15.12.2023
Einblick in den Stoffwechsel plastikfressender Bakterien
Plastikfressende Bakterien könnten künftig helfen, das globale Müllproblem einzudämmen. Forschende des Forschungszentrums Jülich und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf haben nun erstmals gezeigt, wie Bakterien der Gattung Halopseudomonas häufig vorkommende Kunststoffbeschichtungen aus Polyesterurethan zersetzen. Die beschriebenen Stoffwechselwege und Enzyme unterstreichen die Relevanz des neu isolierten Bakteriums für den biologischen Abbau von Kunststoffen und ebnen Wege in die Praxis.
Gegenstände aus Plastik sind im täglichen Leben unverzichtbar. Doch wenn sie in der Natur liegen bleiben, werden sie zum Problem. Da sie nicht verrotten, reichern sie sich in der Umwelt an. Eine mögliche Lösung für die globale Verschmutzung stellen widerstandsfähige Mikroorganismen dar, die Plastik abbauen und verwerten können.
Erst kürzlich wurde mit Bakterien der Gattung Halopseudomonas ein vielversprechender Kandidat entdeckt. Forschende des Forschungszentrums Jülich und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf haben sie nun genauer unter die Lupe genommen. Die Ergebnisse wurden in zwei gemeinsamen und nebeneinander erschienenen Artikeln in der Fachzeitschrift Microbial Biotechnology veröffentlicht.
Die Halopseudomonas-Bakterien leben unter anderem in der Tiefsee an Standorten, die mit Erdöl oder Schwermetallen verschmutzt sind, wurden aber auch schon im Komposthaufen nachgewiesen. Forschende aus Jülich und Düsseldorf haben jetzt herausgefunden, dass die Bakterien einen besonderen Appetit auf Polyesterurethan haben. Diese Sorte Kunststoff wird unter anderem zur Beschichtung von Textilien, Seilen und Fischernetzen eingesetzt, was deren Haltbarkeit verbessert, aber gleichzeitig den Abbau und das Recycling der Materialien erschwert.
Das Bakterium Halopseudomonas formosensis FZJ, das aus einem Komposthaufen isoliert wurde, könnte eine Lösung für dieses Problem bieten. Es kann Polyesterurethan-Beschichtungen schnell biologisch abbauen und ist besonders tolerant gegenüber hohen Temperaturen, wie sie typischerweise im Kompost auftreten. Wissenschaftler um Prof. Nick Wierckx aus dem Institut für Bio- und Geowissenschaften (IBG-1) des Forschungszentrums Jülich gelang es, die diesem Prozess zugrundeliegenden Stoffwechselwege aufzuklären. In der Publikation von Jan de Witt et al. beschreiben sie zudem ein Polyester-hydrolysierenden Enzym, das am Abbau des Plastiks beteiligt ist.
Wege in die biotechnologische Anwendung
Weitere Schritte zur praktischen Umsetzung haben Forschende des Instituts für Molekulare Enzymtechnologie der HHU Düsseldorf um Prof. Karl-Erich Jaeger untersucht. In der Publikation von Luzie Kruse et al. stellen sie verschiedene Methoden vor, die biotechnologische Anwendungen von Halopseudomonas Bakterien ermöglichen. So wurden geeignete Kultivierungsstrategien und molekularbiologische Methoden zur genetischen Veränderung dieser Bakterien entwickelt. Ferner wird gezeigt, dass diese Bakterien Dicarbonsäuren, die Bestandteile vieler Kunststoffe sind, verwerten können.
Einblick in den Stoffwechsel plastikfressender Bakterien
Die Professoren Nick Wierckx und Karl-Erich Jaeger sind sich einig: "Diese Arbeiten geben detaillierte Einblicke in den mikrobiellen Abbau von Kunststoffen und unterstreichen die Bedeutung des neu isolierten Bakteriums für zukünftige Prozesse, die den biologischen Abbau von Kunststoffen und das Bio-Upcycling ermöglichen."
Die Arbeiten entstanden aus einer fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen dem von Jaeger geleiteten Jülicher HHU-Institut für Molekulare Enzymtechnologie IMET und der von Wierckx geleiteten Forschungsgruppe "Mikrobielle Katalyse" im Jülicher Institut für Bio- und Geowissenschaften IBG-1.
Die Arbeiten in der Gruppe Wierckx wurden durch das EU Horizon 2020 Projekt Glaukos gefördert, die Arbeiten in der Gruppe Jaeger durch die BMBF-Projekte No-Stress und PlastiSea. Die Kunststoffbeschichtungen wurden von den Industriepartnern I-Coats und Covestro bereitgestellt. Die enge Zusammenarbeit der IBG-1- und IMET-Teams mit Industriepartnern ebnet somit den Weg für mögliche Anwendungen in der Biotechnologie und Bioremediation.
Quelle: Forschungszentrum Jülich