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02.07.2024

13.05.2004

Deutsche Biotech-Branche weiter auf Konsolidierungskurs

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Im Jahr 2003 setzte sich die Konsolidierung in der deutschen Biotech-Branche fort: Bei den wichtigen Kennzahlen - Mitarbeiter, Umsatz, Ausgaben für Forschung und Entwicklung - ist gegenüber dem Jahr 2002 ein weiterer Rückgang zu verzeichnen. Auch die Zahl der Biotechnologie-Unternehmen in Deutschland ist gesunken: von 360 auf 350. Es zeichnen sich jedoch auch positive Entwicklungen ab: Die Verluste der Branche sind erstmals rückläufig. Zudem wurde die Produkt-Pipeline gestärkt und das erste Produkt einer deutschen Biotech-Firma zugelassen. Insgesamt ist der von vielen erwartete massive Einbruch in der deutschen Biotech-Branche ausgeblieben.

Zu diesen Ergebnissen kommt der fünfte deutsche Biotechnologie-Report, den Ernst & Young heute in Berlin vorgestellt hat. Für die Studie wurden deutsche "Core-Biotech-Unternehmen" untersucht, die ausschließlich moderne Methoden der Biotechnologie entwickeln oder anwenden.

Die Zahl der Beschäftigten ging um 14 Prozent auf 11.535 zurück - im Vorjahr hatte der Rückgang sieben Prozent betragen. Der Gesamtumsatz sank um fünf Prozent auf 960 Millionen Euro.

Im Jahr 2003 gingen in Deutschland insgesamt 24 Unternehmen in die Insolvenz oder wurden aufgelöst. Zehn Unternehmen wurden aufgekauft beziehungsweise fusioniert. Dem standen 23 Neugründungen gegenüber.

"Der von vielen erwartete massive Einbruch in der deutschen Biotech-Branche hat nicht stattgefunden", kommentiert Alfred Müller, Vorstandsmitglied von Ernst & Young in Deutschland und zuständig für den Bereich Health Sciences, die Lage der Branche. "Wir werten die zu beobachtende Konsolidierung als einen Prozess der Gesundschrumpfung. Dazu zählen Kostensenkungsmaßnahmen, die Personalreduzierungen ebenso wie Reduzierung der Aufwendungen für Forschung und Entwicklung umfassen." Zudem seien einige kostenintensive Entwicklungsvorhaben zurückgestellt worden.

Nachdem bereits im Jahr 2002 die Ausgaben für Forschung und Entwicklung um 11 Prozent auf 1.090 Millionen Euro gesunken waren, haben die Unternehmen im Jahr 2003 diesen Ausgabenbereich weiter reduziert - um 11 Prozent auf 966 Mio. Euro. Insgesamt sind die Ausgaben für Forschung und Entwicklung aber immer noch höher als der Umsatz, den die Branche erzielt. Die Zahl der Mitarbeiter in diesem Bereich sank überdurchschnittlich stark um 16 Prozent auf 6.120.

Da sich die deutsche Biotech-Branche in einem relativ frühen Entwicklungsstadium befindet, ist die Geschäftstätigkeit nach wie vor zwangsläufig mit hohen Anfangsverlusten verbunden. Im Jahr 2003 betrug der Verlust insgesamt 549 Mio. Euro. Das ist ein Rückgang um 17 Prozent gegenüber dem Jahr 2002 - erstmals in der Geschichte der deutschen Biotech-Industrie hat sich damit der Verlust der Branche im Vergleich zum Vorjahr verringert. Dies zeigt, dass die Unternehmen vor dem Hintergrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage Anstrengungen unternommen haben, ihre Kosten zu kontrollieren und ihre "Burn Rate" zu senken.

Andererseits hat die Generierung von kurzfristigen Umsätzen an Bedeutung gewonnen. So haben viele Unternehmen begonnen, ihre Geschäftsmodelle entsprechend anzupassen: Der Anteil der Unternehmen, die neben der Produktentwicklung auch Dienstleistungen anbieten, ist von 36 auf 50 Prozent gestiegen.

Der Anteil der sehr kleinen Biotech-Unternehmen ist im Jahr 2003 weiter gestiegen: 80 Prozent der Biotech-Unternehmen beschäftigten weniger als 30 Mitarbeiter - im Jahr 2002 lag dieser Wert noch bei 77 Prozent. "Die deutsche Biotech-Industrie versucht durch Verschlankung die dürren Jahre zu überstehen. Dennoch ist fraglich, ob bei fortgesetztem Mitarbeiterabbau mittelfristig eine stabile Industrie aufgebaut werden kann," gibt Müller zu bedenken.

Der große Durchbruch bei der Entwicklung von marktreifen Wirkstoffen lässt zwar weiter auf sich warten, allerdings stellt die Zulassung des Krebsmedikaments Eligard der Firma MediGene - und damit die erste Zulassung eines Produkts einer deutschen Biotech-Firma - einen wichtigen Meilenstein dar. Insgesamt ist die Zahl der Produkte, die sich in der Entwicklungspipeline befinden, von 178 auf 202 gestiegen. In der klinischen Prüfung - also in den Phasen I bis III oder in der Zulassung - befinden sich 69 Wirkstoffe - im Vorjahr waren es 61.

Quelle: Ernst & Young