30.08.2013
Neuartiger, hochempfindlicher Sensor für die Raman-Spektroskopie
Basierend auf Carbon Nanotubes hat ein Forschungsteam um ETH-Professor Hyung Gyu Park und US-Forscherin Tiziana Bond einen Sensor entwickelt, der die Empfindlichkeit von bestimmten Spektroskopieverfahren wie der Raman-Spektroskopie um ein Vielfaches erhöht. Diese Art von Sensor ermöglicht den Nachweis von Molekülen in allerkleinsten Konzentrationen.
Wissenschaftler der ETH Zürich und des Lawrence Livermore National Laboratory (LLNL) in den USA haben einen neuartigen Sensor für die so genannte oberflächenverstärkte Raman-Spektroskopie (engl. Surface Enhanced Raman Spectroscopy, kurz SERS) entwickelt. Dank seiner einzigartigen Oberflächenbeschaffenheit auf Nanoskala lässt der Sensor zuverlässigere, höchstempfindliche und kostengünstige Analysen zu.
In Experimenten mit dem neuen Sensor konnten die Forschenden eine organische Verbindung in einer Konzentration von wenigen hundert Femtomol pro Liter nachweisen. Ein Femtomol beinhaltet 60 Millionen Moleküle eines organischen Stoffes in einem Liter Lösung, was ungefähr 30 Billionstel eines Gramms dieses Stoffes entspricht. Damit ist der neue Sensor der ETH-Forscher rund 1000 Mal empfindlicher als bisherige SERS-Systeme, mit denen einige Millionstel Gramm einer organischen Substanz pro Liter detektiert werden konnten. Die Resultate einer Studie, die unter der Leitung von Hyung Gyu Park, Professor für Energietechnologie an der ETH Zürich, und Tiziana Bond vom LLNL durchgeführt wurde, erschienen diese Woche in der Fachzeitschrit "Advanced Materials" als Titelgeschichte.
Moleküle streuen Licht anders
Die Raman-Spektroskopie nutzt den Umstand, dass Moleküle, die mit Licht einer festen Wellenlänge bestrahlt werden, dieses "unelastisch" streuen. Die Streuung ist eng gekoppelt an die Vibrationen und Bewegungen, die das Licht in den Molekülen angeregt. Das von den Molekülen abgegebene Streulicht hat jedoch andere Frequenzen als das eingestrahlte Licht. Für jede untersuchte Substanz ergibt sich so ein spezifisches Frequenzspektrum wie eine Art Fingerabdruck. Dieses erlaubt es, einzelne Substanzen aufzuspüren und zu bestimmen. Um jedoch einzelne Moleküle untersuchen zu können, müssen die Frequenzsignale verstärkt werden. Dazu braucht es entweder eine hohe Konzentration des fraglichen Moleküls oder es muss sich nahe an einer metallischen Oberfläche befinden. Die Oberfläche verstärkt das Signal, was der Methode den Namen - Surface Enhanced Raman Spectroscopy - gab.
"Die Technik ist an sich seit Jahrzehnten in Gebrauch", sagt Ali Altun, Doktorand am Institut für Energietechnik in Parks Gruppe. Bei heutigen SERS-Sensoren sei die Signalstärke aber oft nur punktuell hoch genug, und die erzielten Resultate seien oft ziemlich schlecht reproduzierbar. Altun, Park und Bond setzten sich deshalb zum Ziel, ein Sensorsubstrat zu entwickeln, das die Signale des Raman-Streulichts massiv verstärkt.
Eine Oberfläche wie Spaghetti
Als Sensormaterial der Wahl erwiesen sich vertikal angeordnete, rasenartig dicht gepackte Kohlenstoffnanoröhrchen (Carbon Nanotubes, CNT). In der Vergangenheit hat die Gruppe von Park Techniken entwickelt, um dichte Wälder von CNTs gleichförmig und kontrolliert wachsen zu lassen. Diese Expertise sei eine der Hauptmotivationen gewesen, um die Nanoröhrchen als Basis für hochempfindliche SERS-Sensorsubstrate zu verwenden, sagt der ETH-Professor.
