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04.07.2024

14.12.2006

Stellungnahme zur Abstimmung über REACH im Europaparlament

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REACH bleibt trotz wichtiger Verbesserungen gegenüber dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag eine große Herausforderung für die Chemie in Deutschland. Das erklärt der Verband der Chemischen Industrie (VCI) zum Abstimmungsergebnis im Europaparlament in Straßburg, das in zweiter Lesung den Weg für die Verabschiedung der REACH-Verordnung im EU-Ministerrat am kommenden Montag frei macht. "Mit der Umsetzung des neuen EU-Chemikalienrechtes kommen zusätzliche Kosten und erheblicher bürokratischer Aufwand auf die Unternehmen zu - das wird besonders für den Mittelstand ein harter Brocken", betont VCI-Präsident Werner Wenning. "Unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit gerät mit REACH noch stärker unter Druck."

Mit REACH sollen Behörden, Weiterverarbeiter und andere Kunden der Branche besseren Zugang zu sicherheitsrelevanten Informationen über die verwendeten Stoffe bekommen. Dieses Ziel hält auch der Chemieverband in Frankfurt für richtig. Als Belastung für die Branche sieht der VCI jedoch vor allem die Verschärfung des Zulassungsverfahrens. Bestimmte Stoffe, die unter die Zulassung fallen, müssen durch Alternativen ersetzt werden, selbst wenn die Hersteller nachweisen können, dass eine sichere Verwendung durch geeignete Maßnahmen gewährleistet ist. "Für viele Produkte und Produktionsanlagen bedeutet diese Verschärfung eine erhebliche Rechtsunsicherheit. Investitionen werden dadurch verzögert oder sogar verhindert", erklärte der VCI-Präsident.

Außerdem kritisiert der VCI, dass die Registrierung kleinvolumiger Chemikalien durch einen kostspieligen und dazu wenig verlässlichen Test erheblich verteuert wurde. Die Parlamentsmehrheit hatte sich ursprünglich für eine Streichung dieses Tests ausgesprochen, konnte das aber gegenüber den Mitgliedsstaaten nicht durchsetzen. "Vor allem für mittelständische Firmen führt dies zu deutlichen Zusatzbelastungen", so VCI-Präsident Wenning.

Positiv wertet der VCI, dass das Parlament mit dem Kompromisspaket einen stärkeren Schutz von Geschäftsgeheimnissen beschlossen hat. Gewisse Stoffinformationen - wie etwa die Strukturformel einer Substanz - sollen nun nicht mehr automatisch durch die Chemikalienagentur veröffentlicht werden. Die betroffenen Unternehmen können diese Daten auf Antrag für sechs Jahre als vertraulich einstufen lassen - für Zwischenprodukte sogar zeitlich unbegrenzt. Letzteres spielt, so der VCI, eine wichtige Rolle für die Entwicklung von neuen Produkten mit hoher Wertschöpfung, die über mehrere Syntheseschritte hergestellt werden. Dazu gehören vor allem Arzneimittelwirkstoffe, Pflanzenschutzmittel und Spezialchemikalien. Wenning: "Diese Verbesserung begrüßen wir sehr, denn damit können hart erarbeitete Innovationsvorsprünge der europäischen Chemieunternehmen gegenüber Wettbewerbern gehalten werden."

Weitere vom Parlament beschlossene Verbesserungen betreffen vor allem einen stärkeren Eigentumsschutz an aufwändigen Sicherheitsstudien sowie verlängerte Registrierungsfristen.

Mit der Verordnung steht allerdings nur das theoretische Grundgerüst des neuen EU-Chemikalienrechts. Über die tatsächliche Umsetzung und damit auch über die Praktikabilität und Kosteneffizienz der Regelungen entscheiden letztlich die verschiedenen technischen Leitfäden, die von der EU-Kommission zurzeit entwickelt werden. Allein die für die Unternehmen bestimmten zehn verschiedenen "Umsetzungshilfen" umfassen gegenwärtig mehrere tausend Seiten. Vor allem kleine und mittlere Betriebe, zu denen über 90 Prozent der 1.600 Mitgliedsunternehmen des VCI zählen, benötigen einfache Instrumente, soll REACH in der Praxis funktionieren.

Die deutsche chemische Industrie ist in besonderem Maße von den Folgen der REACH-Verordnung betroffen: Gut ein Viertel des Chemieumsatzes der EU und fast jeder vierte Chemie-Arbeitsplatz in Europa wird von Unternehmen in Deutschland beigesteuert. Dies macht Deutschland mit Abstand zur Nummer eins im europäischen Chemiegeschäft.

Quelle: Verband der Chemischen Industrie (VCI)