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28.09.2024

20.06.2024

Heterogene Katalyse für die Synthese komplexer Moleküle

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Ein am LIKAT in Rostock entwickelter Katalysator eröffnet neue Wege in der Synthese von Feinchemikalien etwa für die Pharmazie, die Agro- oder Haushaltschemie. Seine Wirkung beruht auf isolierten Kupferatomen, aufgebracht auf festes Trägermaterial, das von der Reaktionslösung umströmt wird.

Diese heterogene Katalyse, die so heißt, weil sich die Aggregatzustände von Katalysator (fest) und Ausgangsstoffen (flüssig) unterscheiden, ist in der Produktion z.B. von Arzneimitteln höchst ungewöhnlich. Über den neuen Ansatz berichten die Forscher im Fachmagazin CHEM.

Hot Topic: heterogen statt homogen

Üblicherweise greifen Chemiker bei der Herstellung von Feinchemikalien zum klassischen Arbeitspferd, der homogenen Katalyse: Ausgangsstoffe, Katalysator und Endprodukt befinden sich als Flüssigmix (homogen, d.h. im gleichen Aggregatzustand) in einem Gefäß. Ein Vorzug dieser Katalyse sind die milden Reaktionstemperaturen, was die empfindlichen Strukturen dieser komplexen Moleküle schont.

Doch die homogene Katalyse bringt entscheidende Nachteile mit sich. Weshalb es in der Chemie zu den "Hot Topics" gehört, diese Verfahren durch heterogene Vorgehensweisen zu ersetzen. Das ist zwei Humboldt-Stipendiaten am Rostocker Leibniz-Institut für Katalyse gelungen, und zwar für einen Einzelschritt innerhalb einer vielstufigen Reaktionskaskade, die Feinchemikalien bei ihrer Produktion gewöhnlich durchlaufen. Dr. Qiang Wang und Dr. Haifeng Qi entwickelten einen heterogenen Kupfer-Katalysator und konnten mit seiner Hilfe bei moderaten Temperaturen von 60 Grad Celsius in zahlreichen komplexen Molekülen wichtige Bindungen zwischen Kohlenstoff und anderen chemischen Elementen neu knüpfen.

Single-Atom-Struktur auf MOFs

Bei der Entwicklung ihres Katalysators brachten sie die Kupferatome auf dem Trägermaterial in isolierter Form, also einzeln, auf. Durch diese sogenannte Single-Atom-Struktur vermochten Wang und Qi die Zielgenauigkeit ihres Katalysators, Chemiker sprechen von Selektivität, enorm zu steigern. Auch in der Ausbeute hat ihr Kupferkatalysator das homogene Verfahren überflügeln können. "Einzeln bieten Kupferatome dem Reaktionsumfeld eine viel größere Oberfläche dar, als wenn sie in Clustern oder Nanopartikeln zusammenhängen", erläutern Dr. Kathrin Junge und Prof. Jagadeesh Rajenahally das Prinzip.

Junge und Rajenahally sind Mitautoren des CHEM-Papers und haben Haifeng Qi und Qiang Wang wissenschaftlich betreut. Die beiden Humboldt-Stipendiaten arbeiten inzwischen in anderen Forschungsgruppen in China und in Großbritannien. Zur Bedeutung ihrer Forschung sagt Kathrin Junge: "Wirkstoffe, Vitamine oder Duftstoffe haben oftmals in der Natur ihre Vorbilder und entstehen über Totalsynthesen, die wiederum ein Dutzend und mehr Reaktionsschritte umfassen können." Nach jedem Schritt müssen die Stoffe getrennt, gereinigt und für die nächste Reaktionsstufe aufbereitet werden. Aus den homogenen Reaktionslösungen lassen sich die Katalysatoren, meist metallorganische Komplexe, jedoch nur schwer zurückgewinnen. Und Metallverunreinigungen stellten für die Zulassung von Medikamenten eine echte Hürde dar, wie die Autoren im Original-Paper schreiben.

Mit der stabilen Anbindung ihres Metalls an festes Trägermaterial umgingen die beiden Humboldt-Stipendiaten dieses Problem. Als Träger verwendeten sie metallorganische Gerüststrukturen, die unter dem Namen MOFs in der Chemie seit einigen Jahren Karriere machen. "In diesen MOFs finden sich Strukturen wieder, wie man sie von den Liganden in homogenen Katalysatoren kennt", erläutert Dr. Junge. Deren Funktion wird mithilfe der entsprechenden Struktur im heterogenen Kupfer-Katalysator gewissermaßen simuliert.

Substanzen anwendungsspezifisch ausgewählt

Die Funktionsfähigkeit ihres heterogenen Katalysators zeigten Qiang Wang und Haifeng Qi anhand einer Vielzahl komplexer Moleküle, wie sie in der organischen Synthesechemie genutzt werden. Etwa für die Herstellung von Arzneimitteln, von Vitaminen in der Futtermittelherstellung und von Duftstoffen in der Haushaltchemie. Dr. Junge: "Damit zeigten die beiden Kollegen, dass ihre Forschungsarbeit tatsächlich potenzielle Anwendungsfälle im Blick hat." Oder, wie es im Original-Paper heißt: "Die Verwendung stabilerer heterogener Materialien ist ein Vorbild für die künftige Katalyse im Bereich der organischen Synthesen."

» Originalpublikation

Quelle: Leibniz-Institut für Katalyse (LIKAT)