23.06.2016
Neues Verfahren zur Gewinnung von Phosphat aus Sekundärrohstoffen
Phosphat begegnet uns überall im Alltag. Knochen und Zähne bestehen zu einem Großteil aus Phosphat, in Lebensmitteln dient es meist als Verdickungs- und Konservierungsstoff sowie Geschmacksverstärker. Der mengenmäßig größte Anteil des produzierten Phosphats wird als Phosphorsäure zur Düngemittelherstellung und in der Industrie als Korrosionsschutzmittel eingesetzt. Bislang wird Phosphat bergmännisch aus dem Primärrohstoff Apatit gewonnen. Die Qualität des Erzes rückt zunehmend in den Blickpunkt des Interesses, insbesondere in Bezug auf Schadstoffgehalte. Europa ist zu 90 Prozent von Importen aus Marokko, Russland oder Israel abhängig. Seit 2007 hat sich der Weltmarktpreis für Apatit mehr als verdoppelt.
"Deshalb gibt es bereits verschiedene Forschungsansätze, um Phosphat aus Sekundärrohstoffquellen zu gewinnen", so Dr. Peter Fröhlich vom Institut für Technische Chemie an der TU Bergakademie Freiberg. "Bislang wurden diverse Recyclingverfahren entwickelt, um Klärschlamm oder Klärschlammasche als sekundäre Phosphatquelle zu nutzen. Das enthaltene Phosphat stammt beispielsweise aus Haushalts- und Industrieabwässern sowie Reinigungsmitteln oder pharmazeutischen Reststoffen." Doch diese Verfahren seien bislang nur in wenigen Fällen großtechnisch umgesetzt und wirtschaftlich verbesserungsfähig. "Durch Verbrennung von kommunalem Klärschlamm entsteht eine Asche, die zwischen 10 bis 20 Prozent Phosphat enthält. Neben dem schwankendem Phosphatgehalt ist die Asche mit Schwermetallen belastet." Das macht die Phosphatabtrennung unter diesen Bedingungen sehr aufwändig. Zudem bleibt ein hoher Anteil an nicht verwertbaren Rückständen, die derzeit deponiert werden müssen. Somit stehen Aufwand und Ertrag bei den derzeit entwickelten Verfahren in keinem wirtschaftlichen Verhältnis.
Durch das von den Forschern der TU Bergakademie Freiberg entwickelte Verfahren kann nicht nur Tiermehlasche und phosphathaltige Industrieabfälle, sondern perspektivisch auch Klärschlammasche aufbereitet werden. "Knochen bestehen zu einem Großteil aus Phosphat von hoher Qualität. Deswegen arbeiten wir in der Demonstrationsanlage mit diesem Rohstoff. Verbrannte Knochen aus Schlachtabfällen, die sogenannte Knochenmehlasche, können wir mit unserem Verfahren dahingehend verarbeiten, dass eine hochwertige Phosphorsäure entsteht. Als Nebenprodukt erhalten wir Kalk, der vielseitig in der Chemie- und Baustoffindustrie Verwendung findet und zudem erneut in der Abwasserreinigung zur Entfernung von Phosphat eingesetzt werden kann. Ansonsten bleiben faktisch kaum weitere Rückstände übrig. Damit schließen wir einen echten Kreislauf", so Projektleiter Dr. Fröhlich.
Unter Zugabe eines Laugungsmittels wird das Phosphat aus der Asche chemisch herausgelöst. Die unlöslichen Bestandteile werden abfiltriert und unverbrauchtes Laugungsmittel durch eine ausgeklügelte Verfahrenskombination zurückgewonnen - es kann erneut im Prozess eingesetzt werden. Im nächsten Prozessschritt fällt Kalk aus und wird von der Phosphorsäure abgetrennt. Mit diesem Verfahren können kostengünstig auch Produktionsrückstände der Lebensmittel- und Pharmaindustrie zu Phosphorsäure verarbeitet werden. Sogar die Leuchtstoffe aus gebrauchten Neonröhren wurden schon erfolgreich zu Phosphorsäure verarbeitet. Die so gewonnene hochwertige Phosphorsäure ist eine Universalchemikalie, die vielfältig und in großen Tonnagen in der chemischen Industrie benötigt wird.
Seit sechs Jahren begleitet Prof. Dr. Martin Bertau, Direktor des Instituts für Technische Chemie an der TU Bergakademie Freiberg, die Forschung an diesem Verfahren: "In unserer Laborversuchsanlage haben wir bislang rund ein Kilogramm Knochenmehlasche täglich verarbeiten können. Mit der nun entstehenden Referenzanlage werden wir in der Lage sein, bis zu einer Tagestonne an Einsatzstoff zu verarbeiten. Damit wollen wir das Verfahren soweit optimieren, dass es marktfähig und industriell einsetzbar ist."
Der Bau der Demonstrationsanlage wird aus dem Förderprogramm "EXIST-Forschungstransfer", das Bestandteil der Hightech-Strategie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) ist, mit Fördermitteln in Höhe von 1.017.924,48 Euro über eine Laufzeit von zwei Jahren gefördert. Das Ziel dieser Förderung ist die Unterstützung des Gründungsvorhabens aufgrund der langen Entwicklungszeit aus der Hochschule heraus. Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) fördert über das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst (SMWK) eine komplexe Filtertechnologie als wissenschaftliche Infrastruktur innerhalb des Vorhabens mit zusätzlich insgesamt 0,26 Millionen Euro.
Quelle: Technische Universität Freiberg