Zum InhaltZur Navigation
Analytik NEWS
Das Online-Labormagazin
05.12.2024

21.07.2022

Ergebnisgenauigkeit des nationalen Virusvarianten-Monitorings im Abwasser bestätigt


Das Sequenzieren von Viruspartikeln aus Abwasserproben ist schon seit 2020 ein wichtiger Teil des COVID19-Pandemiemonitorings in Österreich, das damit international eine Vorreiterrolle einnimmt. Eine aktuelle Studie des CeMM, dem Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften sowie der Medizinischen Universität Wien, der Universität Innsbruck und vieler weiterer Kollaborationspartner zeigt nun, wie erstaunlich detailliert und exakt die Analysen des Abwassers die Variantendynamik widerspiegeln.

Diese Studie, publiziert in Nature Biotechnology, liefert eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme und neue bioinformatische Instrumente, die internationale Überwachung von Virusvarianten zu unterstützen. Dass die Analyse des Abwassers ein geeigneter, ergänzender Ansatz zur Beobachtung des epidemiologischen Geschehens ist, davon wird bereits länger ausgegangen.

Dennoch wurde die Methode erst in jüngster Zeit in vielen Ländern flächendeckend ausgerollt. In Österreich widmen sich Wissenschaftlern der Forschungsgruppe von Andreas Bergthaler, CeMM Adjunct Principal Investigator und Professor für Molekulare Immunologie an der MedUni Wien, bereits seit 2020 gemeinsam mit Kollaborationspartnern anderer Universitäten und Institutionen in ganz Österreich der Auswertung von Abwasserproben aus Kläranlagen. In der aktuellen Studie konnten die Erstautoren Fabian Amman vom CeMM und Rudolf Markt von der Uni Innsbruck zeigen, dass die Abwasserdaten sehr genau die Verbreitung von Virusvarianten in der Bevölkerung widerspiegeln.

Hohe Übereinstimmungen der Virusvarianten in Patientenproben und Abwasser

Für die Studie sequenzierten und analysierten die Wissenschafter von Dezember 2020 bis Februar 2022 insgesamt 3.413 Abwasserproben aus über 90 kommunalen Einzugsgebieten bzw. Kläranlagen, die zusammen wöchentlich mehr als 50 Prozent der österreichischen Bevölkerung abdecken. Mittels einer eigens entwickelten Software (Variant Quantification in Sewage designed for Robustness, kurz VaQuERo) konnten die Wissenschafter die räumlich-zeitliche Häufigkeit von Virusvarianten aus komplexen Abwasserproben ableiten.

Diese Ergebnisse wurden anschließend anhand epidemiologischer Aufzeichnungen von mehr als 311.000 Einzelfällen gemeinsam mit den Infektionsepidemiologen der AGES validiert. Erstautor Fabian Amman, Bioinformatiker in der Forschungsgruppe von Bergthaler am CeMM und der MedUni Wien, erklärt: "Unsere Ergebnisse bestätigen, dass trotz zahlreicher Herausforderungen bei der Abwasseranalyse die Ergebnisse einen sehr genauen Überblick über das Pandemiegeschehen eines ganzen Landes bieten.

Für jede Woche und jedes Einzugsgebiet, in denen laut epidemiologischem Meldesystem eine bestimmte Variante zumindest einmal auftrat, sehen wir in 86% der Proben derselben Woche ein entsprechendes Signal im Abwasser. Umgekehrt sehen wir in rund 3% der Abwasserproben Varianten, die dem Patienten-basierten System entgangen sind."

Die im Rahmen der Studie generierten Daten bieten eine Basis für die Vorhersage neu entstehender Varianten und machen den Reproduktionsvorteil bedenklicher Varianten besser kalkulierbar. Ein weiterer Vorteil des Abwassermonitorings ist zudem, dass auch asymptomatische Personen sowie Personen, die das Testangebot nicht nutzen, in den Daten erfasst werden.

Erfolgsfaktor Zusammenarbeit

In Österreich konnte insbesondere durch die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Forschungseinrichtungen und verschiedenen Behörden frühzeitig ein flächendeckendes Monitoring aufgesetzt werden. Andreas Bergthaler erklärt: "Dies ist auch eine Erfolgsstory, was wissenschaftliche Zusammenarbeit schaffen kann. Im konkreten Fall war dies gekennzeichnet von früh begonnenen und erfolgreich weiterausgebauten Kollaborationen zwischen CeMM und MedUni Wien, Universität Innsbruck, der Medizinischen Universität Innsbruck, der Technischen Universität Wien, der AGES sowie mehr als zehn weiteren Institutionen."

Gemeinsam konnte gezeigt werden, dass die Virussequenzierungen aus dem Abwasser auf nationaler Ebene einen wesentlichen Beitrag zur Überwachung von SARS-CoV-2 Varianten, dem Pandemiemanagement und der öffentlichen Gesundheit liefern vermag. Es ist zu erwarten, dass der Fokus auf SARS-CoV-2 zukünftig auch auf die Analysen anderer Infektionserreger im Abwasser Anwendung finden wird. Somit liefern die Erkenntnisse dieser Studie auch einen wichtigen Beitrag zur internationalen Überwachung von Infektionskrankheiten.

» Originalpublikation E-mail

Quelle: Medizinische Universität Wien