19.12.2022
Milde Ammoniaksynthese mit Borradikalen
Ammoniak wird großtechnisch im Haber-Bosch-Verfahren gewonnen, wofür jedoch viel Energie und Wasserstoff benötigt werden. Einen viel milderen Reaktionsweg stellt nun ein Forschungsteam in der Zeitschrift Angewandte Chemie vor.
Demnach können reaktive Borverbindungen den Luftstickstoff sehr effizient angreifen und in Lösung und bei Raumtemperatur durch Zugabe von Säure zu Ammoniumchlorid umsetzen. Weder Metalle noch Wasserstoffgas werden benötigt.
Stickstoff ist zu 77 Prozent in der Luft vorhanden und steht daher theoretisch unendlich für die Ammoniaksynthese zur Verfügung. Andererseits reagiert er nur sehr langsam mit anderen Elementen. Im Haber-Bosch-Verfahren zur Ammoniaksynthese, das vor über 100 Jahren entwickelt wurde, aktivieren Metalle den Stickstoff, der dann unter hohem Druck und bei hohen Temperaturen mit Wasserstoff zu Ammoniak umgesetzt wird.
Ammoniak wird großtechnisch für die Produktion von Nitratdünger gebraucht. Er gilt auch als mögliches Speichermedium für Wasserstoff als Energieträger. Bislang zählen vor allem mikrobiologische Verfahren der Stickstofffixierung als mögliche mildere Alternativen zum Haber-Bosch-Verfahren. Allerdings ist eine solche biotechnologische Ammoniakproduktion noch recht ineffizient.
Ein Forschungsteam um Nicolas Mézailles von der Université Paul Sabatier, CNRS in Toulouse (Frankreich), entdeckten nun, dass reaktive Borverbindungen den trägen Stickstoff sehr effizient angreifen können. "Wir überlegten, dass sehr energiereiche Radikale einen kinetisch und thermodynamisch günstigen Reaktionsweg zur Stickstoff-Funktionalisierung bieten könnten", schreiben die Autoren über ihren Ansatz.
Theoretische Berechnungen wiesen dann den Weg zu Borradikalen, also Verbindungen mit einem reaktiven Boratom im Zentrum. Diese Borradikale stellten die Forschenden her, indem sie organische Bor-Halogen-Verbindungen mit einem starken Reduktionsmittel versetzten. Die entstandenen Substanzen reagierten bei Raumtemperatur mit molekularem Stickstoff zu Borylaminen, die mit wässriger Säure zu Ammoniumchlorid weiterreagierten.
Mézailles und sein Team beschreiben somit eine Stickstofffixierung in Lösung durch radikalische Verbindungen. Die hergestellten Borradikale lösen effizient die stabile Dreifachbindung von molekularem Stickstoff, stellten die Forschenden fest. Somit kann molekularer Stickstoff in Lösung effizient fixiert werden. Dieser radikalische Ansatz eröffnet weitere Möglichkeiten der Ammoniakproduktion unter milden Bedingungen und ohne Einsatz von fossilen Rohstoffen.
Quelle: Angewandte Chemie