17.10.2024
TNb-Bestimmung in Wasserproben der Umweltüberwachung gemäß DIN EN ISO 20236
Der Parameter gesamter gebundener Stickstoff (total bound nitrogen, TNb) ist ein etablierter Parameter in der Wasseranalytik. Er wird zur Bewertung und Überwachung der Qualität unterschiedlichster Wässer herangezogen, wobei die Abwasser- und Oberflächenwasseranalytik einen Anwendungsschwerpunkt bilden.
Die internationale Norm DIN EN ISO 202361) beschreibt ein katalytisches Hochtemperaturverfahren zur simultanen Bestimmung des TOC (gesamter organischer Kohlenstoff) und TNb, sowie des DOC (gelöster organischer Kohlenstoff) und DN (gelöster gebundener Stickstoff). Diese neue Norm löst hiermit im europäischen Raum die bisherige DIN EN 122602) zur TNb- Bestimmung ab.
Grundlage des Verfahrens zur Ermittlung des TNb nach DIN EN ISO 20236 bildet eine katalytisch unterstütze Hochtemperatur-Oxidation der Wasserprobe bei Temperaturen ≥ 720 °C in einer sauerstoffreichen Atmosphäre. Der anschließende Nachweis des dabei gebildeten NO erfolgt mit Hilfe eines Chemilumineszenzdetektors (CLD) oder eines alternativen Detektors, wie der im Anhang C der Norm beschriebene elektrochemische Detektor, kurz ChD (Chemodetektor).
Vor der Bestimmung des TNb in einer unbekannten Wasserprobe muss das verwendete Analysengerät mit Stickstoff-Standards unterschiedlicher Konzentrationen kalibriert werden. Hierzu werden gemäß Norm Stickstoff-Mischstandardlösungen aus Kaliumnitrat- und Ammoniumsulfat verwendet. Dafür werden zunächst zwei Stammlösungen aus KNO3 und (NH4)2SO4 hergestellt, die jeweils 1000 mg/l Stickstoff enthalten. Daraus wird eine Mischstandard-Stammlösung durch Mischen gleicher Volumina (1:1) der beiden einzelnen N-Stammlösungen hergestellt.
Zur Herstellung der Kalibrierlösungen wird diese Mischstandard-Stammlösung entsprechend mit Reinstwasser verdünnt. Üblicherweise werden die TNb-Analysatoren in einem Bereich zwischen 0 und 20 mg/l N kalibriert, mitunter wird der Kalibrierbereich auch bis 50 mg/l erweitert. Des Weiteren schreibt die DIN EN ISO 20236 einen arbeitstäglichen Systemtest vor. Dieser wird mit Hilfe von mindestens zwei Nikotinsäure-Standards durchgeführt, wobei die N-Konzentrationen den Arbeitsbereich abdecken sollen. Die Nikotinsäurestandards für den Systemtest werden ebenfalls aus einer Stammlösung, die 1000 mg/l Stickstoff enthält, durch Verdünnung mit Reinstwasser hergestellt.
Der Systemtest gilt unter folgenden Voraussetzungen als bestanden:
- wenn der Messwert nicht mehr als ± 5 % und/oder ± 1 mg/l (je nachdem, welcher Wert höher ist) vom theoretischen Wert abweicht
- wenn der Wiederholvariationskoeffizient aus mindestens jeweils 2 Injektionen der Nikotinsäurestandards 5 % oder ± 1 mg/l nicht überschreitet (je nachdem, welcher Wert höher ist)
- Die Einzelwerte dürfen nicht mehr als 1 mg/l voneinander abweichen bei Konzentrationen < 10 mg/l N Die DIN EN ISO 20236 beschreibt außerdem Störungen, die sich auf die Bestimmung des TNb negativ auswirken können.
- Hohe Gehalte an TOC/DOC in der Probe können zu verminderter Wiederfindung des Stickstoffs führen. Durch die Messung verschiedener Probenverdünnungen oder das Standardadditionsverfahren kann hier gegengesteuert werden.
- Stickstoffverbindungen mit Doppel- oder Dreifachbindung werden nicht immer vollständig zu NO oxidiert.
- Die beschriebene Kalibrierung mit der Sickstoff-Mischstandardlösung aus gleichen Teilen von Kaliumnitrat und Ammoniumsulfat kann bei Nitrat-N-Bestimmungen zu Überfunden und bei Ammonium-N-Bestimmungen zu Unterbefunden führen.
Material und Methoden
Die TNb-Bestimmungen wurden am TOC/TNb-Analysator multi N/C 3300 durchgeführt. Auch wenn die Bestimmung des TNb im Fokus stand, wurde eine kombinierte NPOC/TNb-Methode gewählt, da diese Methode zur simultanen Bestimmung von organischem Kohlenstoff und gebundenem Stickstoff für die Mehrzahl der in Routinelaboratorien zu messenden Proben zur Anwendung kommt. Die für diese Art der TOC/TNb-Bestimmung notwendige Ansäuerung kann entweder vorab manuell (oft schon während der Probenahme) oder mit Hilfe eines Autosamplers direkt vor der eigentlichen Messung automatisiert vorgenommen werden. Im Anschluss werden die angesäuerten Proben automatisch mit einem Teilstrom des verwendeten Trägergases ausgeblasen.
