24.11.2023
Deutscher Zukunftspreis für innovatives System zur Magnetresonanztomographie
Prof. Dr. Michael Uder, Direktor des Radiologischen Instituts des Uniklinikums Erlangen und Inhaber des Lehrstuhls für Diagnostische Radiologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), wurde mit seinen zwei Teamkollegen von Siemens Healthineers mit dem Deutschen Zukunftspreis 2023 ausgezeichnet.
Gemeinsam mit Dr. Stephan Biber und Dr. David Grodzki war Prof. Uder an der Entwicklung des Magnetom Free beteiligt, einer Plattform für Magnetresonanztomografie (MRT) mit niedriger Feldstärke. "Der Gewinn des Zukunftspreises ist eine große Ehre und besondere Anerkennung für das ganze Team. Damit wird auch die jahrelange enge Zusammenarbeit von Uniklinikum und Siemens Healthineers gewürdigt", äußerte sich Prof. Uder am Tag der Preisverleihung.
"Ich freue mich sehr über diese Ehrung und gratuliere Michael Uder sowie seinen Teamkollegen herzlich", sagte Prof. Dr. Dr. h. c. Heinrich Iro, Ärztlicher Direktor des Uniklinikums Erlangen. "Dass Deutschlands wohl bedeutendster Technik- und Innovationspreis in diesem Jahr an ein Erlanger Team geht, ist ein weiterer Beleg dafür, wie forschungs- und entwicklungsstark unsere Region ist und wie gut unsere Experten interprofessionell über Unternehmensgrenzen hinweg zusammenarbeiten."
Allein die Nominierung im September war schon eine große Ehre: Für den Deutschen Zukunftspreis werden jährlich nach einem mehrstufigen Verfahren nur drei Einzelpersonen oder Teams nominiert. Die Verleihung an das endgültig ausgezeichnete Projekt erfolgt dann im November oder Dezember durch den deutschen Bundespräsidenten. Der Deutsche Zukunftspreis ist mit 250.000 Euro dotiert.
Ausgangspunkt und Motivation
"Über die Hälfte der Weltbevölkerung hat aktuell keinen Zugang zu MRT, da die komplexe Technologie an vielen Orten nicht installiert oder betrieben werden kann. Die Bildgebungstechnologie ist aber für zahlreiche Erkrankungen von zentraler Bedeutung. Um dieses Missverhältnis zu beseitigen, musste die MRT grundlegend neu gedacht werden", erläuterte Michael Uder. "Indem wir mehrere Variablen verändert und innovativ miteinander kombiniert haben, ist es gelungen, ein System zu kreieren, von dem künftig weltweit viele Menschen profitieren werden. So kann die Erlanger Neuentwicklung eine entscheidende Rolle für viele Patienten spielen - gerade in wirtschaftlich wenig entwickelten Regionen."
Zugang zu MRT-Technologie rettet Leben
Ein verlässliches MRT-Gerät ist groß, komplex und teuer. "Deswegen steht die Technologie vorwiegend Patienten in Industriestaaten zur Verfügung", bedauerte Prof. Uder den aktuellen Zustand. "Uns war klar, dass viele der infrastrukturellen und betrieblichen Hindernisse überwunden werden müssen, damit künftig mehr Menschen von dem Bildgebungsverfahren profitieren können. Ärzte weltweit benötigen es, um Krankheiten frühzeitig und eindeutig zu diagnostizieren." Die Magnetresonanztomografie ist strahlungsfrei und kommt insbesondere bei orthopädischen Beschwerden, neurologische Erkrankungen und Krebs zum Einsatz. "Der Zugang zu einem MRT-Gerät kann also konkret Leben retten", betonte Michael Uder.
Paradigmenwechsel in der MRT
Gemeinsam mit Dr. Biber und Dr. Grodzki von Siemens Healthineers arbeiteten Prof. Uder und sein Team am Uniklinikum Erlangen deshalb seit 2012 an einer Neuentwicklung. Das Ergebnis ist Magnetom Free - eine kostengünstige und energieeffiziente Systemplattform, die den Zugang zur Magnetresonanztomografie stark vereinfacht. "Nun können MRT-Geräte auch dort aufgestellt und betrieben werden, wo dies bisher nicht möglich war", stellte Michael Uder klar. Von konventionellen MRT-Geräten unterscheidet sich die Neuentwicklung insbesondere in diesen Punkten:
- Innovative Magnetkühlung: Statt bisher über 1.000 Liter werden bei Magnetom Free nur 0,7 Liter Helium benötigt. Dazu verfügt das System über einen geschlossenen Kreislauf, der außerdem den Vorteil hat, dass das Gerät beim Transport oder bei Stromausfällen kein Helium verliert. Am Betriebsort muss deshalb kein Helium-Lieferservice gefunden und gebucht werden.
- Niedrige Feldstärke: Zur Erzeugung der erforderlichen 0,55 Tesla reicht ein konventioneller Elektromagnet aus. Zum Vergleich: Hochmoderne MRT-Geräte mit bis zu 7 Tesla benötigen supraleitende Magnetspulen. Mit der Reduzierung der Feldstärke gehen allerdings auch Qualitätseinbußen einher: Diese werden durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) ausgeglichen. Das Team konnte in vielen Untersuchungen zeigen, dass der KI-basierte Algorithmus zur Bildrekonstruktion eine für präzise Diagnosen ausreichende Bildqualität ermöglicht.
- Kompakte Größe: Magnetom Free ist keine zwei Meter hoch und wiegt nur drei Tonnen. Anders als konventionelle Geräte - die häufig erst nach Umbauarbeiten und mithilfe eines Krans installiert werden können - passt das neue System durch normale Türen.
- Größere Patientenöffnung: Bei dem neuen Gerät konnte der Röhrendurchmesser auf 80 Zentimeter vergrößert werden. Dies ermöglicht die Untersuchung adipöser Patienten und erleichtert sie für Kinder sowie Menschen mit Klaustrophobie.
- Einfache Bedienbarkeit: Das ganze System wurde so vereinfacht, dass mit Magnetom Free auch unerfahrene Nutzer MRT-Untersuchungen sicher und mit qualitativ hochwertigen Ergebnissen durchführen können.
Weltweiter Erfolg
Die Markteinführung von Magnetom Free erfolgte bereits 2021. "Dass wir es tatsächlich geschafft haben, Menschen den Zugang zu MRT-Untersuchungen zu ermöglichen, für die das bisher undenkbar war, erfüllt mich mit Stolz", sagte Prof. Uder und verwies auf Installationen in Brasilien, Indien und Angola. Im Jemen konnte sogar das erste moderne MRT seit über zehn Jahren installiert werden.
Erlangen: Kinder profitieren als Erste
Aber auch in Erlangen selbst kommt Magnetom Free bereits zum Einsatz. Für die Kinderradiologie in der Kinder- und Jugendklinik (Direktor: Prof. Dr. Joachim Wölfle) des Uniklinikums Erlangen konnte Magnetom Free.Max aufgrund seines geringen Gewichts in einem Raum nahe der Intensivstation installiert werden, sodass die Untersuchung der jungen Patienten ohne viel Aufwand möglich ist.
"Perspektivisch denken wir auch über Installationen direkt auf Intensivstationen nach, um Betroffenen Transportwege und Wartezeiten zu ersparen", erläuterte Michael Uder. "Außerdem freuen wir uns, dass speziell für Magnetom Free entwickelte Technologien auch für zukünftige Modelle größerer MRT-Systeme genutzt werden sollen, beispielsweise der geschlossene Heliumkreislauf."
Quelle: Universitätsklinikum Erlangen