) detektiert, bei denen es sich auch um oligomere Nebenprodukte aus der Herstellung handeln könnte. Genauere Angaben zu den einzelnen freigesetzten Komponenten könnten mittels GC-MS-Kopplung ermittelt werden.

Gemessene Spektren Silikonbackmatte bei 230 °C
Abb.2: Gemessene Spektren: Silikonbackmatte bei 230 °C (rot), Freisetzung von CO2 (blau)
und Spuren von Zersetzungsprodukten von Silikonktauschuk (grün)

Analyse der aus dem Backpapier freigesetzten Gase

Das Backpapier setzt im Temperaturbereich bis 150 °C lediglich Wasser frei. Abbildung 3 zeigt das bei 100 °C gemessene Spektrum (rot) im Vergleich zum H2O-Spektrum der Datenbank (blau).

Gemessenes Spektrum des Backpapiers bei 110 °C
Abb.3: Gemessenes Spektrum des Backpapiers bei 110 °C (rot) im Vergleich zu den Literaturspektren von Wasser (blau)

Wie Abbildung 4 zu entnehmen, zeigt das Spektrum des Backpapiers (rot) bei 230 °C die Freisetzung von CO (orange, CO2 (grün) und geringe Spuren von Methanol (schwarz) und Ameisensäure (blau). Diese Zersetzungsprodukte sind wahrscheinlich auf die thermische Zersetzung des Backpapiers zurückzuführen. Nach der Messung wies dieses eine bräunliche Verfärbung auf.

Gemessenes Spektrum des Backpapiers bei 230 °C
Abb.4: Gemessenes Spektrum des Backpapiers bei 230 °C (rot),
Datenbankspektren von CO (orange), CO2 (grün), Methanol (schwarz) und Ameisensäure (blau)

Zusammenfassung

Das Ausgasen von Wasser, CO und CO2 ist harmlos, da diese Substanzen den Ofen in gasförmiger Form verlassen. Die Menge des enthaltenen Methanols und der Ameisensäure im beschichteten Backpapier ist wahrscheinlich sehr gering. Auch die Abbauprodukte von Silikon in der Silikonbackmatte sind vermutlich unbedeutend, da sie harmlos sind. Dennoch ist es sicherlich sinnvoll, die Silikonbackmatte vor dem ersten Gebrauch ohne Backgut auszuheizen.


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