Durch dieses Verfahren wird der TIC (gesamter anorganischer Kohlenstoff in Form von Karbonaten/Hydrogenkarbonaten) aus den Proben entfernt. Die Vollständigkeit der TIC-Entfernung kann automatisch überprüft werden, indem die TIC-Kontrollmessung in einer NPOC-Methode aktiviert wird. Die Probe wird nach der TIC-Entfernung direkt in das Verbrennungsrohr des Analysators injiziert, welches mit Katalysator gefüllt ist. Die in der Probe enthaltenen Stickstoffverbindungen und die organischen Kohlenstoffverbindungen werden bei hohen Temperaturen vollständig oxidiert.
Das hierbei gebildete NO wird einem Chemilumineszenzdetektor bzw. einem Chemodetektor zugeführt, gebildetes Kohlendioxid wird in den FR-NDIR-Detektor (Focus Radiation Non-Dispersive Infrared Detektor) geleitet. Für die automatisierte TNb-/NPOC-Bestimmung wurde der Probengeber AS vario in Kombination mit einem Tablett mit 72 Positionen für 40 ml Gläschen verwendet.
Proben und Reagenzien
- Stickstoff-Mischstandard-Kalibrierlösungen im Konzentrationsbereich 1 mg/l bis 50 mg/l, hergestellt aus KNO3 und (NH4)2SO4
- Nikotinsäurelösungen für den Systemtest, Konzentrationen 5 mg/l, 10 mg/l, 20 mg/l und 50 mg/l N
- Kontrollstandardlösungen aus Kaliumnitrat und Ammoniumsulfat, Verhältnis NO3-N zu NH4-N = 1:1, Konzentrationen 5 mg/l, 10 mg/l, 20 mg/l und 50 mg/l N
- Kontrollstandardlösungen aus Kaliumnitrat, 10 mg/l und 50 mg/l N
- Kontrollstandardlösungen aus Ammoniumsulfat, 10 mg/l und 50 mg/l N
- 2 mol/l HCl zum Ansäuern der Proben und Standards
- 5 Wasserproben (1 Oberflächenwasser, 2 Prozesswässer, 2 kommunale Abwässer): Proben A bis E
Probenvorbereitung
Sämtliche Proben wurden mit 2 mol/l HCl angesäuert (0,5 ml auf 100 ml Probe) und bis zu ihrer Messung bei ca. 4 °C im Kühlschrank aufbewahrt. Nach entsprechender Erwärmung auf Raumtemperatur wurden die Proben in 40 ml-Probengläschen abgefüllt und auf dem Tablett des Probengebers platziert.
Sämtliche Kalibrier- und Kontrollstandardlösungen sowie die Nikotinsäurelösungen für den Systemtest wurden aus ihren entsprechenden Stammlösungen am Messtag frisch hergestellt.
Kalibrierung
Die Kalibrierung wurde mit zwei unterschiedlichen Gerätekonfigurationen durchgeführt:
- multi N/C 3300 mit Chemilumineszenzdetektor (CLD)
- multi N/C 3300 mit Chemodetektor (ChD)
Die Auswertung der Kalibrierkurven erfolgte mittels linearer Regression. Beide Kalibrierkurven (für CLD und ChD) und die erzielten Korrelationskoeffizienten sind in Abbildung 1 und 2 dargestellt. Geräte- und Methodenparameter sind in Tabelle 1 aufgelistet.
Abb.1: Kalibrierkurve 1-50 mg/l TNb, R2 = 0,99981, ermittelt mit Chemilumineszenzdetektor
Abb.2: Kalibrierkurve 1-50 mg/l TNb, R2 = 0,99996, ermittelt mit Chemodetektor
Tab.1: Geräte- und Methodeneinstellungen für die Standard- und Probemessungen
Ergebnisse und Diskussion
Eine definierte Messsequenz wurde parallel mit zwei verschiedenen Gerätekonfigurationen abgearbeitet. Hierzu wurden Proben, verschiedene Kontrollstandards und Nikotinsäurestandards im Wechsel gemessen. In Summe wurden 68 Probegläschen sowohl mit Proben als auch Standards befüllt, vier Abfüllungen je Probe, Systemtest und Kontrollstandart. Aus jedem Vial erfolgte mindestens eine Dreifachinjektion.
Die Ergebnisse sind in Tabelle 2 zusammengefasst. Die Messreihenfolge entspricht nicht der Darstellung in der Tabelle, sondern stellt eine Zusammenfassung der über das Probenrack verteilt gemessenen Kontrollstandards und Proben dar. Die NPOC-Werte der Proben wurden miterfasst und sind jeweils in Klammern bei den Probezeichnungen dokumentiert.
