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Analytik NEWS
Das Online-Labormagazin
16.07.2025

05.06.2025

Diffusor-Technologie - Kleines Streuelement, große Wirkung

Jürgen P. Weißhaar, opsira GmbH


Es sind oft die kleinen, unscheinbaren Dinge, die für die Funktionsweise von Geräten entscheidend sind. Das gilt für Alltagsgegenstände wie Smartphones, über hinterleuchtete Tasten im Auto bis hin zu komplexen optischen Systemen wie Photometern, Radiometern, Spektrometern und Pyranometern. Sie alle enthalten einen Diffusor, der für die lambertsche Streuung von Licht maßgeblich ist.

Im Auto sorgt der Diffusor dafür, dass die Tasten bei Dunkelheit gleichmäßig leuchten, das Smartphone passt dank Messung des Umgebungslichts die Hintergrundbeleuchtung an. In der Lichttechnik sowie in der optischen Sensorik ist ein Diffusor allerdings nicht nur "nice to have", sondern elementar wichtig.

Um korrekte Ergebnisse zu erzielen, kommt es deshalb maßgeblich darauf an, dass der verwendete Diffusor absolut präzise und rein ist und eben lambertsch streut, sodass die beleuchteten Flächen für das menschliche Auge aus allen Beobachtungsrichtungen annähernd gleich hell erscheinen.

Der Frühling bricht sich seine Bahn, nur in gewissen Skiregionen liegt und fällt noch Schnee. Dieser natürliche Diffusor wird mit steigenden Temperaturen immer seltener, ohnehin braucht es in der Lichttechnik aber verlässlichere Materialien - die aber im Verhalten dem von frisch gefallenem Schnee gar nicht so unähnlich sind: Um die Bestrahlungs- oder Beleuchtungsstärke zu messen, wird ein Radio- oder Photometer verwendet, dessen Sensor die Strahlung oder das Licht aus dem gesamten Halbraum detektiert und gleichmäßig streut.

Die Fotodiode allein kann das Licht ab einem gewissen Einfallswinkel nicht mehr einfangen, weshalb ein Cosinus-Diffusor eingesetzt werden muss, der das einfallende Licht gleichmäßig abgibt und daher nahezu ideal lambertsch arbeitet - so wie eine Fläche aus Neuschnee auch immer gleichmäßig weiß und hell erscheint. Der Diffusor "vergisst" dabei sozusagen komplett die Einfallsrichtung. Es kommt in der Lichttechnik und optischen Sensorik allerdings ganz wesentlich auf die jeweiligen Eigenschaften eines Diffusors an.

Quarzgläser stechen Bariumsulfat und PTFE aus

Für die Lichttechnik gibt es nur einige wenige Materialien, die die lambertsche Streuung ermöglichen. In der Reflexion zum Beispiel kommt Bariumsulfat zum Einsatz, für transmissive Diffusoren wird häufig Polytetrafluorethylen (PTFE) verwendet. Der Nachteil: Bariumsulfat lässt sich nicht absolut gleichmäßig auf die Materialien streichen und funktioniert nur in Reflexion, PTFE ist sehr hitzeempfindlich, zerkratzt leicht und neigt unter UV-Strahlung zu Fluoreszenz. Hochwertige Quarzgläser, wie beispielsweise das von der IQS GmbH im thüringischen Ilmenau entwickelte diffusil, haben diese Nachteile hingegen nicht.

opsira diffusil
Abb.1: Diffusor aus diffusil
So ist der Werkstoff diffusil bis 1.000 °C einsetzbar, robust und unempfindlich - auch bei der Verwendung von Säuren - und streut bereits ab einer Stärke von wenigen Zehntel Millimetern lambertsch. Erhältlich ist das Material in unterschiedlichen Dotierungen von 300, 500, 1.000 oder 2.000 Millionen Bläschen pro Kubikzentimeter. Bei der Auswahl des Quarzglases empfiehlt es sich, darauf zu achten, dass die Bläschen, die als Streuzentren innerhalb des Diffusors dienen, homogen verteilt und gleich groß sind - sie sollten möglichst klein sein, um das einfallende Licht optimal zu streuen.

Das Material muss möglichst rein sein und darf keine OH-Gruppen mehr enthalten. Bei diffusil werden diese während der Produktion mit Chlorgas ausgewaschen. Der Gehalt der OH-Gruppen wird so auf nahezu null gesenkt und die Gläser erreichen dadurch eine hohe Transmission. Optische Diffusoren mit einer solchen Mikrostruktur ermöglichen eine optimale lambertsche Streuung in einem weiten Wellenlängenbereich von UV- bis IR-Strahlung und genaue Ergebnisse in der Lichttechnik.

