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28.09.2024

30.05.2012

Ein Nachtfalter als Wegweiser zur Detektion von Sprengstoffen in kleinsten Spuren

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Fühlersystem und Sinnesorgane des Nachfalters "Bombyx Mori", welcher einzelne Pheromonmoleküle (weibliche Hormone) detektieren kann, haben die Wissenschaftler des Labors NS3E (Nanomaterialen für Systeme unter extremen Belastungen- ISL-CNRS) bei der Konzeption ihres Sensors inspiriert, der winzige Spuren verschiedener Sprengstoffe detektieren kann. Selbst Konzentrationen von ca. 800 ppt (parts per trillions) TNT konnten mit einem nanostrukturierten Sensor mit Hilfe der Nano-Calorimetrie detektiert werden. Hierdurch konnte der Weg für die Entwicklung einer extrem empfindlichen Künstlichen Nase geebnet werden. Die Arbeiten werden am 29. Mai 2012 in "Angewandte Chemie" veröffentlicht.

Der Sensor besteht aus einem Mikrocantilever, auf dem etwa 500 000 Titandioxid-Nanoröhrchen angereiht sind, die alle zusammen eine sehr große Oberfläche ergeben, welche für die Detektion ausschlaggebend ist. Hierdurch konnte der Weg für die Entwicklung einer extrem empfindlichen Künstlichen Nase geebnet werden.Im Bereich Sprengstoffdetektion ist dies ein wirklicher Durchbruch, aber auch für den Umweltschutz bietet sich hier die Möglichkeit, geringste Spuren gewisser organischer Umweltgifte zu detektieren, im Bereich der zivilen Sicherheit sind zahlreiche Einsatzmöglichkeiten denkbar.

Die wirksame Detektion von Sprengstoffen wie Trinitrotoluen (TNT) ist eine große Herausforderungen. Die einzelnen Bestandteile sind sehr flüchtig, für eine Detektion auf Distanz sind extrem empfindliche Sensoren nötig. Aktuelle Systeme können Konzentrationen in der Größenordnung von 1 ppb (ein Molekül pro 10 hoch 9 Moleküle Luft) möglich, eine Leistung, die z.B. für Sicherheitseinrichtungen in Flughäfen unzureichend ist. Hingegen haben viele Tiere einen Geruchssinn, der weit geringere Spuren erschnüffeln kann. Dazu gehört der Bombyx mori oder Seidenspinner. Er kann selbst einige wenige Pheromon-Moleküle erspüren. Seine Antennten bestehen aus kaum millimeterfeinen Fäden, auf welchen eine große Anzahl Sensillen sitzt, kleinste Fasern im Mikrometerbereich, die direkt mit den Sinnesneuronen verbunden sind. Diese Struktur wollten die Wissenschaftler nachahmen.

Das von ihnen entwickelte System besteht aus einem 200µ langen und 30µ breiten Mikro-Cantilever aus Silizium. Dieser Träger wurde mit ungefähr 500 000 Titandioxid-Nanotubes bestückt, die vertikal dort aufgereiht sind. Mit diesen Nanostrukturen soll die Oberfläche des Mikro-Cantilevers um den Faktor 100 vergrößert werden und die Wahrscheinlichkeit, die gesuchten Moleküle zu erfassen, erheblich erhöht werden. Das Vibrieren des Mikro-Hebels ist der Test, um festzustellen, ob TNT-Spuren in der Umgebungsluft enthalten sind und ob Moleküle durch die Vorrichtung erfasst wurden. Dieser Mikrohebel hat eine eigene Schwingungsfrequenz, die spezifische verändert wird, wenn ein Sprengstoffmolekül absorbiert wird.

Zur Überprüfung der Leistung dieses Sensors haben die Wissenschaftler sehr geringe Mengen TNT kontrolliert freigesetzt. Sie konnten dabei nachweisen, dass die Empfindlichkeit des Systems bei 800 ppq (800 Moleküle pro Billion Moleküle (10 hoch 15) liegt. Kein Gerät ist zur Zeit in der Lage so geringe Konzentrationen von Sprengstoffen nachzuweisen. Dies ist eine ähnlich hohe Empfindlichkeit wie die speziell ausgebildeter Hunde.

Weitere wissenschaftliche Untersuchungen sind noch erforderlich, um ein leicht handhabbares Gerät auf der Grundlage dieser nanostrukturierten Mikro-Cantilever zu entwickeln . Eine nächste Etappe wird die Konzeption eines Geräts sein, das jeweils den einzelnen Sprengstofftyp erkennen kann. Die Wissenschaftler möchten schon jetzt dieses System an die Detektion anderer Sprengstoffe anpassen wie Pentrit, welches in Europa ein ernstes Sicherheitsproblem darstellt. Die Methode könnte weiterhin zur Detektion gewisser leicht flüchtiger Drogen dienen. Im Bereich Umweltschutz könnte dieses bio-inspirierte Verfahren die Messung geringster Spuren von Umweltgiften wie flüchtiger organischer Substanzen ermöglichen, zur Zeit ein Haupt-Gesundheitsrisiko.

Quelle: idw / Deutsch-Französisches Forschungsinstitut Saint-Louis (ISL)