Die CNTs sind an ihrer Spitze stark gekrümmt. Die Forschenden beschichteten diese mit Hafniumdioxid, einem dielektrischen Isolationsmaterial, und Gold. Dadurch gleicht die Oberfläche des Sensors, der mit der Probe in Kontakt kommt, einem Teller voller Spaghetti, die von Sauce überzogen sind. Zwischen diesen Spaghetti ergeben sich jedoch zahlreiche Berührungspunkte sowie zufällig angeordnete Lücken, welche das von den Molekülen kommende Streulicht durchlassen.
"Eine Methode, um zu hochempfindlichen SERS-Sensoren zu kommen, ist, die Berührungspunkte von Metall-Nanodrähten auszunutzen", erklärt Park. Die Nano-Spaghettistruktur mit den metallüberzogenen CNT-Spitzen sei perfekt, um eine maximale Dichte solcher Berührungspunkte zu erhalten.
Tatsächlich sind die zahlreichen metallischen nanometergroßen Lücken für die extreme elektromagnetische Verstärkung verantwortlich. Viele andere Forschungsteams haben bisher versucht, die Oberfläche eines SERS-Sensors so zu strukturieren, dass möglichst viele solcher "hotspots" entstehen. "Unserer Gruppe ist es jedoch auf einfache Weise gelungen, eine Signal verstärkende Oberfläche zu erzeugen, welche reproduzierbare Messungen ermöglicht", ergänzt Tiziana Bond.
Der Sensor unterscheidet sich nicht nur durch seinen Aufbau von vergleichbaren ultraempfindlichen SERS-Sensoren, sondern auch durch seinen vergleichsweise billigen und unkomplizierten Herstellungsprozess sowie die äußerst große Fläche der dreidimensionalen Struktur, die ein einheitliches und intensives Signal erzeugt.
Durchbruch mit Doppelschicht
Die Forschenden beschichteten die Spitzen der CNT zu Beginn nur mit Gold. Erste Experimente mit Testmolekülen zeigten ihnen, dass dies die Nachweisgrenze nicht so weit senken konnte, wie es sich die Forschenden vorgestellt hatten. Schließlich fanden sie heraus, dass die Elektronen, welche auf der Oberfläche der Goldbeschichtung vorhanden sein müssen, um eine sogenannte Plasmonresonanz zu erzeugen, über die leitenden Kohlenstoffnanoröhrchen abfließen.
Die Forscher beschichteten deshalb die CNTs zuerst mit dem Isolationsmaterial Hafniumoxid, erst dann mit Gold. "Das war der Durchbruch", sagt Ali Altun. Dank der Isolationsschicht wurde der Sensor um den Faktor 100.000 empfindlicher bezüglich der molaren Konzentration. "Für einen Wissenschaftler ist dies ein Moment des Triumphs", pflichtet Park bei, "dies zeigte uns, dass wir die richtige Hypothese aufgestellt und die richtigen rationalen Schritte gemacht haben."
Industriepartner an Bord holen
Park und Bond möchten nun auch einen Schritt weitergehen und das Prinzip des von ihm und seinen Mitarbeitern entwickelten Produkts zur Marktreife bringen. Dafür suchen sie allerdings noch Industriepartner. Weiter möchte er die Empfindlichkeit des Sensors weiter verbessern.
Nicht zuletzt sucht der ETH-Professor nach Anwendungen. Er kann sich vorstellen, dass dieses in portablen Geräten eingebaut wird, etwa um chemische Verunreinigungen wie Umweltgifte oder Medikamentenrückstände in Gewässern vor Ort zu analysieren. Man müsse nicht ein neues Gerät erfinden, sondern könne einfach ihren neuen Sensor auf geeignete Weise einbauen, betont er. Weitere mögliche Anwendungen seien kriminaltechnische Untersuchungen oder militärische Zwecke, um beispielsweise chemische oder biologische Kampfstoffe frühzeitig aufzuspüren. Ebenso denkbar wären biomedizinische Anwendungen, wie beispielsweise die Überwachung des physiologischen Zustands eines Patienten sowie Schnelltest für Drogen oder Gifte.
Quelle: ETH Zürich