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Analytik NEWS
Das Online-Labormagazin
07.12.2024

08.05.2024

Nachweis von Weichmachern in Sportartikeln und Spielzeug mittels TG-FT-IR

Dr. Carolin Fischer , NETZSCH Gerätebau GmbH


Sportartikel und Spielzeug für Kinder oder Haustiere werden oft aus flexiblen Kunststoffen hergestellt. Beispiele hierfür sind Kauspielzeug zur Förderung der sensorischen Fähigkeiten, Actionfiguren, weiche Soft-Grip-Oberflächen sowie Bälle aller Art. Ein häufig verwendetes Polymer ist PVC (Polyvinylchlorid), das durch Zugabe von Weichmachern weicher und flexibler wird. Weichmacher sind nicht kovalent an die Polymerkette gebunden, weshalb sie verdunsten oder durch Speichel oder Schweiß ausgespült werden können. Das Ausgasen von Weichmachern wie Phthalaten kann schädlich sein. In einigen Fällen ist dies sogar am schlechten Geruch erkennbar.

Die Familie der Phthalate ist bekannt dafür, eine Reihe von Gesundheitsrisiken zu verursachen. Phthalate wirken wie Hormone und können nachweislich zu Leberschäden, Unfruchtbarkeit, Diabetes, Krebs und anderen Krankheiten führen. Deshalb hat die Europäische Union seit 2007 eine Reihe von Phthalaten in Produkten, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen, in Spielzeug, Babyartikeln und im Medizinbedarf verboten.

Zersetzungsverhalten und Identifizierung von Weichmachern

Die thermische Analyse trägt zum Nachweis von Weichmachern in Polymeren bei. Mit Hilfe der TG-FT-IR-Analyse ist es möglich, Produkte hinsichtlich ihres Weichmachergehalts zu analysieren und die Art des verwendeten Weichmachers zu identifizieren. Im folgenden Anwendungsbeispiel wurde die Oberflächenschicht verschiedener Spielzeugbälle in kleine Stücke geschnitten und mit der PERSEUS TG Libra® gemäß der in Tabelle 1 aufgeführten Messbedingungen untersucht.

Messbedingungen
Tab.1: Messbedingungen

Wie in Abbildung 1 ersichtlich, wies Ball Nr. 1 während der Pyrolyse mehrere Massenverluststufen auf. Diese sind auf das Verdampfen des Weichmachers oder anderer organischer Additive und die Pyrolyse des Polymers im Temperaturbereich zwischen 200 °C und 500 °C zurückzuführen. Die Zersetzung der anorganischen Füllstoffe wurde zwischen 500 °C und 700 °C nachgewiesen. Die Peaks in der DTG-Kurve (Massenverlustrate) stellen die Temperaturen der maximalen Massenverlustraten dar. Die Gram-Schmidt-Kurve zeigt die gesamten IR-Intensitäten und verhält sich wie ein Spiegelbild zur DTG-Kurve. Sie zeigt zudem die maximalen Intensitäten während Massenverluststufen auf. Dies bestätigt die Wechselwirkung der freigesetzten Komponenten mit dem IR-Strahl.

Temperaturabhängige Massenänderung
Abb.1: Temperaturabhängige Massenänderung (TG, grün), Massenänderungsrate (DTG, schwarz) und Gram-Schmidt-Kurve (rot) von Ball Nr. 1

3D-Plot aller detektierten IR-Spektren
Abb.2: 3D-Plot aller detektierten IR-Spektren
von Ball Nr. 1, im Würfelhintergrund ist
die TG-Kurve aufgetragen
Sämtliche IR-Daten sind in Abbildung 2 in einem temperatur- und wellenzahlenabhängigen 3D-Plot dargestellt. Die TG-Kurve ist im Hintergrund rot eingezeichnet und zeigt die Korrelation des Massenverlustes mit dem Anstieg der IR-Intensität. In diesem Beispiel wurde nur die erste Massenverluststufe genauer untersucht. Für die detaillierte Analyse des enthaltenen Weichmachers wurde ein 2D-FT-IR-Spektrum extrahiert und mit Gasphasenbibliotheken verglichen, um die freigesetzten Verbindungen zu identifizieren.

Für das Spektrum bei 266 °C (Abbildung 3) wurde eine hohe Ähnlichkeit mit den Bibliotheksspektren von Di-n-octylphthalat (DOP, blau) und Bis(2-ethyl-hexyl)phthalat (DEHP, grün) gefunden. Es kann davon ausgegangen werden, dass eine einzelne Verbindung oder eine Mischung verschiedener Phthalate freigesetzt wurde. Dieser Vergleich zeigt jedoch deutlich, dass Ball Nr. 1 verbotene Phthalate enthält. Da sich die Massenverluststufe mit der Freisetzung von Phthalat leicht überschneidet, wurde mittels FT-IR bei 266 °C auch eine geringe Menge CO2 gefunden.

Spektrum im Vergleich mit dem Bibliotheksspektren
Abb.3: Bei 266 °C (rot) gemessenes Spektrum im Vergleich mit dem Bibliotheksspektren von
Di-n-octylphthalat (DOP, blau) und Bis(2-ethylhexyl)phthalat (DEHP, grün)

Ein zweiter Ball wurde unter gleichen Messbedingungen untersucht. Ein Vergleich beider TG-Messungen ist in Abbildung 4 zu sehen. Ein deutlicher Unterschied wurde beim Pyrolyseverhalten beobachtet. Allerdings wurde auch für Ball Nr. 2 die erste Massenverluststufe im Temperaturbereich zwischen 200 °C und 280 °C nachgewiesen, ebenfalls mit einem Peak in der DTG-Kurve bei 266 °C. Nur mittels TG-FT-IR ist es möglich, detaillierte Informationen über den enthaltenen Weichmachergehalt zu erhalten.

Temperaturabhängige Massenänderung Ball 1 und  2
Abb 4: Temperaturabhängige Massenänderung (TG) und Massenänderungsrate (DTG) von Ball Nr. 1 (grün) und Ball Nr. 2 (blau)

Der Vergleich der bei 266 °C extrahierten FT-IR-Spektren für beide Ballproben zeigt ein völlig unterschiedliches Vibrationsmuster auf (Abbildung 5). Der Vergleich der Spektren bei 266 °C von Ball Nr. 2 (blau) mit der Gasphasenbibliothek zeigt die eindeutige Übereinstimmung mit dem Spektrum von Tributyl-Citrat (grün). Bei Ball Nr. 2 wurden die toxischen Phtphalat-Weichmacher durch ungiftigen Zitronensäureester ersetzt, der ebenfalls als Weichmacher wirkt.

Spektrum von Ball Nr. 1  und Ball 2 im Vergleich
Abb.5: Gemessenes Spektrum bei 266 °C von Ball Nr. 1 (rot) und Ball Nr. 2 (blau)
im Vergleich mit den Bibliotheksspektren von Tributylcitrat (grün)

Zusammenfassung

Mittels thermischer Analyse können Ausgasungs- und Zersetzungsvorgänge von Polymeren untersucht werden. Die Thermogravimetrie zeigt die Freisetzung von Gasen bereits unterhalb 300 °C. Zur Identifizierung der freigesetzten Gase ist jedoch nur die Emissionsgasanalyse mittels FT-IR hilfreich. Im Beispiel war es möglich, die unterschiedlichen eingesetzten Weichmacher zu identifizieren und somit zwischen toxischen und nicht toxischen Additiven zu unterscheiden. Die PERSEUS® TG Libra® eignet sich dafür, diese Aufgabe zu bewältigen.


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