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28.09.2024

03.12.2020

Sililonkautschuk ohne edelmetallhaltige Katalysatoren vulkanisieren

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Silikone haben sich im privaten und im professionellen Bereich bewährt. Damit aus dem flüssigen Vorprodukt das elastische und haltbare Polymer wird, benötigt man jedoch in vielen Fällen teure Edelmetalle als Katalysatoren. Einem Forschungsteam der Technischen Universität München (TUM) und des Münchner WACKER-Konzerns ist es nun gelungen, einen Vernetzungsprozess zu entwickeln, der ohne Edelmetalle auskommt.

Als Silikone bezeichnet man synthetische Polymere, die aus einem anorganischen und durch organische Reste modifizierten Silicium-Sauerstoff-Grundgerüst bestehen. Vor der Verwendung wird das Silikon durch chemische Vernetzung in einen gummielastischen Zustand überführt.

Von den industriell genutzten Verfahren hat vor allem die Additionsvernetzung große Bedeutung, da der Vernetzungsprozess keine Spaltprodukte freisetzt und die Herstellung von besonders hochwertigen Silikon-Elastomeren ermöglicht. Das Verfahren hat allerdings einen Nachteil: Die zur Vernetzung benötigten Katalysatoren enthalten Edelmetalle wie etwa Platin, was die Herstellung relativ teuer macht. Zudem verbleiben die Edelmetalle dauerhaft im Silikon.

Gespannte Ringe statt Edelmetall

Einen vielversprechenden Ansatz zur Lösung dieses Problems hat nun ein Forschungsteam unter der Leitung von Professor Bernhard Rieger, Inhaber des WACKER-Lehrstuhls für Makromolekulare Chemie, und Dr. Richard Weidner, zuständig für die Organosilicium-Forschung am Consortium für elektrochemische Industrie, der zentralen Forschungsstätte des WACKER-Konzerns, gefunden.

Den Wissenschaftlern gelang es erstmals, Silikonkautschuke ohne edelmetallhaltige Katalysatoren zu vulkanisieren. Statt der sonst üblichen Vernetzer verwendeten sie dazu Silikonbausteine, die Siliran-Einheiten enthalten.

Silirane sind gespannte und damit reaktive Dreiringe. Sie bestehen aus einem Silicium- und zwei Kohlenstoff-Atomen, die unter Ringöffnung direkt mit geeigneten funktionellen Gruppen ohne Freisetzung von Nebenprodukten reagieren oder durch thermische beziehungsweise photochemische Aktivierung sogenannte Silylene erzeugen können.

Diese hochreaktiven Verbindungen können wiederum mit allen funktionellen Gruppen und Synthesebausteinen reagieren, die bei der Herstellung von Silikonkautschuk üblicherweise eingesetzt werden. Je nach Art der Aktivierung und Wahl der Ausgangsverbindungen lassen sich somit Silikone mit siliranhaltigen Vernetzern auf unterschiedlichen Wegen vernetzen.

Hohe Reinheit

Im Labor konnten die Forscher des WACKER-Instituts nun mit ausgewählten Silikonformulierungen zeigen, dass eine Vernetzung des Silikonkautschuks auf diese Weise möglich ist. Die Endeigenschaften werden dabei allein durch die Wahl der Ausgangsprodukte und deren Mischungsverhältnis bestimmt.

Die auf diese Weise hergestellten Silikonelastomere zeichnen sich durch eine sehr hohe Reinheit aus. Sie enthalten weder flüchtige Substanzen noch Spuren von Edelmetallen. "Das gilt vor allem für Elastomere, die mittels einer Ringöffnung vernetzt wurden. Solche Silikone sind insbesondere für medizinische Einsatzzwecke oder als Vergussmaterialien für die Elektroindustrie geeignet", sagt Bernhard Rieger.

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Quelle: Technische Universität München