29.10.2015
Mit Laserpulsen Luft-Schadstoffe mit hoher Genauigkeit und auf große Distanz messen
Stickoxide gehören zu den wichtigsten atmosphärischen Schadstoffen. Sie verursachen sauren Regen und Sommersmog und haben einen negativen Einfluss auf die Umwelt sowie auf unsere Gesundheit. Bodennahe Stickoxide tragen zur Ozonbildung bei und gehören daher auch zur Klasse der klimaschädlichen Gase. Stickoxide fallen bei Verbrennungen an, etwa im Automotor oder in Kohlekraftwerken. An der TU Wien wurde nun eine neue Methode entwickelt, Stickstoffmonoxid und Stickstoffdioxid mit Laserstrahlen zu detektieren. Dadurch können Stickoxid-Konzentrationen in der Luft auf große Entfernung in Echtzeit hochpräzise gemessen werden. Dem Forschungsteam um Prof. Bernhard Lendl gelingt es damit sogar, unterschiedliche Emissionsquellen (z.B. Motorentypen vorbeifahrender Autos) an der charakteristischen Schadstoff-Signatur zu unterscheiden.
Der Fingerabdruck von Stickoxiden
Jedes Molekül hat im elektromagnetischen Spektrum einen ganz speziellen energetischen Fingerabdruck. Nur Licht mit ganz bestimmten Wellenlängen wird absorbiert und regt das Molekül zu Schwingungen oder Rotationen an. Welche Licht-Wellenlängen auf diese Weise absorbiert werden, ist von Molekül zu Molekül unterschiedlich.
Ganz besondere Laser, die Licht im mittleren Infrarot-Bereich aussenden, verwendet das Team von Prof. Bernhard Lendl am Institut für Chemische Technologien und Analytik der TU Wien. Es handelt sich um sogenannte Quanten-Kaskaden-Laser, die Lichtpulse mit genau den richtigen Wellenlängen und hoher Intensität aussenden können. Ein Laserpuls dauert weniger als eine Millionstelsekunde, doch bereits in dieser winzigen Zeitspanne erwärmt sich der Laser ein bisschen, wodurch sich auch die Wellenlänge des ausgesandten Lichts verschiebt. Wird der Laser richtig betrieben, können dadurch charakteristische Frequenzen des gesuchten Moleküls überstrichen werden. So kann man mit einem einzigen Laserpuls ein aussagekräftiges Mini-Spektrum des Moleküls aufnehmen.
Zwei verschiedene Laser werden im neu entwickelten Messgerät verwendet, einer maßgeschneidert für Stickstoffmonoxid, der andere für Stickstoffdioxid. Das Licht wird über eine längere, offene Strecke zu einem Spiegel geschickt, reflektiert, und von einem rasch ansprechenden, hochempfindlichen Detektor gemessen. Befinden sich Stickoxid-Moleküle in der Teststrecke, kann man aus der gemessenen Lichtintensität während eines Laserpulses ein Mini-Spektrum errechnen und so direkt auf die Konzentration der gesuchten Moleküle in der Luft schließen.
"Bei den meisten anderen Messmethoden müssen die Gase zuerst aufbereitet werden, eine unabhängige Detektion von NO und NO2 ist daher kaum möglich.", sagt Johannes Ofner (TU Wien). "Mit der von uns angewendeten Laserspektroskopie können die Moleküle sehr rasch und mit hoher Präzision einzeln gemessen werden." Hunderttausende Lichtpulse pro Sekunde geben die Laser ab. Selbst wenn man tausende Messungen mittelt, um die Genauigkeit zu erhöhen, kann man so hunderte Messwerte in der Sekunde erhalten. Die zeitliche Änderung der Stickstoffkonzentration lässt sich somit genau abbilden, das gelingt sogar auf große Distanzen - Laser und Detektor können bei dieser Methode auch hunderte Meter weit voneinander entfernt sein.
Tests an der Straße und im Kraftwerk
Das Forscherteam testete die Methode am Straßenverkehr in der Wiener Innenstadt, dabei konnte die Abgassignatur unterschiedlicher Motorentypen unterschieden werden. "Das Verhältnis von NO- zu NO2-Ausstoß kann von Motor zu Motor stark unterschiedlich sein", sagt Bernhard Lendl. "Wir können neben der Straße messen und bloß anhand der Laser-Absorption sagen, welches Auto gerade vorbeigefahren ist."
Auch im Schlot des Dampfkraftwerks Dürnrohr in Niederösterreich wurde gemessen. "Das war eine ganz besondere Herausforderung, weil wir es dort mit Wasserdampf zu tun hatten, den die Infrarot-Laserstrahlen nur schwer durchdringen können", sagt Bernhard Lendl. "Trotzdem gelang es uns auch dort sehr gut, die Konzentration von NO und NO2 direkt und in Echtzeit zu messen."
"Da praktisch alle kleinen Moleküle charakteristische Absorptionslinien in der Gasphase aufweisen, lässt sich die Technologie auch für andere Analyten und Aufgabenstellungen einsetzen", sagt Berhard Lendl. Anwendungsideen für die neue Messtechnik gibt es daher viele: Das Team der TU Wien ist bereits mit der Antriebstechnik-Firma AVL List im Gespräch, auch für eine Überwachung des Schiffsverkehrs könnte man die Laser-Methode nutzen. "Gerade Schiffe verwenden manchmal Treibstoffe, die zu recht schmutzigen Abgasen führen. Mit unserer Technik könnte man etwa quer über die Donau messen und den Schadstoffausstoß überwachen."
Quelle: Technische Universität Wien