21.11.2024
Multielementbestimmung nach Ersatzbaustoffverordnung mittels ICP-MS am Beispiel eines Boden-Referenzmaterials
Bau- und Abbruchabfälle sowie Bodenmaterial zählen zu den Hauptfraktionen unter den jährlichen mineralischen Abfällen in Deutschland. Die Ersatzbaustoffverordnung (ErsatzbaustoffV) [1] vom 01.08.2023 ist Teil der sogenannten "Mantelverordnung", welche 2021 ins Leben gerufen wurde. Sie dient dem Schutz von Boden und Grundwasser vor dem Eintrag von Schadstoffen über Sickerwässer.
Zu Ersatzbaustoffen zählen Bodenmaterialien, Schlacken, Sande, Schotter, Aschen, Recycling-Baustoffe und Baggergut. Ziel ist eine bundeseinheitliche und rechtsverbindliche Festlegung der Anforderungen an die Herstellung und den Einbau mineralischer Ersatzbaustoffe in technischen Bauwerken (z.B. Straßen, Parkplätze, Schienenverkehrswege, Lager- und Stellflächen, Leitungsgraben und Baugruben, Lärm- und Sichtschutzwälle, Aufschüttungen zur Stabilisierung von Böschungen). Dies soll dazu dienen, die Verwendung von Sekundärrohstoffen zu fördern und somit natürliche Ressourcen zu schonen.
Dabei sind Schadstoffgrenzwerte ("Materialwerte") für die einzelnen Ersatzbaustoffe bzw. deren Klassen festgelegt, deren Einhaltung durch den Hersteller zu gewährleisten ist. Die Unterscheidung der Materialwerte erfolgt in "Eluatkonzentrationswerte" (Eluate bspw. aus Säulenversuchen) und "Feststoffwerte" (Königswasserauszug).
Als analytische Verfahren zur Bestimmung der Gesamtgehalte von Antimon, Arsen, Blei, Cadmium, Chrom, Kupfer, Molybdän, Nickel, Vanadium, Zinn und Thallium sind ICP-OES und ICP-MS zulässig. Quecksilber ist mittels ICP-MS oder AAS zu bestimmen. Dabei ist bedingt durch die hohen Säure- und/oder Matrix-Frachten und der niedrigen geforderten Grenzwerte (insbesondere Thallium und Quecksilber) ein sowohl robustes als auch nachweisstarkes Analysensystem erforderlich. Die ICP-MS-Technik erfüllt diese Anforderung, indem sie die Möglichkeit zur schnellen, robusten und sensitiven Multielementbestimmung aller geforderter Analyten einschließlich Quecksilber bietet.
Die Güteüberwachung der aufbereiteten Ersatzbaustoffe erfolgt durch akkreditierte Überwachungs- und Untersuchungsstellen. Zur internen Qualitätskontrolle kann hierbei die Analyse zertifizierter Referenzmaterialien dienen. Die vorliegende Arbeit demonstriert anhand eines Boden-Referenzmaterials die robuste und sensitive Gesamtgehaltsbestimmung nach ErsatzbaustoffV mithilfe des PlasmaQuant MS und dessen Eignung zur Routine-Analytik.
Material und Methoden
Probenvorbereitung
- Tab1: Mikrowellenaufschluss von EnviroMAT
Contaminated Soil (SS-2)
Nach dem Abkühlen auf Raumtemperatur und Überführen in 50 ml-Gefäße (Polypropylen) wurde mit Reinstwasser auf 50 ml aufgefüllt. Diese wurden dabei final mit 100 µg/l Au (TraceCert®, 1000 mg/l) versetzt, um Hg in Lösung zu stabilisieren. Die beiden Aufschlüsse wurden je 50-, 100- und 1000-fach verdünnt in 2 % HNO3 mittels PlasmaQuant MS Elite S gemessen.
