06.05.2008
Neue Professur: Forschung für Ersatz von Tierversuchen
Prof. Dr. Pablo Steinberg hat an der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover die W3-Professur für Lebensmitteltoxikologie und Ersatz-/Ergänzungsmethoden zum Tierversuch übernommen. Als Leiter des Instituts für Lebensmitteltoxikologie und Chemische Analytik wird er an der Entwicklung eines tierversuchsfreien Systems zur Prüfung von krebserregenden Substanzen arbeiten. Zudem wird er untersuchen, welche Rolle Stoffe, die bei der Zubereitung von Lebensmitteln entstehen, bei der Entstehung von Dickdarmkrebs spielen.
Bis zum Jahr 2012 müssen nach der Europäischen Chemikalienverordnung REACH aus dem Jahr 2007 rund 30.000 Alt-Chemikalien auf ihre mögliche Gefahr für Mensch und Umwelt getestet werden. Diese Altstoffe werden bereits seit Jahren verwendet, wurden aber noch nicht auf ihre Toxizität geprüft. Professor Steinberg arbeitet an der Entwicklung eines In-Vitro-Systems, mit dem solche Stoffe ohne Tierversuche auf ihre krebserregende Wirkung getestet werden können. Das System soll es ermöglichen, innerhalb von nur vier bis sechs Wochen eine Aussage über die mögliche krebserregende Wirkung eines Stoffes machen zu können. Bisher müssen diese Stoffe über zwei bis drei Jahre an Nagern wie Ratten oder Mäuse getestet werden. Die Chemikalien werden dafür an Zelllinien, die entweder von Tieren oder vom Menschen stammen, getestet. Nachdem gesunde Zellen in der Zellkultur mit dem zu testenden Stoff in Kontakt gebracht wurden, werden die Zellen untersucht. Weisen sie typische Merkmale von Tumorzellen auf, kann eine krebserregende Wirkung dieses Stoffes nicht ausgeschlossen werden. Solche Stoffe müssen in der Folge vorerst noch im Tier getestet werden. Das langfristige Ziel ist es aber, Tierversuche für solche Untersuchungen ganz zu vermeiden. Professor Steinberg erläutert: "Es ist schon ein großer Gewinn, nicht jede Substanz im Tierversuch testen zu müssen, sondern nur solche, die in der Zellkultur einen Hinweis auf die krebserregende Wirkung eines Stoffes liefern." Aufgrund der europäischen Rechtslage ist ein völliger Verzicht des Tierversuchs in diesem Zusammenhang bisher noch nicht möglich.
Bei seinen Arbeiten zur molekularen Erforschung von Dickdarmkrebs konzentriert sich Professor Steinberg auf mögliche krebserregende Substanzen aus Lebensmitteln. Diese sogenannten heterocyclischen aromatischen Amine (HCA) stehen seit den 1970er Jahren im Verdacht, Krebs auszulösen. Sie entstehen im Alltag bei der Zubereitung von Fleisch und Fisch. Bisher konnte aber nicht eindeutig nachgewiesen werden, ob sie für den Menschen wirklich schädlich sind. Es gibt in Deutschland jedes Jahr 70.000 neue Fälle von Dickdarmkrebs. Rund zehn Prozent werden vererbt, die restlichen 90 Prozent werden vermutlich durch Stoffe, die bei der Zubereitung von Lebensmitteln entstehen, ausgelöst. Für seine Untersuchungen nutzt Professor Steinberg auch hier Testsysteme, die ohne Tierversuche auskommen.
Professor Steinberg hat nach seinem Biochemie-Studium an der Universität Buenos Aires seine Promotionsarbeit im Fach Pharmakologie angefertigt. Im Oktober 1985 wechselte er an die Johannes Gutenberg-Universität Mainz, wo er mit einem Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung für zwei Jahre seine wissenschaftlichen Kenntnisse auf dem Gebiet der Toxikologie vertiefen wollte. Sein Professor in Mainz legte ihm damals nahe, eine wissenschaftliche Laufbahn einzuschlagen und aus den geplanten zwei Jahren in Mainz wurden 13. Während dieser Zeit war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter, habilitierte sich für das Fach Toxikologie und erhielt ein Heisenberg-Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Im Anschluss nahm er einen Ruf der Universität Potsdam auf die C4-Professur für Ernährungstoxikologie am Institut für Ernährungswissenschaft an, die er bis März 2008 innehatte.
Quelle: idw / Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover