27.12.2017
Verbindung aus Münster als "Molekül des Jahres" nominiert
Wissenschaftlern um Prof. Dr. Günter Haufe vom Organisch-Chemischen Institut der WWU ist eine besondere Anerkennung zuteilgeworden: Die Fachzeitschrift "Chemical & Engineering News" (C&EN) hat ein in seiner Arbeitsgruppe synthetisiertes Molekül auf die Liste der sieben interessantesten und wichtigsten im Jahr 2017 synthetisierten Verbindungen gesetzt. Das Molekül mit dem Namen Nortricyclentriol ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit mit dem Chemieunternehmen Merck, Darmstadt. Synthese und Eigenschaften der Verbindung hatten die Wissenschaftler in der Zeitschrift "Angewandte Chemie" vorgestellt.
Die sieben "coolsten" Verbindungen des Jahres 2017 - Was macht ein Molekül interessant und wichtig?
Dafür gibt es mehrere Kriterien. Zum Beispiel ist es besonders interessant, wenn es sich bei einem neuen Molekül um den ersten Vertreter einer neuen Verbindungsklasse handelt. Spannend ist auch, wenn das Molekül mit einer neuen Synthesemöglichkeit hergestellt wurde - also mit einer neuen Methode, Molekülteile miteinander zu verknüpfen. Das fehlende erste Glied in einer Reihe von Verbindungen herzustellen, ist auch etwas Besonderes. Und es kann auch "cool" sein, ein besonders ästhetisches Molekül zu kreieren - zum Beispiel eines, dass eine bestimmte Symmetrie besitzt, ein Kriterium, das auch in der darstellenden Kunst eine wichtige Rolle spielt.
Nortricyclentrio zeichnet sich dadurch aus, dass es ein besonders ästhetisches symmetrisches Molekül ist. Bei jeder Drehung um 120 Grad um eine Symmetrieachse kommt es mit sich selbst zur Deckung. Mit dieser C3-Symmetrie sind besondere Eigenschaften verbunden. Es ist beispielsweise gut als sogenannter Dotierstoff für Flüssigkristalle geeignet, die für LCD-Bildschirme eingesetzt werden können. Für das Molekül wurde ein diesbezügliches Patent erteilt. BDie entwicklung des Moleküls dauerte mehrere Jahre. Es ist häufig ein langer Weg von der ersten Idee bis zur fertigen Struktur im Reagenzglas.
Synthesechemiker haben ein grundlegendes Interesse an neuen Molekülen. Sie wollen in Neuland vordringen, neue Eigenschaften hervorbringen. Das ist das eigentliche Anliegen der Grundlagenforschung: die Grenzen unseres Wissens zu erweitern. Dabei spielt auch eine Rolle, die eigenen Möglichkeiten und Fähigkeiten zu testen und zu entwickeln. Man muss vieles ausprobieren - dabei gibt es oft unerwartete Ergebnisse, und die können das eigentlich Interessante sein.
Wozu braucht man so viele neue Moleküle?
Unter den zahllosen Verbindungen, beispielsweise in der Entwicklung von Pharmawirkstoffen, die synthetisiert werden, sind nur wenige mit den gewünschten Eigenschaften. Und diese wiederum müssen in langwierigen Testverfahren ihre Tauglichkeit zum Erreichen eines konkreten Ziels beweisen, und letztendlich dürfen sie nicht toxisch oder anderweitig schädlich sein. Am Computer kann man abschätzen, welche Moleküle geeignet sein könnten. Aber der Computer kann die Synthese und die realen Tests nicht ersetzen.
Als Chemiker hat man während des Studiums und während der Promotion und Habilitation viele Methoden der Synthese kennengelernt und selbst entwickelt. Man hat zudem Erfahrung gewonnen, aus der Molekülstruktur - das heißt, aus der Art der Verknüpfung der Atome - Vorhersagen über die Eigenschaften des Stoffes zu machen. Die Kombination dieses Wissens führt zu einem Syntheseplan für ein bestimmtes Zielmolekül.
Junge Chemiker - in der Regel Masterkandidaten und Doktoranden - versuchen dann im Labor, diesen Plan Schritt für Schritt zu realisieren. Das gelingt in den seltensten Fällen im ersten Versuch. Das Wissen der erfahrenen Forscher, kombiniert mit der Kreativität des wissenschaftlichen Nachwuchses, führt in der Regel zum Ziel: Die Hypothese wird entweder bewiesen oder stellt sich als nicht zutreffend heraus.
» Abstimmung:" coolest molecule reported in 2017"
Quelle: Universität Münster