Um einen Langzeit-Signal-Drift und Matrix-Effekte zu berücksichtigen, wurden 20 µg/l Y, Rh, Tb und Ir (Y: TraceCert®, 10000 mg/l; Rh, Tb, Ir: High-Purity Standards, 1000 mg/l) als interner Standard zur Probenlösung online zugeführt. Für den Probentransport aus der Probenschleife des Schaltventils durch die Carrier-Lösung via Peristaltik-Pumpe wurde ein schwarz/ schwarzer PVC-Schlauch (0,76 mm ID) und für den internen Standard ein orange/grüner PVC-Schlauch (0,38 mm ID) verwendet.
Für Kalibrierlösungen, Blindwert, Spülschritte, Carrier-Lösung und Proben-Verdünnung wurde zur Gewährleistung der Analyt-Stabilität 2 % HNO3 verwendet. Alle Kalibrier- und Probenlösungen wurden mit 100 µg/l Au zur Stabilisierung von Hg versetzt. Die Probenpräparation und Messung fanden nicht unter Reinraumbedingungen statt.
- Tab.2: Gerätekonfiguration
Kalibrierung
Die Kalibrierlösungen wurden in 2 % HNO3 angesetzt. Die präparierten Kalibrier-Level betrugen 0,1 - 1 - 10 - 100 µg/l. Fe wurde zusätzlich bis 2 mg/l kalibriert. Hg wurde mit 0,1 - 1 - 3 µg/l kalibriert. Für die Kalibrierung wurden folgende Standards verwendet:
- Multielementstandards:
- Mo, Sb: ICP Calibr Std, 4 elements, Analytik Jena, 100 mg/l
- TraceCERT® Periodic table mix 1 for ICP, 10 mg/l
- Mo, Sb: ICP Calibr Std, 4 elements, Analytik Jena, 100 mg/l
- Einzelelementstandards:
- Hg: Certipur®, Supelco, 1000 mg/l
- Fe: Fluka®, 10 g/l
- Au: TraceCert®, 1000 mg/l (zur Stabilisierung von Hg)
- Hg: Certipur®, Supelco, 1000 mg/l
Geräteparameter
- Tab.3: Methodenparameter
H2: Wasserstoff, oG: ohne-Gas, He: Helium
*Es können Schaltzeiten zwischen den Messmodi von
< 5 s gewählt werden. Zugunsten der bestmöglichen
Messpräzision wurden hier jedoch höhere
Stabilisierungszeiten verwendet unter Erreichung
einer RSD von durchschnittlich < 2 %.
** Der erste Modus (H2) schließt den Probentransport
aus der Probenschleife mittels Carrier-Lösung ein
und weist deshalb eine längere Stabilisierungszeit auf.
Methodenparameter
Evaluierungsparameter
Für die Datenaufnahme wurden fünf Scan-Replikate als Mittelwerte aus je zehn Massenscans mit 50 ms (As, Se, P, Tl) bzw. 20 ms (restliche Elemente) Verweilzeit pro Isotop aufgenommen. Der resultierende Messwert wurde als Mittelwert aus diesen fünf Scan-Replikaten errechnet. Für Pb wurde die Summe der Signalintensitäten der drei Hauptisotope (206Pb, 207Pb, 208Pb) gebildet, um mögliche Schwankungen der relativen Häufigkeiten der einzelnen Isotope in den Proben und Standards zu berücksichtigen. Für Hg wurde die Summe der Signalintensitäten von vier Isotopen (m/z 199 - 202) verwendet. Für die Korrektur durch den internen Standard wurden die Isotope 89Y, 103Rh, 159Tb und 193Ir gewählt.
Für die Entfernung Matrix- und/oder Plasma-basierter polyatomarer Interferenzen wurde Wasserstoff als Reaktionsgas und Helium als Kollisionsgas via der patentierten integrierten Kollisions- und Reaktionszelle (iCRC) von Analytik Jena eingesetzt. Um höchste Empfindlichkeit und niedrigste Nachweisgrenzen für Elemente zu erreichen, die im Reaktionsgasmodus mit hohem Gasfluss gemessen werden (z.B. 40Ar35Cl ≙ 75As), wurde die patentierte BOOST-Technologie genutzt.