Tab.2: Messergebnisse
Abb.3: TNb-Messkurve Probe A (Oberflächenwasser) mit CLD<; Abb.4: TNb-Messkurve Probe B (Prozesswasser) mit ChD
Abb.5: TNb-Messkurve Nikotinsäurestandard 50 mg/l N mit CLD; Abb.6: TNb-Messkurve KNO3-Standard 10 mg/l N mit ChD
Es wurden Standardabweichungen im Bereich von 0,02 mg/l bis 0,5 mg/l (diese entsprechen 0,4 % bis 3,2 % relative Standardabweichung) erzielt. Diese wurden aus mindestens 12 Probeinjektionen (Einzelmesswerten) eines Standards errechnet, wobei die Standards über die gesamte Messsequenz verteilt waren. Damit sind die Anforderungen der DIN EN ISO 20236 hinsichtlich des Wiedervariationskoeffizienten bei den Nikotinsäurelösungen mehr als erfüllt. Auch die Abweichung der Einzelwerte im Bereich < 10 mg/l N ist bei allen Systemstest-Proben kleiner als 1 mg/l.
Desweiteren konnten sehr gut reproduzierbare Probenergebnisse erzielt werden. Die Proben waren dabei ebenso wie die Systemtestlösungen in Blöcken über die gesamte Messserie verteilt und sollten u.a. auch dazu dienen, das Verbrennungsrohr einer gewissen Matrixlast auszusetzen. Zur Kontrolle der Kalibrierstabilität wurden in der Messreihe auch stetig Kontrollstandards aus Kaliumnitrat und Ammoniumsulfat mit analysiert. Auch hier belegen die Wiederfindungsraten im Bereich von 96 % bis 102 % die Zuverlässigkeit und Stabilität des Analysators bzw. der Kalibrierung.
Weiterhin wurden der TNb-Gehalt in Kontrolllösungen untersucht, die entweder nur Nitrat-Stickstoff oder nur Ammonium-Stickstoff enthielten. Hier weist die DIN EN ISO 20236 darauf hin, dass die Kalibrierung mit einem NO3/NH4-Mischstandard im Falle von Nitrat-N-Bestimmungen zu Überbefunden und bei Ammonium-N-Bestimmungen zu Unterbefunden führen kann. Die untersuchten Nitratstandardlösungen mit 10 und 50 mg/l N konnten mit einer sehr guten Wiederfindung im Bereich zwischen 97 % bis 104 % bestimmt werden. Gleiches gilt für die analysierten Ammoniumstandards mit 10 und 50 mg/l N. Hier betrugen die Wiederfindungsraten 99 % bis 101 %.
Das bedeutet, dass weder Über- noch Unterbefunde für die einzelnen Nitrat- und Ammoniumstandards zu verzeichnen waren, was wiederum die Leistungsfähigkeit der verwendeten Analysesysteme unterstreicht. Abschließend kann festgestellt werden, dass aus den mit zwei unterschiedlichen Gerätekonfigurationen erzeugten Messdaten keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Qualität der Messwerte in Bezug auf das verwendete Detektionssystem (CLD bzw. ChD) ableitbar sind. Beide Detektionstechniken erfüllen uneingeschränkt die Anforderungen nach DIN EN ISO 20236 für die Stickstoffbestimmung.
Zusammenfassung
- Abb.7: multi N/C 3300 mit AS vario (links )
und multi N/C 2300 mit AS 60 (rechts)
Neben dem verwendeten Grundgerät multi N/C 3300 mit sogenannter Schleifeninjektionstechnik kann auch ein Analysator mit Direktinjektionstechnik, der multi N/C 2300, für diese Anwendung genutzt werden. Auch der multi N/C 2300 kann wahlweise mit einem der beiden Detektoren (CLD oder ChD) gekoppelt werden und erzielt vergleichbare Leistungsmerkmale für die Stickstoffbestimmung.
Zur Bestimmung des gesamten organischen Kohlenstoffs in Wässern unterschiedlicher Provenienz gemäß DIN EN ISO 20236 wurden ebenfalls zahlreiche Untersuchungen mit den Systemen der multi N/C x300 Serie vorgenommen und die Normenkonformität uneingeschränkt bestätigt. Dabei zeichnen sich die Analysatoren insbesondere durch eine langzeitstabile Kalibrierung, effektives Partikelhandling und einen geringen Verschleiß von Verbrauchsmaterialen aus. Eine intuitive Bedienung der Geräte mittels einer modernen Software ist selbstverständlich. Mit den TOC/TNb-Analysatoren der multi N/C x300 Serie ist eine zuverlässige und wirtschaftliche Routineanalytik bei der Bestimmung beider Parameter in Wasserproben gemäß DIN EN ISO 20236 jederzeit gewährleistet.
Literatur
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