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30.06.2024

03.03.2014

Leistungsfähige massenspektrometrische Analysemethode zur Detektion extrem schwerflüchtiger Moleküle entwickelt

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Schwebeteilchen in der Atmosphäre beeinflussen die Wolkenbildung, die Strahlungsbilanz der Erde und somit das Klima. Bislang war unklar, wie genau sich solche Aerosolteilchen aus den flüchtigen organischen Stoffen bilden, die von Bäumen und anderen Pflanzen in die Luft abgegeben werden. In internationaler Kooperation haben Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich mittels innovativer Analysetechnik das Rätsel gelöst. Sie entdeckten und charakterisierten extrem schwerflüchtige Dämpfe, die für das Wachstum der Schwebeteilchen bis auf eine klimawirksame Größe von 50 bis 100 Nanometern verantwortlich sind.

Die entdeckten extrem schwerflüchtigen Dämpfe (extremely low-volatile organic compounds, ELVOC) bestehen demnach aus relativ großen Molekülen, die nahezu genauso viel Sauerstoffatome wie Kohlenstoffatome enthalten und zudem reich an Wasserstoff sind. Die Wissenschaftler aus Deutschland, Finnland, den USA und Dänemark erklären plausibel und gestützt durch zahlreiche experimentelle Befunde, wie sich diese Dämpfe nahezu unmittelbar bilden, wenn Monoterpene und andere Pflanzenemissionen in die Atmosphäre gelangen. Die Dämpfe können sich anschließend auf Aerosolpartikeln niederschlagen, die in der Luft schweben und typischerweise 3 Nanometer klein sind. Die Partikel wachsen dadurch auf rund 100 Nanometer an - eine Größe, in der sie als Kondensationskeim zur Wolkenbildung beitragen oder einfallendes Sonnenlicht in die Atmosphäre reflektieren.

Die Forscher haben damit eine bedeutsame Wissenslücke der Atmosphären- und Klimaforschung geschlossen. "Indem man nun viel besser versteht, wie Substanzen natürlichen Ursprungs in der Atmosphäre an der Bildung von organischen Aerosolteilchen mitwirken, kann man künftig ihren Einfluss auf Wolkenbildung und Sonnenlicht-Streuung und damit auf das Klima verlässlicher einschätzen", ist Dr. Thomas F. Mentel vom Bereich Troposphäre des Jülicher Instituts für Energie- und Klimaforschung überzeugt.

Die Ergebnisse beruhen wesentlich auf Messungen, die mittels einer neuen und besonders leistungsfähigen massenspektrometrischen Analysemethode in einer speziellen, 1450 Liter großen Glaskammer im Forschungszentrum Jülich durchgeführt wurden. Die APi-TOF-MS (Atmospheric Pressure interface Time-Of-Flight Massenspektrometrie) erlaubt es, die Masse von geladenen Teilchen - Ionen - äußerst präzise zu messen, sodass die Wissenschaftler auf die exakte atomare Zusammensetzung der Teilchen schließen können.

In einer Vorstudie hatten die Wissenschaftler in der Kammer untersucht, wie sich die Substanz, die Bäume mengenmäßig am meisten in die Atmosphäre emittieren - α-Pinen - in der Luft bei Anwesenheit von Ozon und Wasserdampf umsetzt. Dabei waren sie in den APi-TOF-Massenspektren auf Signale gestoßen, die auf Cluster von großen, sauerstoffreichen Molekülen mit natürlich in der Luft vorkommenden Nitrat-Ionen hinwiesen. Nahezu identische Signalmuster waren bei APi-TOF-Messungen in einer waldreichen Region in Finnland beobachtet worden. "Bei den Messungen, über deren Ergebnisse wir nun in ,Nature' berichten, haben wir künstlich erzeugte Nitrat-Ionen im API-TOF zugeführt und konnten auf diese Weise die gesamte Menge an ELVOC-Molekülen detektieren", erläutert Mentel.

Ein gutes Verständnis des Zusammenhangs zwischen Erhöhung der Bodentemperatur, Pflanzenemissionen, Aerosolentstehung und Wolkenbildung gilt unter Fachleuten als wesentlich, um die künftige Entwicklung des Klimas richtig vorherzusagen. "Unsere aktuellen Forschungsergebnisse können helfen, Computermodelle der Atmosphäre zu verbessern und vorhandene Unsicherheiten in der Klimaprognose zu verringern", sagt Prof. Andreas Wahner, Direktor des Instituts für Energie- und Klimaforschung, Bereich Troposphäre.

» Originalpublikation

Quelle: Forschungszentrum Jülich