14.08.2014
Impedanzspektroskopie für die Batteriediagnose in Elektrofahrzeugen nutzbar gemacht
Im Labor der Professur Mess- und Sensortechnik der Technischen Universität Chemnitz füllen sie halbe Schränke: Anlagen zur Impedanzspektroskopie, mit denen man unter anderem untersuchen kann, wie lange Batterien leistungsfähig sind. Der aktuelle Stolz der Elektrotechniker aber passt auf eine zehn mal fünf Zentimeter große Leiterplatte - den Chemnitzer Forschern ist es gelungen, die bisher Platz raubende Technik in handliches Format zu bringen und damit die Anwendung der Impedanzspektroskopie zur Batteriediagnose in Elektrofahrzeugen zu ermöglichen. Das kleine und preiswerte System kann künftig eine wesentlich bessere Ausnutzung der Batterieleistung ermöglichen. Es ist für alle Batterietypen anwendbar.
Regelmäßige Diagnose statt ungenauer Prognose
Bislang werden Batterien vor der Benutzung umfangreich im Labor charakterisiert. Es werden Daten erhoben, die für einen Batterietyp charakteristisch sind, und diese werden im Batteriemanagementsystem hinterlegt. Der aktuelle Zustand und die verbleibende Lebensdauer werden im Betrieb nicht neu gemessen, sondern auf Basis der vorab gespeicherten Daten prognostiziert. Einflüsse der Fahrweise und der Umweltbedingungen bleiben ebenso außen vor wie das individuelle Verhalten jeder einzelnen Batterie. "Dieses Verfahren ist ungenau und wenig zuverlässig, deshalb werden vorsichtshalber mehr Batteriezellen ins Auto eingebaut, als man eigentlich brauchen würde. Die Ausnutzung der Batterien kann noch deutlich gesteigert werden", sagt Thomas Günther von der Professur Mess- und Sensortechnik. Die Impedanzspektroskopie ermöglicht nun eine Diagnose während des Betriebs. "Sie soll im Rahmen des Ladevorgangs ablaufen und dauert nur fünf Minuten", so Günther.
Bei der Impedanzspektroskopie wird die zu untersuchende Batterie mit einem variierenden Strom angeregt. Die sich einstellende Batteriespannung wird mit dem anregenden Strom zur Impedanz verrechnet und erlaubt Rückschlüsse auf das Innenleben der Batterie. "Bei einer Impedanzspektroskopie im Labor hat man leistungsfähige Geräte mit großem Speicher zur Verfügung und kann hochwertige Signale erzeugen. Außerdem kann ein Ingenieur die Messungen überwachen. Diese Technik ist sehr genau und für unterschiedliche Anwendungen weit verbreitet", sagt Prof. Dr. Olfa Kanoun, Inhaberin der Professur Mess- und Sensortechnik. Sie verdeutlicht: "Unsere Herausforderung bestand nun darin, eine Lösung auf einen Chip mit begrenztem Speicher und Rechenleistung zu bringen, wobei wir keine Signalgeneratoren und nicht unendlich viel Zeit für die Diagnose haben. Die Autoindustrie wünscht sich Lösungen, die klein und preisgünstig, aber gleichzeitig robust sind und möglichst wenige Komponenten benötigen." Den Chemnitzer Wissenschaftlern ist es gelungen, die Signalerzeugung so effizient zu gestalten, dass die Messung für viele Frequenzen gleichzeig möglich wird und dabei die Batterie selbst die Stromquelle ist.
Präzise Messgeräte für Laboranwendugnen sind sehr kostenintensiv. Im Gegensatz dazu soll die neue Hardware rund 10 Euro kosten. "In der Automobilindustrie, in der in sehr hohen Stückzahlen kalkuliert wird, zählt bei solchen Bauteilen jeder Cent", sagt Prof. Kanoun. Zudem ermöglicht die Impedanzspektroskopie eine Untersuchung jeder einzelnen Zelle einer Batterie. Durch die per Impedanzspektroskopie erlangten Messergebnisse können die Batterien besser ausgenutzt werden - dadurch entstehen gleich mehrere Chancen: "Die Lebensdauer der Batterie kann verlängert werden oder die Reichweite des Elektroautos erhöht. Oder die Batteriesysteme werden kleiner und preiswerter. Wie die Ergebnisse des Messsystems genutzt werden, ist die Entscheidung des Systemdesigners - wir liefern ihm mit unserer Lösung mehr Gestaltungsspielraum", erklärt Günther.
Auszeichnung bei internationalem Symposium
Für internationale Aufmerksamkeit hat die Chemnitzer Entwicklung beim "10th International Symposium on Electrochemical Impedance Analysis 2014" in Bulgarien gesorgt. Thomas Günther erhielt hier für seinen Vortrag den "Best Presentation Award". "Dass wir als Ingenieure bei einer solchen Konferenz, die sich hauptsächlich an Chemiker richtet, diese Auszeichnung erhalten haben, ist eine ganz besondere Ehre", schätzt Kanoun ein.
Grundlagen für die Entwicklung lieferte die Chemnitzer Nachwuchsforschergruppe "Adaptive Antriebe für die Elektromobilität" (AdAntE), die vom Europäischen Sozialfonds und der Sächsischen Aufbaubank gefördert wird. Anwendungsbezogen vorangebracht wurde sie im Projekt "Smart-LIC", das Teil der European Green Cars Initiative ist. Neben der Professur Mess- und Sensortechnik der TU Chemnitz war auch das Fraunhofer-Institut für Elektronische Nanosysteme ENAS in Chemnitz und Paderborn an diesem Projekt beteiligt. Darüber hinaus sind am EU-Projekt neben großen Automobilzulieferern (Continental, KEMET/Manz AG) auch Halbleiterhersteller (ST-Microelectronics) sowie die Berliner Nanotest beteiligt.
Quelle: Technische Universität Chemnitz