26.01.2024
Elektronenmikroskopie: Ultraschnelle Nanoprozesse untersuchen
Effizientere Halbleiter oder langlebigere Solarzellen erfordern ein umfassendes Verständnis, was im Inneren dieser elektronischen Bauteile passiert. Wissenschaftler untersuchen Prozesse in Bauteilen und Materialien in der Regel mit einer Kombination aus Elektronenmikroskopen und Hochleistungslasern.
Nahid Talebi, Professorin für Nanooptik an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), verfolgt dagegen einen Ansatz, der ohne Laser auskommt. Der Europäische Forschungsrat (European Research Council, ERC) fördert bereits ihr Projekt "NanoBeam" mit einem renommierten ERC-Starting-Grant.
Um ihre erfolgreiche Forschung in die Praxis umzusetzen, erhält Talebi nun auch einen Proof-of-Concept-Grant für ihr Folgeprojekt "UltraCoherentCL", wie der ERC bekannt gab.
"Wir wollen Prozesse untersuchen, die weniger als fünf Femtosekunden dauern und sich auf wenigen Nanometern abspielen - das setzt neue Maßstäbe in der räumlichen und zeitlichen Auflösung der Mikroskopie", sagt Physikprofessorin Nahid Talebi. Eine Femtosekunde ist ein Billiardstel einer Sekunde. So schnell bewegen sich beispielsweise Elektronen in einem Halbleiter oder laufen störende Quantenphänomene ab, die ein Hauptproblem bei der Entwicklung von Quantencomputern darstellen.
Elektronenmikroskope machen Untersuchungen in diesen Größenordnungen erst möglich. Dabei werden Elektronen zu einem Strahl gebündelt, beschleunigt und auf eine Materialprobe gelenkt. Aus der Art und Weise, wie die negativ geladenen Teilchen die Probe durchdringen oder von ihr reflektiert werden, lassen sich Rückschlüsse auf die Eigenschaften des Materials und die in ihm ablaufenden Prozesse ziehen. Wenn Elektronenmikroskope mit optischen Anregungen kombiniert werden, können ultraschnelle Prozesse sogar gefilmt und beobachtet werden.
Nutzerfreundlich und vielseitig einsetzbar
Nahid Talebi verwendet jetzt jedoch eine neue optische Quelle. Damit will sie die Analysemethode vereinfachen und mehr Forschenden zugänglich machen: "Unsere Methode soll vor allem nutzerfreundlich sein und sich unkompliziert in bestehende Elektronenmikroskope integrieren lassen." Mögliche Anwendungsfelder reichen von der Halbleitertechnik über die Quantentechnologie bis hin zur organischen Materie im Gesundheitsbereich.
Kernstück von Talebis Ansatz ist eine Art "Nanosieb", das die theoretische und experimentelle Physikerin in langjähriger Forschungsarbeit entwickelt hat. Trifft ein Elektronenstrahl auf eine siebartige Metallstruktur, erzeugt ihr Lochmuster zielgerichtete kurze Lichtpulse.
Eine vereinfachte Methode zur Marktreife bringen
Mit der "Proof-of-Concept"-Förderung der EU will Talebi nun den nächsten Schritt gehen und einen kompakten Analyseaufbau entwickeln und zur Marktreife bringen. Dabei wird sie auch mit potenziellen Nutzern aus verschiedenen Anwendungsbereichen zusammenarbeiten. "Unser Ansatz bietet erhebliche Vorteile gegenüber der heutigen Mikroskopie und hat das Potenzial, die Methodik wirklich zu verändern", ist Talebi überzeugt. "Schleswig-Holstein bietet mit seiner interdisziplinären Forschungslandschaft und einem starken Fokus auf Energie- und Gesundheitsthemen ein ideales Umfeld, um diese Idee in eine breite Anwendung zu bringen."
Das Konzept basiert auf bestimmten Wechselwirkungen zwischen Licht und Materie, die Talebi seit vielen Jahren erforscht. Für das Vorhaben "NanoBeam", bei dem sie Elektronenmikroskope mit Licht kombinierte, um ihre zeitliche Auflösung zu verbessern, erhielt sie bereits 2018 einen ERC Starting Grant des Europäischen Forschungsrats (European Research Council, ERC) in Höhe von 1,5 Millionen Euro. Die Förderung gilt als eine der höchsten Auszeichnungen der EU für Wissenschaftler am Anfang ihrer Karriere.
Quelle: Universität Kiel