29.04.2003
Komplizierte Betriebsanleitungen gefährden Menschenleben
Komplizierte deutsche Betriebsanleitungen gefährden Menschenleben. So lautet das vorläufige Ergebnis eines Forschungsvorhabens des Berufsgenossenschaftlichen Instituts für Arbeitsschutz (BIA) in Sankt Augustin in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Technikjournalismus der Fachhochschule Bonn / Rhein-Sieg. Die Technik um uns herum wird immer komplizierter und ist meist nicht mehr intuitiv zu bedienen. Besonders dramatisch macht sich dies bemerkbar, wenn von der korrekten Installation und Bedienung technischer Geräte Leben und Gesundheit von Menschen abhängen. Deswegen wollen die Forscher ein Konzept erarbeiten, mit dem Bedienungsanleitungen für potentiell gefährliche Geräte wie zum Beispiel Industrieroboter so aufbereitet werden können, dass sie auch gelesen werden.
Untersuchungen von Unfällen und Beinaheunfällen mit komplexen Fertigungssystemen in der Industrie haben gezeigt, dass Handbücher mit einem Umfang von 50 Seiten und mehr auch im Bereich der Sicherheitstechnik selten komplett durchgelesen werden, bevor diese Maschinen zum Einsatz kommen.
Dem Motto "Das Wichtigste auf einen Blick" folgend schlagen die Forscher vor, jedem technischen Gerät, dessen Fehlbedienung Leib und Leben gefährden kann, ein Plakat beizulegen, auf dem die wichtigsten sicherheitsrelevanten Informationen grafisch dargestellt werden. Ergänzend zu dieser ersten Information sollte den Geräten nach Meinung der Forscher ein kurzer Film beigelegt werden, der, illustriert durch entsprechende Animationen, die richtige Benutzung anschaulich darstellt. Diese Beigaben können eine Betriebsanleitung zwar nicht ersetzen, aber als Appetitanreger neugierig auf die möglichst knapp gehaltenen Informationen in der Betriebsanleitung machen. Neben klassischen Verbesserungsvorschlägen - Einsatz von visuellen Hilfsmitteln, Erhöhung der Übersichtlichkeit durch Stichwortverzeichnis, Glossar, Index und einer zielgerichteten Strukturierung der Information - sollte die bei komplexen Maschinen und Anlagen in der Regel erforderliche Steuerungssoftware den Benutzer bei seiner Entdeckungsreise durch die Betriebsanleitung an die Hand nehmen. In einem Dialog zwischen Software und Benutzer erhält der Anwender geradezu spielerisch die erforderlichen Informationen. "Technische Information ist in Deutschland", so gesteht der Projektleiter Dr. Dietmar Reinert vom Berufsgenossenschaftlichen Institut für Arbeitsschutz, "oft wenig spannend dargestellt. Dies muss nicht so sein, wie uns unsere Nachbarn in Frankreich gezeigt haben. Dort werden häufig Comics eingesetzt, um technische Sachverhalte anschaulich zu machen. Je komplexer die Technik wird, um so unkonventionellere Lösungen müssen wir finden, um sie dem Anwender verständlich zu machen. Warum sollte es nicht möglich sein, die wesentlichen Informationen über ein Kreuzworträtsel oder eine Simulation, bei der nackte Formeln in Bilder umgewandelt werden, spielerisch zu vermitteln?" Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens sollen ein erster Schritt sein, bei der Gestaltung von Betriebsanleitungen umzudenken und neue unkonventionelle Wege zu gehen. "Ziel muss es sein", so Dietmar Reinert, "eine Betriebsanleitung aufgelockert und, wenn irgend möglich, spannend wie einen Krimi zu schreiben."
Quelle: Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitsschutz