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28.09.2024

04.03.2022

Antivirale und entzündungshemmende Wirkung eines körpereigenen Signalmoleküls beschrieben

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Wissenschaftler der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) haben als Teil eines internationalen Forschungsteams die antivirale Wirkung des körpereigenen Signalmoleküls Itaconsäure untersucht.

Die Studie unter der Federführung des Zentrums für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung Hannover (TWINCORE) ist jetzt in der Fachzeitschrift PLOS Pathogens erschienen und eröffnet Perspektiven für mögliche therapeutische Anwendungen von Itaconsäure gegen schwere Krankheitsverläufe bei Virusinfektionen. Demnach wirkt Itaconsäure gleichermaßen antiviral wie entzündungshemmend.

Eine wichtige Aufgabe des menschlichen Immunsystems ist es, die kritische Balance zu halten zwischen effizienter Abwehr eines Erregers einerseits und dem Schutz betroffener Gewebe andererseits. Krankheitsbilder viraler Infektionen sind nicht selten geprägt von einem "zu viel" der Abwehr, einer übermäßig starken Entzündung, die das Gewebe schädigt.

Der entstehende Schaden kann größer sein als der durch den Erreger selbst verursachte. Die Forscher interessierten sich besonders für diese als Immunpathologie bezeichneten Facetten von Infektionskrankheiten, die vor allem bei Influenza und COVID-19 eine wichtige Rolle spielen. Für die JLU waren Dr. Ahmed Mostafa, Dr. Mahmoud Shehata und Prof. Dr. Stephan Pleschka vom Institut für Medizinische Virologie an der Studie beteiligt.

Während einer Entzündung produzieren manche Abwehrzellen Itaconsäure. Sie wirkt hemmend auf Bakterien, die im Inneren dieser Zellen überleben. Seit einigen Jahren beobachten Forschende zudem, dass dieses hochreaktive organische Molekül wichtige entzündungsfördernde Signale im Immunsystem dämpft. In der aktuellen Studie beschreiben Mediziner PD Dr. Frank Peßler, Leiter der Forschungsgruppe "Biomarker in Infektionen" am TWINCORE, und sein Team die Funktion von Itaconsäure während einer Infektion mit dem Influenzavirus.

Die Autoren des Artikels beobachteten, dass in Lungengeweben von Mäusen wie von Menschen bei einer Infektion mit dem Grippevirus Itaconsäure produziert wird. Mäusen bietet sie Schutz vor schweren Auswirkungen der Infektion. Fehlt das Enzym zur Herstellung des Moleküls hingegen, ist die Entzündungsreaktion in der Lunge stärker ausgeprägt und die Krankheit verläuft häufiger tödlich.

In den untersuchten Geweben sahen die Forschenden, dass die Synthese von Itaconsäure und des dafür benötigten Enzyms mit einer Absenkung der Entzündung einherging. Wenn sie Mäuse während der Influenzainfektion mit Itaconsäure als "Medikament" behandelten, blieb die Entzündung in den Lungen fast vollständig aus.

"Wir präsentieren in dieser Studie Ergebnisse aus sieben Jahren wissenschaftlicher Untersuchungen, zu denen Forschende aus Deutschland, Ägypten, China und Pakistan beigetragen haben", sagt Peßler. "Alle unsere Erkenntnisse weisen in eine klare Richtung: Itaconsäure kann die Abwehrreaktion drosseln und Organschädigungen verhindern, ohne dadurch die Virusvermehrung zu fördern."

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Quelle: Universität Gießen