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28.09.2024

07.07.2020

Kleinste Kräfte in der Wechselwirkung zwischen einzelnen Atomen nachgewiesen

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Die Rasterkraftmikroskopie (engl: atomic force microscopy, AFM) ermöglicht die Abbildung von Oberflächen mit atomarer Auflösung, indem die kleinen Kräfte, welche zwischen einer atomar scharfen Spitze und der Oberfläche in einem Abstand von einigen hundert Picometern wirken, abhängig von der Position der Spitze über der Oberfläche, gemessen werden.

In der Regel werden AFM Experimente bei Spitzen-Proben-Abständen durchgeführt, bei welchen die Spitze stark mit der Probe wechselwirkt und Kräfte in einem Bereich von einigen hundert Piconewton (pN) bis zu einigen Nanonewton (nN) wirken.

Diese Kräfte sind für ein einzelnes Atom relativ groß und führen zu starken Verzerrungen der atomaren Bindungen. Regensburger Experimentalphysiker vom Lehrstuhl für Quanten-Nanowissenschaft um Prof. Dr. Franz J. Gießibl haben hoch-präzise AFM Messungen mit einer atomar scharfen Metallspitze auf einer ionischen Isolator-Oberfläche (Calciumfluorid, CaF2(111)) durchgeführt. Ihre Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift New Journal of Physics erschienen.

Den Wissenschaftlern gelang es, winzige Kräfte von 100 Femtonewton nachzuweisen, also nur 0,1 Billionstel eines Newtons. Ein Newton entspricht etwa der Gewichtskraft einer Tafel Schokolade. 100 Femtonewton entsprechen der äußerst geringen gegenseitigen Anziehungskraft zweier 77 Kilogramm schweren Personen, die sich im Abstand von zwei Kilometern aufhalten. Zum Vergleich: Beide Personen werden jeweils mit etwa 755 Newton von der Erde angezogen.

Der Messabstand konnte so groß gehalten werden, dass Quanteneffekte wie kovalente Bindungen oder Pauli Abstoßung vernachlässigt werden können. Damit konnten die Wissenschaftler ihre Messergebnisse mit größter Präzision durch das Coulomb-Gesetz (Basis der Elektrostatik: Es beschreibt die Kraft, die zwischen zwei Ladungen wirkt) erklären.

Mit Hilfe einer in der Arbeitsgruppe entwickelten Methode zur Bestimmung der atomaren Struktur der Spitze konnten die Wissenschaftler die theoretische Beschreibung des Experiments so stark verbessern, dass das Modell die Messdaten mit einer Genauigkeit von 99,5 Prozent wiedergeben konnte. Die durch die Studie aufgezeigten Möglichkeiten der präzisen Messung von kleinsten Kräften können - kombiniert mit der genauen Beschreibung der Messspitze - dazu beitragen, den Nanokosmos präziser zu vermessen.

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Quelle: Universität Regensburg