Charakterisierung des biologischen Abbaus von Azofarbstoffen am Beispiel von DRIMARO sowie des sonochemischen Abbaus von ausgewählten perfluorierten Tensiden
Ohrem, Jochen - Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (2013)
Im Rahmen dieser Arbeit wurden Untersuchungen sowie Bewertungen zum Einsatz von Verfahren zur Behandlung von industrierelevanten, aktuell problematischen, höhermolekularen, organischen, teils stark persistenten und bioakkumulierbaren Stoffe in Wasser durchgeführt. Es wurden ausgewählte perfluorierte Tenside sonochemisch behandelt und der Abbau wurde mit 19F-NMR-Messungen verfolgt.
Der industrierelevante Disazofarbstoff DRIMARO wurde in einem anaerob-aerob Bioreaktor behandelt, um den Abbaumechanismus mechanistisch zu untersuchen und zur Ermittlung technischer Parameter des Abbauprozesses. Für die sonochemische Behandlung wurde der Versuchsstand bezüglich Leistungseintrag und Radikalbildungsrate bei 378kHz charakterisiert. Es wurde ermittelt, dass pro Watt akustischem Leistungseintrag (Pac) bei Pac=64W etwa 0,045 µMol/ LminW und bei Pac=134W etwa 0,079 µMol/ LminW [OH]-Radikale erzeugt werden. Behandelt wurden die Stoffe PFOA, PFOS und PFBA jeweils mit Konzentrationen von 0,5mMol/L. Für alle Substanzen konnte ein Abbau festgestellt werden, der einer Kinetik nullter Ordnung folgt. PFBA war bei Pac=134W am besten abbaubar, und es wurde eine Halbwertszeit von 81min bestimmt. Die Kohlenstoffkettenlänge hat bei der Untersuchung der Carbonsäuren, abhängig von der Intensität, einen Einfluss auf die Abbaubarkeit. Die Carbonsäure PFOA hat bei gleichen Bedingungen eine wesentlich kürzere Halbwertszeit als die Sulfonsäure PFOS. Das deutet darauf hin, dass die perfluorierten Sulfonsäuren bei Frequenzen mit mehr pyrolytischem Einfluss stärker abgebaut werden können. Des Weiteren konnte festgestellt werden, dass die Einstellung des pH-Wertes auf 9,0 einen deutlichen Effekt auf die Abbaurate hat und die Halbwertszeit wesentlich geringer als ohne pH-Wert Einstellung (pH 3,3) ausfällt. Bei dem roten Stoffgemisch DRIMARO (Δmax 552nm) handelt es sich um drei ähnliche Reaktivfarbstoffe mit zwei Chlor-Triazinresten als Reaktivanker, die sich in der Anzahl der Sulfonsäuregruppen unterscheiden. Mit einer optimierten LC-MS-Methode erfolgte die chromatographische Trennung und mit einer Kombination aus positiver und negativer Elektrospray-Ionisierung konnten Ionen der verschiedensten Art massenspektroskopisch erfasst werden. Theoretische Reaktionsmechanismen wurden hergeleitet und Metabolite für die anaerobe und anschließende aerobe Behandlung konnten prognostiziert werden.
Es wird darauf geschlossen, dass unter anaeroben Bedingungen der erste Reaktionsschritt die Öffnung der Azokupplung ist. Das bestätigt sich, und es entstehen ein Molekül mit der Masse 952g/mol sowie zwei verschiedene Naphtalinsulphonsäuren, NDSS (303g/mol) und NYS2.1 (223g/mol). Der Stoff mit der Masse 952g/mol wird reduziert zu substituierten Naphtalinen mit der Masse 338g/mol und zu Triazinen mit verschiedenen Resten. Der Abbau des Stoffes DRIMARO ist in der Batch Behandlung von 0,5mMol/Reaktorvolumen nach 12 Tagen zu über 95% erfolgt. Im UV-Vis Bereich wurden ausschließlich die massenspektroskopisch identifizierten Intermediate NDSS (303g/mol) und NYS2.1 (223g/mol) detektiert. Massenspektroskopisch sind außerdem Triazine, die im UV-Vis Bereich keine Anregung zeigen, nachweisbar. Die kontinuierlichen Versuche zeigen, dass die Intermediate, die durch die Spaltung der Azobrücken entstehen, die Stoffe mit den molaren Gewichten 947 sowie 474 g/mol sind. Das belegt, dass der erste Schritt unter anaeroben Bedingungen die Öffnung der Azokupplung ist. In der anschließenden aeroben Behandlung des Filtrats des anaeroben Behandlungsschritts werden die Stoffe NDSS (303g/mol) und NYS2.1 (223g/mol) sowie verschiedene Triazine nachgewiesen. Diese Stoffe sind im Behandlungsverfahren weder anaerob noch aerob abbaubar. Im aeroben Reaktor ist die Öffnung von Doppelbindungen einiger Triazine erfolgt. Mithilfe der zyklischen Voltammetrie wurde für DRIMARO und andere Azofarbstoffe die erste Reduktionsstufe, die Öffnung der Azobindung, bei -0,23 V ermittelt. Mit Hilfe der Zyklovoltammogramme konnte eine Abhängigkeit der Reduktionsstufe vom pH-Wert festgestellt werden. Sie liegt bei pH-Wert 5,0 bei -160mV, bei pH 7,0 bei -250mV und bei pH 9,0 bei -230mV.