Im BOOST- Modus wird eine positive Spannung an der Skimmer-Konus-Rückwand angelegt. Dies ermöglicht es, den Verlust von Empfindlichkeit bei der Nutzung von hohen Reaktionsgasflüssen zu kompensieren. Isotope, die nicht polyatomaren Interferenzen unterliegen, wurden im ohne-Gas-Modus analysiert. Somit wurden drei Messmodi innerhalb einer Messung angewendet: H2-Boost-, ohne-Gas und He-Modus. Die erwarteten Interferenzen und gewählten Messmodi für die jeweiligen Analyten sind in Tabelle 4 aufgeführt.
Tab.4: Ausgewählte Isotope, erwartete Interferenzen und zugehörige Messmodi
H2: Wasserstoff, oG: ohne Gas, He: Helium
Ergebnisse und Diskussion
Elementkonzentrationen
Tabelle 5 zeigt die gewählten Isotope, die gemessenen Konzentrationen der Zweifachbestimmung (A & B) und ermittelten Wiederfindungen hinsichtlich der zertifizierten Sollwerte des Referenzmaterials. Zusätzlich zu den von der Ersatzbaustoffverordnung vorgegebenen Analyten [1] wurden auch die Elemente B, Al, P, Mn, Fe und Se quantifiziert. Die exzellenten Wiederfindungen (Richtigkeit) und geringen Abweichungen der unabhängigen Zweifachbestimmung (Präzision) zeigen, dass das PlasmaQuant MS eine hohe Genauigkeit in der Multielementbestimmung nach ErsatzbaustoffV bietet.
Tab.5: Gemessene vs. zertifizierte Elementkonzentrationen im Referenzmaterial EnviroMAT Contaminated Soil (SS-2)
Wiederfindung
Eine unbekannte Bodenprobe wurde nach dem Königswasseraufschluss 10-fach verdünnt und sowohl undotiert als auch mit einer bekannten Konzentration aufgestockt hinsichtlich der von der ErsatzbaustoffV vorgegebenen Elemente analysiert (Tabelle 6). Für die Aufstockung wurden Konzentrationen gewählt, die in einer ähnlichen Größenordnung liegen wie die Elementgehalte in der undotierten Probe. Es wurden sehr gute Wiederfindungen (92 - 110 %) erzielt, was neben der Richtigkeit auch die Robustheit der Methode bei geringer Probenverdünnung demonstriert.
Tab.6: Wiederfindung dotierter Elementkonzentrationen in einer aufgeschlossenen Bodenprobe (10-fach verdünnt)
Nachweisstärke
Die ermittelte Nachweisstärke für die jeweiligen Isotope und Messmodi ist in Tabelle 7 aufgelistet. Die instrumentellen Nachweis- (iNWG) und Bestimmungsgrenzen (iBG) der Kalibration unter normalen Laborbedingungen (kein Reinraum) wurden mittels Leerwertmethode nach DIN EN 32645 [3] bestimmt. Zusätzlich zu den von der ErsatzbaustoffV vorgegebenen Analyten [1] wurden auch die Elemente B, Al, P, Mn, Fe, Se und Mo betrachtet. Die Bestimmungsgrenze des gewählten Analysenverfahrens muss gemäß ErsatzbaustoffV um mindestens einen Faktor von drei kleiner sein als der ermittelte Materialwert.[1] Hinsichtlich einer methodische Bestimmungsgrenze (mBG) für eine Einwaage von 0,5 g Feststoff, 50 ml Auffüllvolumen und einer gewählten 50-fachen Verdünnung des aufgeschlossenen Referenzmaterials vor der Analyse ist dieses Kriterium erfüllt.
