09.11.2023
Was steckt in der Batterie der Zukunft?
Die Empa-Forschungsgruppe von Maksym Kovalenko entwickelt innovative Materialien für die Akkus von morgen. Ob schnell aufladbare Elektroautos oder günstige Stromspeicher: Für jede Anwendung finden sie ein vielversprechendes Material oder ein neuartiges Herstellungsverfahren.
Was macht eine gute Batterie aus? Ist es ihre Kapazität? Wie schnell sie lädt? Oder doch ihr Preis? Die Antwort hänge davon ab, wo die Batterie zum Einsatz kommt, sagt Empa-Forscher Kostiantyn Kravchyk. In der Gruppe "Functional Inorganic Materials", die von Maksym Kovalenko geleitet wird und Teil des Empa-Labors "Thin Films and Photovoltaics" ist, entwickelt der Wissenschaftler neue Materialien, um die Batterien von morgen leistungsfähiger und schneller, oder eben günstiger zu machen.
Zwei Einsatzbereiche von wiederaufladbaren Batterien sind für die Energiewende ausschlaggebend: Einerseits die Elektromobilität, andererseits sogenannte stationäre Speicher, die Strom aus erneuerbaren Energiequellen wie Wind und Sonne speichern. Akkus für Elektroautos müssen kompakt und leicht sein, eine hohe Kapazität haben und sich so schnell wie möglich aufladen. Stationäre Batterien dürfen mehr Platz in Anspruch nehmen. Wirtschaftlich sind sie aber nur dann, wenn sie möglichst wenig kosten.
Keine einfache Aufgabe
Im Grunde genommen besteht jede Batterie aus einer Kathode, einer Anode und einem Elektrolyten. Bei herkömmlichen Lithium-Ionen-Akkus besteht die Anode aus Graphit, die Kathode aus einem Mischoxid von Lithium und anderen Metallen, etwa Lithium-Kobalt(III)-Oxid. Der Elektrolyt leitet die Lithium-Ionen von der Kathode zur Anode und zurück, je nachdem, ob die Zelle gerade aufgeladen oder entladen wird.
Wenn es um Akkus für Elektromobilität geht, ist eine möglichst hohe Energiedichte erwünscht. "Mit einer Anode aus reinem metallischem Lithium anstelle von Graphit könnten wir in einer gleich großen Zelle ein Vielfaches an Energie speichern", sagt Kravchyk. Allerdings wird das Lithium beim Laden und Entladen der Zelle nicht gleichmäßig ab- und wieder aufgetragen. Es kommt zur Bildung von sogenannten Dendriten: verzweigten Strukturen aus metallischem Lithium, die die Batterie kurzschließen können.
Eine Möglichkeit, das Wachstum von Dendriten zu verlangsamen, ist die Verwendung von festen Elektrolyten. Bei sogenannten Festkörperakkus leitet anstatt einer Flüssigkeit eine feste Materialschicht die Lithium-Ionen von der Kathode zur Anode und zurück.
Die Ansprüche an das Elektrolytmaterial sind allerdings hoch. "Man spricht davon, Batterien innerhalb von zehn bis fünfzehn Minuten aufzuladen", erklärt Kravchyk. "Das bedingt eine sehr hohe Stromdichte, bei der selbst in Festkörperbatterien Dendriten entstehen." Die Stromdichte ist das Verhältnis der Stromstärke zur Fläche, durch die der Strom fließt. Eine weitere Gefahr: Durch die ungleichmäßige Ab- und Auftragung von Lithium bilden sich an der Grenze zwischen Elektrode und festem Elektrolyt Hohlräume, die die verfügbare Fläche reduzieren und die Stromdichte noch weiter erhöhen.
Ein Material, zwei Schichten
Im Rahmen der Fraunhofer-Förderlinie ICON ("International Cooperation and Networking") haben Kravchyk und weitere Empa-Forschende nun einen vielversprechenden Feststoffelektrolyten weiterentwickelt. Das Material, Lithium-Lanthan-Zirkon-Oxid, kurz LLZO, besitzt eine hohe Ionenleitfähigkeit und chemische Stabilität - ideale Eigenschaften für den Einsatz in Batterien.
"Wir haben LLZO zu einer zweischichtigen Membran verarbeitet, die aus einer dichten und einer porösen Schicht besteht", sagt Kravchyk. Lagert man in den Poren Lithium ein, entsteht eine sehr große Kontaktfläche zwischen dem Lithium und dem Elektrolyten, und die Stromdichte bleibt gering. Die dichte Schicht stellt sicher, dass keine Dendriten zur anderen Elektrode wachsen und einen Kurzschluss verursachen können. Und auch an die Wirtschaftlichkeit haben die Forschenden gedacht: Sie haben ein einfaches, kostengünstiges und skalierbares Verfahren entwickelt, um die zweischichtigen Membranen herzustellen.
Günstiges Eisen statt teurem Kobalt
Einen ganz anderen Ansatz verfolgten die Forschenden in einem Projekt, bei dem es um die stationäre Speicherung von erneuerbaren Energien ging. "Die mit Abstand wichtigste Metrik beim stationären Speicher ist der Preis", erklärt Kravchyk. Die heute vereinzelt verwendeten Batterien für stationäre Speicherung basieren auf der Lithium-Ionen-Technologie und sind vergleichsweise teuer. "Deshalb wird der Großteil des Speicherbedarfs noch immer durch Pumpspeicherkraftwerke gedeckt, obwohl sie verglichen mit Batterien eine sehr niedrige Energiedichte haben", fährt der Forscher fort.
Einer der größten Kostentreiber für stationäre Batterien sind die verwendeten Materialien. Neben Lithium sind dies bei Lithium-Ionen-Akkus Kobalt und Nickel, die für die Herstellung der Kathode benötigt werden. Die Suche nach besseren Materialien für die Kathode führte die Forschenden schnell zu einem der häufigsten Elemente der Erdkruste: Eisen.
Für ihre Kathode kombinierten die Forschenden das günstige Metall mit Fluorid. Genauer gesagt verwendeten sie Eisen(III)-hydroxyfluorid. "Bisherige Ansätze, eine Batterie auf Basis von Eisenfluoriden zu machen, setzten auf chemische Konversion", erklärt Kravchyk. Dabei wandelt man die Eisen-Ionen in metallisches Eisen um. "Dieser Prozess ist nicht sehr stabil", weiß der Forscher. "Im Idealfall wandern die Ionen einfach von einem Pol zum anderen, ohne große strukturelle Veränderungen zu durchlaufen."
Eine Herausforderung für die Forschenden, denn eigentlich haben Fluoride eine schlechte Leitfähigkeit, sowohl für Elektronen als auch für Lithium-Ionen. Doch Kravchyks Team hat die Lösung: Mittels eines einfachen und kostengünstigen Verfahrens haben sie ihr Eisen(III)-hydroxyfluorid in eine spezielle Kristallstruktur gebracht. Diese sogenannte Pyrochlor-Struktur enthält in ihrem Inneren Gänge, die Lithium-Ionen leiten. "Wir konnten mit unserer Batterie eine vergleichbare Leistung zu einem deutlich tieferen Preis erzielen", sagt Kravchyk. "Wir sind überrascht, dass bis jetzt kaum jemand erforscht hat, wie man dieses vielversprechende Material kostengünstig herstellen könnte."
Quelle: Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa)