15.11.2024
Emissions- und Geruchsoptimierung in Kunststoffen und Rezyklaten
Die Geruchsbelastung von recycelten Kunststoffen stellt eine große Herausforderung für ihre Wiederverwertung dar und bedarf maßgeschneiderter Lösungen. Rezyklate können unangenehme Gerüche aufweisen, die aus verschiedenen Quellen stammen, wie z.B. mikrobiologischem Abbau oder Rückständen früherer Inhalte.
Genau hier setzt das Fraunhofer CCPE compact zum Thema "Emission and odor optimization in plastics and recyclates" an. Prof. Andrea Büttner, Board of Management Member des Fraunhofer CCPE und Leiterin des Fraunhofer-Instituts für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV gibt erste Antworten zu zentralen Fragestellungen.
Geruch ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal von Kunststoffen. Bei Rezyklaten gibt es aber oft ein Problem mit Geruchsbelastungen im Material. Wie entstehen diese und welchen Herausforderungen muss man sich bei der Geruchsneutralisation stellen? Die verschiedenen Stoffe, die speziell in Kunststoffverpackungsabfällen vorkommen, haben eine Reihe unterschiedlicher Gerüche. Dazu gehören auch schimmelig, käsig oder säuerlich riechende Moleküle.
Derartige Verunreinigungen können aus unzähligen Quellen stammen und sind als Gerüche oft extrem hervorstechend, obwohl sie meist nur in recht niedrigen und schwer nachweisbaren Mengen vorliegen - eine Herausforderung für deren analytische Detektion und Bestimmung. Mithilfe von hoch spezialisierten Verfahren, die nicht nur hochauflösende Trenn- und Detektionsverfahren wie Massenspektrometrie umfassen, sondern auch die zielgerichtete Entschlüsselung von Geruchsstoffen mit trainierten Expertennasen, ist es nun erstmals gelungen, einige dieser Verunreinigungen in Kunststoffen zu identifizieren.
Die Ergebnisse zeigen, dass neben Geruchsstoffen aus früheren Inhalten wie Lebensmitteln oder Reinigungsmitteln auch andere Prozesse zu den unangenehmen Gerüchen führen können. Dazu gehören der mikrobiologische Abbau organischer Substrate wie Lebensmittelreste, aber auch alternde Kunststoffe oder der thermische Abbau von Rest-Verschmutzungen im Recyclingprozess selbst. Eine zusätzliche Herausforderung während des Recycling-Prozesses selbst ist dann natürlich auch die Kombination bzw. weitere Reaktionen der geruchsaktiven Substanzen und anderer Begleitstoffe unter- und miteinander, die je nach Prozessierung immer neue Geruchsprofile hervorbringen können.
Beim Fraunhofer CCPE wird intensiv an der qualitativen Aufwertung von Rezyklaten durch Geruchsoptimierung geforscht. Die Ansätze dazu sind mannigfaltig und reichen von der Reinigung und Sortierung von Kunststoffmüll über Abreicherung, beispielsweise durch lösemittelbasiertes Recycling, bis hin zu Additivierung von geruchsbindenden oder neutralisierenden Substanzen oder gezielten Beschichtungen, um eine Geruchsbarriere aufzubauen.
Generell wäre aber ein wichtiger Ansatz, einige Produkte komplett neu zu denken. Beispielsweise bringen viele Wasch- und Reinigungsmittel ebenso wie Kosmetikprodukte eine große Geruchsbelastung über ihre Verpackungsmaterialien mit. Hier sind die teils starken Beduftungsstrategien eine große Herausforderung ebenso wie die komplexen und sehr persistenten Geruchsstoffkompositionen. Hinzu kommt die dekorative Gestaltung von Verpackungen, die sehr fordert, wenn man wieder geruchs- und farbneutrale Recyclingkunststoffe zurückgewinnen will.
Aus diesen Gründen, aber auch weil ein relevanter Teil dieser Stoffe über Waschwasser und Emissionen seiner Wege geht und nicht unbedingt am Zielort, nämlich in den Nasen der Konsumenten landet, muss man einige heutige Produkte und deren Darreichungsformen kritisch hinterfragen.
Implikationen für die Herstellung und Verarbeitung der Kunststoffe, auch in Bezug auf die Industrie
Die Industrie achtet zunehmend sehr genau auf gute "design-for-recycling" Regeln bei der Gestaltung ihrer Verpackungen und Produkte - wenngleich nicht überall auf der Welt, was eine Herausforderung ist in einem globalisierten Markt. Für die bestehenden Recyclingverfahren ist hier beispielsweise die richtige Kunststoffauswahl entscheidend.
Es gibt sowohl günstige und für das Recycling vorteilhafte Monomaterialien als auch ungeeignete Materialpaarungen, wie z.B. PET/PVC-Kombinationen, die aber inzwischen fast nicht mehr produziert werden. Aber auch Druckfarben, Papieretiketten oder Kaschierkleber wurden ursprünglich nicht für ein Aufschmelzen beim Recyclingprozess entwickelt und können daher in ungünstigen Kombinationen zu starken Rezyklatgerüchen führen.
Deshalb gibt es auch heute noch zahlreiche Eintragsquellen für Störstoffe, selbst wenn neue Produkte gemäß "design-for-recycling" global zum Standard werden sollten. Bis dahin ist noch ein weiter Weg zu gehen, weg von einer "alten" chemischen Welt. Daher entwickelt das Fraunhofer CCPE speziell angepasste Recyclingverfahren mit herausragender Reinigungsleistung, um eben diese Störstoffe, die auch nach bester industrieller Sortierung noch in den Kunststoff-Abfällen enthalten sind, vor dem Aufschmelzen (Regranulieren) effektiv zu entfernen.
Beitrag zu einer Kreislaufwirtschaft und Hürden, die überwunden werden müssen
Die oben genannten Forschungsansätze führen definitiv zu hochwertigeren Rezyklaten, die dann nach Möglichkeit auch wieder in ihren ursprünglichen Anwendungen und Märkten eingesetzt werden können, also eine echte "Kreislaufwirtschaft". Experten nennen das "closed-loop Recycling".
Dies konnten im CCPE bereits für eine Vielzahl von Anwendungen demonstriert werden, sogar für die äußerst anspruchsvollen Faser- und Folienanwendungen. Aber im großen Marktbereich der kontaktsensitiven Verpackungen oder gar der Lebensmittelverpackungen mit Direktkontakt gilt es, die hohen Anforderungen des Verbraucherschutzes, insbesondere zur lebensmittelrechtlichen Konformität, zu erfüllen. Hier bietet CCPE der Industrie eine große Expertise zur sensorischen und instrumentell-analytischen Qualitätsbewertung und Prozessoptimierung an.
» Weiterführende Informationen
Quelle: Fraunhofer Cluster of Excellence Circular Plastics Economy CCPE