Tab.7: Ermittelte vs. erforderliche Nachweisstärke hinsichtlich des gemessenen Referenzmaterials
* Bezogen auf 0,5 g Einwaage, 50 ml Auffüllvolumen und eine 50-fache Probenverdünnung. Für Spurenelemente kann auch eine geringere Verdünnung (z.B. 10- statt 50-fach) in Betracht gezogen werden, was eine entsprechend (z.B. um das 5-fache) niedrigere mBG mit sich bringt. ** Siehe MW aus Zweifachbestimmung des Referenzmaterials, Tabelle 5
Tab.8: Ermittelte vs. erforderliche Nachweisstärke hinsichtlich der Materialklasse "BM-0"
*Bezogen auf 0,5 g Einwaage, 50 ml Auffüllvolumen und eine 50-fache Probenverdünnung. Für Spurenelemente kann auch eine geringere Verdünnung (z.B. 10- statt 50-fach) in Betracht gezogen werden, was eine entsprechend (z.B. um das 5-fache) niedrigere mBG mit sich bringt.
Zusammenfassung
Gemäß ErsatzbaustoffV wurde der Königswasserauszug eines Boden-Referenzmaterials mittels PlasmaQuant MS Elite S analysiert. Zusätzlich wurden die Elemente B, Al, P, Mn, Fe, Se und Mo innerhalb derselben Messmethode quantifiziert. Dank des leistungsstarken Plasma-Systems und der exzellenten Plasmastabilität sowie der hohen Sensitivität des Instruments wurden niedrige Nachweisgrenzen und sehr gute Wiederfindungen (Referenzmaterial, Aufstockung in Realprobe) erreicht. Die integrierte Kollisions- und Reaktionszelle (iCRC) ermöglicht eine richtige und schnelle Analyse durch effektive Beseitigung Plasma- und/oder Matrix-basierter polyatomarer Interferenzen. Zudem ist ein kosteneffizienter Betrieb durch den niedrigen Argon- Verbrauch (9 l/min Plasmagas) und hohen Probendurchsatz (ca. 2,5 min/Probe) gegeben.
Der weite linear-dynamische Bereich des Detektors erlaubt eine gleichzeitige Analyse von Spurenanalyten (z.B. Tl, Hg) und Hauptelementen (z.B. Cu, Zn, Fe, Al). Bei korrekter Stabilisierung kann Hg zusammen mit allen anderen Analyten von Interesse innerhalb derselben Messsequenz analysiert werden. Dies erspart zusätzliche Messungen an Hg- Analysatoren. Somit erfüllt das PlasmaQuant MS die Anforderungen der ErsatzbaustoffV und bietet die Möglichkeit einer sensitiven, robusten, genauen und schnellen Routine-Analytik für Umweltlabore.
Referenzen
- Verordnung über Anforderungen an den Einbau von mineralischen Ersatzbaustoffen in technische Bauwerke (Ersatzbaustoffverordnung - ErsatzbaustoffV); Artikel 1 V. v. 09.07.2021 BGBl. I S. 2598 (Nr. 43); zuletzt geändert durch Artikel 1 V. v. 13.07.2023 BGBl. 2023 I Nr. 186; Geltung ab 01.08.2023; FNA: 2129-56-9 Umweltschutz.
- DIN EN 13657, "Charakterisierung von Abfällen - Aufschluss zur anschließenden Bestimmung des in Königswasser löslichen Anteils an Elementen in Abfällen", DIN Deutsches Institut für Normung e.V. (Hrsg.), Ausgabe 01/2003, Beuth Verlag, Berlin.
- DIN 32645:2008-11, Chemische Analytik - Nachweis-, Erfassungs- und Bestimmungsgrenze unter Wiederholbedingungen - Begriffe, Verfahren, Auswertung.
Markenrechtlicher Hinweis: Die in der Applikationsschrift genannten Markennamen von Drittprodukten sind in der Regel eingetragene Marken der jeweiligen Unternehmen.