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08.12.2024

04.08.2021

Nachhaltige Wissenschaft - mit kleinen Schritten zu grüneren Instituten


Ein enormer Energie- und Wasserverbrauch sowie ein übermäßiges Müllaufkommen sind ein unvermeidbares Übel, das die naturwissenschaftliche Forschung mit sich bringt. Verschiedene Initiativen im Forschungsverbund bemühen sich, diese Auswirkungen zu mildern und die "grüne" Bilanz innerhalb und außerhalb der Institute auszugleichen.

Allein die biomedizinischen Forschungslabore weltweit sind für geschätzt 5,5 Millionen Tonnen Kunststoffabfall jährlich verantwortlich. Vor einem Jahr tauschten sich Forschende aus der Abteilung für Molekulare Pharmakologie und Zellbiologie des Leibniz-Forschungsinstituts für Molekulare Pharmakologie (FMP) darüber aus, wie sie den Umwelt-Fußabdruck ihrer Arbeit verringern könnten.

"Wir sind sämtliche Laborpraktiken durchgegangen und ermittelten diejenigen, die die größten Auswirkungen hatten und leicht zu ändern waren", erklärt Dr. Dorien Roosen, Postdoktorandin am FMP.

Wo es möglich war, haben sie Einweg-Plastikware durch Glas oder Metall ersetzt und neue Wiederverwendungs- und Recycling-Systeme für Abfall eingeführt. "Dank unseres Technikteams, das die vorhandenen Reinigungssysteme umbaute, können wir nun die Kunststoffröhrchen wiederverwenden, anstatt sie wegzuwerfen", ergänzt Roosen. "Nun stehen wir mit einem Partnerunternehmen in Austausch, um die nicht-kontaminierten Handschuhe weiterzuverarbeiten, beispielsweise zu Gartenmöbeln. All das ist ein riesiger Abfallstrom, der sonst verbrannt werden würde."

Es geht eben nicht nur um Abfall. Ultratiefkühlschränke und Laborabzüge sind notorische Energiefresser in biomedizinischen Laboren. Neue Gewohnheiten zu fördern, ist hierbei wichtig: Den Schieberahmen bei Nichtgebrauch einfach nur zu schließen, kann den Energieverbrauch eines solchen Abzugs um bis zu 40 Prozent senken. Manche Änderungen erfordern mehr Überzeugungskraft. "Als vor etwa 60 Jahren Ultratiefkühlschränke auf den Markt kamen, begannen Forschende, ihre Proben bei -80 Grad Celsius und sogar darunter zu lagern, um eine Degradation zu vermeiden - aber niemand untersuchte, ob immer tiefere Temperaturen tatsächlich von Vorteil sind", erklärt Svenja Bolz, Doktorandin am FMP und Mitbegründerin der "FMP Green Initiative".

Heute liegen umfangreiche Langzeitdaten zur Probenzersetzung bei unterschiedlichen Temperaturen vor. Anhand dieser Daten beschlossen Mitglieder der "Green Initiative", die meisten Tiefkühlschränke in ihrem Labor nur zehn Grad höher auf -70 Grad Celsius einzustellen, wodurch sie den Energieverbrauch deutlich senkten. "Wir orientieren uns an Daten und den Erfahrungen anderer Organisationen und beraten uns immer mit unserem Team, bevor wir neue Maßnahmen umsetzen", sagt Bolz.

Ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit unter den Kollegen zu schaffen, bildet eine wichtige Säule der Initiative. "Neben jährlichen Gruppen-Seminaren bieten wir auch 'Öko-Touren' an, um neue Mitarbeiter gleich zu Beginn in unsere Praktiken einzuweisen", sagt Dr. Agata Witkowska, Postdoktorandin und Mitglied der Initiative. "Hierbei arbeiten wir eng mit dem Technikteam zusammen - als Festangestellte können sie mehrere Generationen von Forschenden begleiten und den Fortbestand der Initiative sicherstellen."

Das "Greening" eines Instituts mag mit nur einem Labor beginnen, aber endet nicht damit. "Die FVB-Institute arbeiten stetig daran, Kühl-, Heiz- und Belüftungssysteme zu optimieren, smartere Wege zur Wassernutzung zu entwickeln und Lichtquellen gegen nachhaltigere LEDs auszutauschen", erklärt Dieter von Buxhoeveden, Leiter des Bau- und Gebäudemanagements am FVB.

Das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) ist auch vor die Tür getreten. Vor zwei Jahren begann das Institut, das Gelände rund um seine Gebäude in Berlin-Friedrichshagen zu optimieren. "Unser Hauptprinzip lautet 'Weg vom Park!'", erklärt Torsten Preuer vom Team Technik am IGB. "Wir möchten der Natur mehr Raum geben, ihren Prozessen und Bewohnern." Um die natürliche Entwicklung der Vegetation zu fördern, stellte das Team von der flächendeckenden zur gezielten Bewässerung um und legte Totholzhecken und Komposthaufen an.

Es wird auch weniger gemäht: In vielen Bereichen auf dem Institutsgelände lässt man das Gras während der Blühphase wachsen und bietet so einen Lebensraum für Insekten. "Wir versuchen, invasive Pflanzenarten wie den Knöterich oder die Robinie zu entfernen und einheimische Arten einzubringen", so Preuer. Es wird auch ein Teich angelegt, um einheimische Amphibien anzulocken.

Wenn man sich in einem Institut auf eine Nachhaltigkeitsreise begibt, hilft es nicht, alles Bestehende auf den Kopf zu stellen. Eine Besprechung im Kollegenkreis und die Festlegung relevanter Aktionen können hingegen viel bewirken. Zahlreiche internationale und nationale Netzwerke wie der Arbeitskreis Nachhaltigkeitsmanagement der Leibniz-Gemeinschaft bieten ebenfalls die Möglichkeit, Erfahrungen auszutauschen und die Umweltauswirkungen wissenschaftlicher Forschung gemeinsam zu reduzieren.

Quelle: Forschungsverbund Berlin