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02.07.2024

07.03.2006

Fortpflanzungsschädigende Chemikalien in Medikamenten: Strengere EU-Chemikaliengesetzgebung gefordert

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Viele in Deutschland auf dem Markt befindliche Medikamente enthalten fortpflanzungsschädigende Chemikalien. Darauf wies heute der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) mit Verweis auf Untersuchungen von Ökotest und des ARD-Magazins Plusminus hin. Ökotest fand in 52 von 67 rezeptpflichtigen und apothekenpflichtigen bzw. frei verkäuflichen Medikamenten Dibutylphthalat (DBP). Diese Chemikalie wurde von der EU als fortpflanzungs- und erbgutschädigend eingestuft und bereits in Spielzeug- und Babyartikeln sowie in Kosmetika verboten. Studien belegen zudem ihre hormonelle Wirksamkeit. Das Fernsehmagazin Plusminus stellte eine bis zu 63-fache Überschreitung der EU-Grenzwerte für DBP bei der Einnahme von pflanzlichen Erkältungsmitteln fest.

BUND-Bundesgeschäftsführer Gerhard Timm: "Besonders schockierend ist, dass Medikamente die DBP enthalten auch für Schwangere empfohlen werden, neben Erkältungsmitteln zum Beispiel Eisenpräparate. Gerade für die Föten kann dies schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben. Doch diese Ergebnisse sind nur die Spitze des Eisberges unserer täglichen Belastung durch gefährliche Chemikalien, die in Produkten vom Computer bis zum Regenmantel enthalten sind. Der Gesetzgeber muss hier endlich tätig werden und dafür sorgen, dass diese Chemikalien endlich vom Markt verschwinden."

Erforderlich sei eine strenge europäische Chemikaliengesetzgebung. Da ab Juli die zweite Lesung der neuen Chemikalienverordnung REACH (Registrierung, Evaluierung und Autorisierung von Chemikalien) anstehe, versuche die Chemieindustrie derzeit vehement, den vorliegenden Gesetzesentwurf zu verwässern. Unter anderem wolle sie erreichen, dass hormonell wirksame Chemikalien weiter vermarktet werden dürften. Die Bundesregierung müsse sich von ihrem bisherigen industriefreundlichen Kurs verabschieden und sich für eine striktere, die Gesundheit schützende Chemikaliengesetzgebung einsetzen. Diese müsse den verbindlichen Ersatz von gefährlichen Chemikalien durch vorhandene ungefährliche Alternativen festschreiben. Auch für DBP - das in Kapselhüllen von Medikamenten eingesetzt wird, damit sich die Inhaltsstoffe des Medikaments nicht im Magen sondern erst im Dünndarm auflösen - gäbe es bereits Alternativen.

Quelle: Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)