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30.06.2024

23.02.2010

Röntgenblitze bringen Licht in die Nanowelt

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So haben Forscher die Nanowelt noch nicht gesehen: Ein internationales Forscherteam hat einzelne Nanopartikel mit Röntgen-Lichtblitzen der LINAC Coherent Light Source (LCLS), des weltweit ersten Röntgen-Freie-Elektronen-Lasers (FEL) am SLAC National Accelerator Laboratory an der Universität Stanford abgebildet. Die in den Bildern enthaltene Information offenbart erstmals Details mit einer Auflösung im Bereich von millionstel Millimetern. Möglich wurden die ultra-schnellen Schnappschüsse dank einer Apparatur, die Max-Planck Forscher der Advanced Study Group (ASG) um Joachim Ullrich, Ilme Schlichting und Lothar Strüder entwickelt haben. Das CFEL ASG Multi Purpose (CAMP) Instrument erlaubt es den Forschern, die Signale der Experimente extrem schnell und präzise zu messen. Mit den Pionierversuchen des letzten Winters wird eine Hoffnung greifbar, die sich mit Röntgen FELs verbindet: Mit ihnen möchten Wissenschaftler nämlich die Architektur einzelner Viren oder Proteine aufklären.

Ließe sich das gesamte Sonnenlicht, das auf die Erde fällt mit einer Linse in einen Punkt mit einem Millimeter Durchmesser bündeln, wäre der Brennfleck immer noch nicht so intensiv wie ein Blitz der LINAC Coherent Light Source - des 500 Millionen Dollar teuren, vom US Department of Energy finanzierten, Freie-Elektronen-Lasers (FEL) im Nationalen Beschleunigerlabor SLAC an der Universität Stanford. Die Intensität seiner Röntgen-Pulse übersteigt damit diejenige des bislang stärksten Synchrotrons um das zehn Milliardenfache, bei tausendfach kürzeren Pulslängen. Davon versprechen sich Wissenschaftler grundlegend neue Einblicke in die Welt des Winzigen. Ein Lichtblitz der mehrere Kilometer langen LCLS könnte ihnen nämlich etwas über die Struktur einzelner Nanoteilchen wie etwa von Viren oder Proteinen verraten. Gewöhnlich entschlüsseln Biologen die Strukturen solcher Teilchen, indem sie daraus kleine Kristalle züchten und diese mit Röntgenlicht durchleuchten.

Mit Freie-Elektronen-Lasern wie der LCLS könnten sich die Strukturinformationen auch aus Partikeln kitzeln lassen, die sich herkömmlichen Strukturmethoden einschließlich der Röntgenstruktur-Analyse verweigern. Ein Großteil aller Biomoleküle - darunter viele, die als Zielmoleküle medizinischer Therapien in Frage kommen - lassen sich nämlich nicht als Kristalle züchten. Ein einzelnes Protein-Molekül aber liefert in der konventionellen Röntgenstrukturanalyse kein erkennbares Signal. Um auch von Einzelmolekülen messbare Signale zu erhalten, muss also die die Intensität der Röntgenstrahlung drastisch erhöht werden, wobei allerdings die Belichtungsdauer so kurz sein muss, dass der Röntgenpuls die Probe passiert, bevor es zu Strahlenschäden kommt. "Der Streuprozess muss also dem Strahlenschaden zuvorkommen, ihm sozusagen vorweg laufen", sagt Ilme Schlichting, Direktorin am Max-Planck-Institut für medizinische Forschung und eine der Wissenschaftlerinnen, die an der Umsetzung dieses Plans arbeiten.

Ob sich die Hoffnung der Forscher erfüllen wird, ist noch nicht ausgemacht. Denn die große Stärke des Röntgenlasers ist auch seine Schwäche: Mit seiner extrem hohen Intensität bildet der Strahl nicht nur den Aufbau der Moleküle ab, sondern zerstört sie auch, und zwar innerhalb von zehn Femtosekunden, also im Hunderttausendsten Bruchteil einer Milliardstel Sekunde. Fragt sich nur, ob die Teilchen vorher noch die Signale aussenden können, die etwas über ihre Struktur verraten. "Theoretische Studien deuten darauf hin, dass das funktioniert, wenn die Pulse des Lasers noch kürzer sind als der Zerfallsprozess", sagt Daniel Rolles von der ASG, der dieser Frage unter anderem nachgeht. Tatsächlich haben die Partner am LCLS die Dauer der Pulse inzwischen unter sieben Femtosekunden gedrückt. "Ob die theoretischen Voraussagen zutreffen, werden uns aber erst die Experimente verraten."

Quelle: Max-Planck-Gesellschaft