24.04.2024
Wie sich Biolumineszenz auch in der Industrie einsetzen lässt
Biolumineszenz ist die Emission von Licht infolge von chemischen Reaktionen in Lebewesen. Das Phänomen existiert weltweit bei über 3500 verschiedenen Spezies - ob Glühwürmchen auf heimischen Wiesen, biolumineszente Pilze im brasilianischen Regenwald oder leuchtende Tintenfische, Haie und Bakterien in der Tiefsee.
Biolumineszenz hat sich in der Evolution mehr als 50-mal unabhängig voneinander entwickelt und erfüllt eine Vielzahl unterschiedlicher Funktionen, zum Beispiel dient es zur Kommunikation, Nahrungssuche und Feindabwehr.
Die zugrunde liegende Chemie basiert bei vielen verschiedenen biolumineszenten Organismen allerdings nur auf einer kleinen Anzahl chemischer Moleküle. Dies ist ein bemerkenswertes Beispiel für konvergente Evolution, das heißt, die Organismen sind nicht miteinander verwandt, nutzen aber ähnliche chemische Reaktionen und Moleküle, um Licht zu erzeugen. Die Moleküle sind äußerst effizient und tragen dazu bei, dass Lebewesen erfolgreich innerhalb der Evolution überleben und sich vermehren können.
Diese Eigenschaft nutzen Forschende bereits in der Medizin - vor allem im bioanalytischen und biomedizinischen Sektor. Da das Licht innerhalb einer chemischen Reaktion erzeugt wird, benötigt das Verfahren im Vergleich zu ähnlichen Technologien wie Fluoreszenz kein Anregungslicht. In Verbindung mit modernen Detektoren können so analytische Nachweisgrenzen erreicht werden, die im Einzelmolekülbereich liegen. Solch eine Empfindlichkeit ist mit keiner anderen Technik möglich. Deshalb haben verschiedene Forschungsgruppen auf dieser Basis hochempfindliche Assays entwickelt, die die frühzeitige Diagnose von Krankheiten wie HIV, Krebs aber auch Corona ermöglichen.
In seinem in der Fachzeitschrift "ChemBioChem" kürzlich veröffentlichten Artikel "Bioluminescence - The Vibrant Glow of Nature and its Chemical Mechanisms" fasst Prof. Dr. Stefan Schramm, Professor für Angewandte Organische Chemie der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (HTWD) den aktuellen Forschungsstand zusammen. Ziel des Review-Artikels ist es, Forschenden und Studierenden, einen leicht verständlichen Einstieg in das Thema zu geben. Er basiert auf zwei Artikeln, die bereits in 2022 und 2023 in "Chemie in unserer Zeit" auf Deutsch erschienen.
Von der Natur inspiriert zur industriellen Anwendung
Zukünftig wird das Team um Professor Schramm erforschen, wie natürliche Moleküle, die sich über mehr als 120 Millionen Jahre Evolution entwickelt und optimiert haben, verbessern lassen, um diese in der organischen Elektronik und Photokatalyse einzusetzen. Die Idee ist, sogenannte BiOLEMs (Biologisch inspirierte Organische Licht Emittierende Moleküle) zu entwickeln. Mit deren Anwendung können zum Beispiel OLEDs (organic light-emitting diode), die heute in Milliarden von Smartphones verbaut sind und giftige und sehr umweltschädliche Schwermetall-Komplexe enthalten, durch biologische Moleküle, die rein organisch sind und idealerweise auch komplett in der Umwelt abbaubar sind, ersetzt werden.
Das zweite Anwendungsfeld betrifft die Photokatalyse, eine Schlüsseltechnologie zur Förderung der Nachhaltigkeit in der chemischen Industrie. Für eine effiziente Photokatalyse sind hochwertige Photokatalysatoren erforderlich. Biologisch inspirierte Organische Licht Emittierende Moleküle (BiOLEMs) können auch hierfür eingesetzt werden.
Lehre mit Zukunft: Praxis und Theorie der Chemie
Dr. Stefan Schramm lehrt seit März 2024 an der Fakultät Landbau/Umwelt/Chemie (LUC) der HTWD. Aus seiner Sicht bietet gerade die Organische Chemie für Studierende eine faszinierende und praxisnahe Perspektive. In der Vorlesung "Organische Chemie auf der Basis nachwachsender Rohstoffe" thematisiert er zum Beispiel Naturstoffe und deren industrielle Nutzung.
Besondere Aufmerksamkeit erhalten Biolumineszenz, Chemilumineszenz und Organische Leuchtdioden, die durch eindrucksvolle Lichtphänomene begeistern und in der chemischen Industrie vielfältige Anwendungen haben. "Diese Themen sind nicht nur lehrreich, sondern öffnen Studierenden auch Türen zu Unternehmen im bioanalytischen Bereich sowie zu Forschungseinrichtungen in Dresden und Umgebung, die sich mit organischer Elektronik befassen", so Schramm.
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Quelle: HTW Dresden