Hochwertige optischen Diffusoren sind für diverse Anwendungsbereiche ein Gewinn. In der Spektroskopie sind sie notwendig, um die spektrale Bestrahlungsstärkeverteilung präzise zu messen; auch in Smartphones sind Spektraldetektoren verbaut, damit die Geräte die Hintergrundbeleuchtung für eine nutzerfreundliche Bedienung automatisch und unmerklich an das Umgebungslicht anpassen. Für Photometer, Radiometer und Pyranometer sind Diffusoren ebenfalls unerlässlich - und je besser das Material, desto besser sind die Messergebnisse.

Anwendung im Automobilsektor

In der Automobilindustrie spielen Diffusoren z.B. in der LiDAR-Anwendung eine Rolle. LiDAR (Light Detection and Ranging) ist ein optisches Messverfahren, das mittels Laserstrahlen präzise Informationen über die Entfernung und Struktur von Objekten in der Umgebung liefert. Dabei sendet ein LiDAR-System kurze Lichtimpulse aus, die von Oberflächen reflektiert und vom Sensor wieder empfangen werden. Aus der Laufzeit der reflektierten Strahlen berechnet das System die exakte Distanz zu den angestrahlten Punkten.

Durch die kontinuierliche Erfassung zahlreicher Messpunkte entsteht eine hochauflösende 3D-Punktwolke, die zur detailgetreuen Erfassung von Landschaften, Gebäuden oder technischen Objekten genutzt werden kann. LiDAR kommt unter anderem in der autonomen Fahrzeugnavigation, der Geodäsie, der Industrieautomatisierung sowie im Umweltmonitoring zum Einsatz und überzeugt durch seine hohe Messgenauigkeit auch bei schwierigen Lichtverhältnissen oder komplexen Strukturen.

Im Labor werden Diffusor-Targets aufgebaut, um zu messen, wie die LiDAR-Sensoren eines Fahrzeugs die Laser-Impulse aussenden bzw. wie die Objekte diese zurückstrahlen. Dies ist wichtig, damit das Fahrzeug im Straßenverkehr später zuverlässig Geschwindigkeit und Abstand messen und automatisiert halten kann. Auch in der Medizintechnik werden hochreine Quarzgläser als Diffusoren eingesetzt. Sie sind ungiftig und können sie bedenkenlos in den menschlichen Körper eingebracht werden. In der Bestrahlung von Tumoren sorgen diese Diffusoren dafür, dass die Strahlung präzise und gleichmäßig abgegeben wird.

Vielversprechende Weiterentwicklungen und Trends

Die Entwicklung der Diffusoren geht unermüdlich weiter. Hersteller arbeiten derzeit an Materialien, die noch geringer dotiert sind. Neben den bisherigen Dotierungen von 300, 1.500 und 2.000 Millionen Bläschen/cm³ soll es künftig auch Diffusoren mit geringerer Dotierung geben, um das Streuverhalten weiter zu optimieren. Weitere Trends in der Photonik-Branche sind neben dem Werkstoff diffusil die Materialien Verusil und Zerosil. Verusil ist ein glasklares Quarzglas für optische, analytische und technische Anwendungsbereiche, Zerosil ist absolut absorbierend und wird beispielsweise für Strahlfallen oder Neutral-Dichte-Filter verwendet.

Solche Quarzgläser werden in der Regel nicht vom Hersteller direkt verkauft, sondern über Vertriebspartner. Für die jeweilige Lichtstreuungswendung, die passenden Messsysteme, Prüfstände und Ausstattungen für Lichtlabore sollten zudem immer die individuellen Anforderungen des Anwenders im Vordergrund stehen.

Fazit

Diffusoren spielen eine essenzielle Rolle in der optischen Sensorik, Lichttechnik und vielen anderen Anwendungsbereichen - von Smartphones über Automobiltechnik bis hin zur Medizintechnik. Besonders hochwertige Quarzgläser bieten im Vergleich zu anderen Materialien entscheidende Vorteile: Sie sind hochrein, hitzebeständig, dicht, resistent und ermöglichen selbst bei geringem Materialeinsatz eine präzise lambertsche Streuung. Die kontinuierliche Weiterentwicklung in diesem Bereich führt zu immer leistungsfähigeren Diffusoren mit optimierten Materialeigenschaften. Für Unternehmen ist es allerdings wichtig, nicht nur das richtige Material zu wählen, sondern auch auf maßgeschneiderte Lösungen für ihre spezifischen Anforderungen zu setzen.


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