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14.11.2024

29.04.2020

Nanoporen-Membranen für die Abwasserreinigung erforschen

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Professor Wolfgang Ensinger und seine Arbeitsgruppe vom Fachbereich Material- und Geowissenschaften der TU Darmstadt arbeiten mit dem GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung schon seit Jahren zusammen auf dem Gebiet der Herstellung und Nutzung von Nanoporen in Kunststofffolien. Nanoporenmembranen eignen sich auch zu Filtrier- und Trennzwecken - damit lassen sich Coronaviren aus Abwässern filtern.

Dazu wurden davor Nanoporenmembranen für Filtrier- und Trennzwecke untersucht. Dabei wurden sowohl organische Moleküle und Gasmoleküle aus Mischungen angereichert als auch Partikel in Lösungen abgetrennt, wie Blutzellen aus Blut, in Flüssigkeiten aufgefangene Aerosolpartikel oder gar Schwebpartikel in Getränken.

Die Dimensionen der Poren in den Folien lassen sich bei dem Verfahren des Ionenspurätzens von Durchmessern im Mikrometerbereich bis hinunter in den Nanometerbereich einstellen. Mit Durchmessern im Nanometerbereich ist auch ein Abtrennen von Viren - in der aktuellen Situation von Coronaviren - denkbar.

Mit diesen Filtermaterialien ließen sich Coronaviren in Abwässern auffinden, eine derzeit von den Epidemiologen, Virologen und Politikern angedachte Strategie zur Ermittlung der lokalen Virenverteilung, um daraus Lockdown-Strategien ableiten zu können. Um die Filtrierbarkeit der Viren durch die Nanoporenmembranen zu simulieren, haben Ensinger und seine Arbeitsgruppe sphärische Partikel aus Silica und aus Polystrol mit einem Durchmesser von 140 nm verwendet.

Die Virionen, also Viruspartikel, der Coronaviren liegen mit ihren Durchmessern im Bereich von 120 bis 160 nm. Wenn der Durchmesser der Nanoporen deutlich unter dem der Viren liegt, ist eine sehr hohe Filtriereffizienz zu erwarten. Bei dem Simulationsexperiment ist zu bedenken, dass Silica- und Polystyrolpartikel sehr steif sind, während die Lipidmembran einer Virushülle eine gewisse Flexibilität aufweist. Einem "Durchschlüpfen" der Viren kann man dabei dadurch vorbeugen, dass man den Nanoporendurchmesser deutlich kleiner wählt.

Allerdings: Ein geringerer Nanoporendurchmesser führt zu einem geringeren Filtrierdurchsatz. Dem ist durch eine größere Anzahl von Nanoporen entgegenzuwirken, aber auch hier gibt es Grenzen. Die Nanoporen entstehen in der Kunststofffolie mit einer zufälligen Verteilung auf der Oberfläche. Bei zunehmender Flächendichte häufen sich überlappende Nanoporen, die dann größer sind, sodass mehr Viren "durchschlüpfen" könnten.

Die Ionenstrahlätzmethode an Polymerfolien hat eine Reihe besonderer Vorteile: Die Folien sind mit Dicken im Bereich einiger 10 µm sehr gut technisch handhabbar und stabil. Sie weisen eine gewisse Flexibilität auf, sind also nicht spröde und damit bruchgefährdet wie keramische Materialien. Damit könnten sie auch einem gewissen Druck beim Durchsatz der zu filtrierenden Flüssigkeit widerstehen. Durch Verwendung des besonders resistenten Kunststoffes Polyimid arbeitet man zudem mit einem Material, das thermisch, chemisch und strahlenchemisch zur stabilsten Polymerklasse gehört.

Damit ist das Material stabil gegen Sterilisationsmaßnahmen. Zudem bieten die Nanoporenmembranen im Gegensatz zu den meisten anderen Membran- und Filtermaterialien eine sehr enge Verteilung im Porendurchmesser an. Dies garantiert die hohe Rückhalteeffizienz für Viren.

Auch die Nanoporen-basierten Sensorik, die im LOEWE-Schwerpunkt iNAPO bereits für Biomoleküle entwickelt wurde, soll auf SARS-CoV-2 ausgedehnt werden. Hier wird eine Zusammenarbeit mit Virologen der hessischen Nachbaruniversitäten angestrebt.

Quelle: Technische Universität Darmstadt