19.12.2016
Neue Kontrastmittel lassen tief blicken
Forscher am Helmholtz Zentrum München haben gemeinsam mit Kollegen der Technischen Universität München zwei molekulare Sensoren entworfen, die ihnen erlauben, Konzentrationsänderungen des wichtigen Botenstoffs Kalzium im Körperinneren sichtbar zu machen. Zwei Publikationen im Fachmagazin 'Analytical Chemistry' beschreiben die neuen Möglichkeiten, die Anwendung in verschiedenen medizinischen Bereichen finden könnten.
Wenn Ärzte und Wissenschaftler lebendes Gewebe untersuchen möchten ohne den Körper zu öffnen, machen sie Gebrauch von modernen Bildgebungsverfahren. Dabei ist die Eindringtiefe jedoch oft begrenzt, denn durch die starke Streuung von Licht verliert sich das Signal nach einer gewissen Distanz.
Fortschritte bringen sowohl verbesserte Messgeräte als auch die entsprechenden Kontrastmittelsensoren, die biologische Prozesse in Signale übersetzen, die die Wissenschaftler auslesen können. Unter der Leitung von Prof. Dr. Gil Gregor Westmeyer hat ein Team um die Erstautoren Dr. Anurag Mishra und Dr. Giorgio Pariani am Helmholtz Zentrum München nun in den beiden Arbeiten zwei neue Kontrastmittelsensoren beschrieben. Sie sollen in Zukunft erlauben, Konzentrationsänderungen des zentralen Signalmoleküls Kalzium tief im Gewebe mittels Magnetresonanztomographie beziehungsweise Optoakustischer Bildgebung zu beobachten.
Bei letzterer erwärmen Laserimpulse das Zielgewebe lokal, was zu dessen kurzzeitiger Ausdehnung führt und in der Folge Ultraschallsignale erzeugt. Diese erfassen die Wissenschaftler dann mit einem entsprechenden Detektoren und 'übersetzen' sie in dreidimensionale Bilder - ganz ohne Strahlenbelastung. "Um aber Kalziummoleküle sichtbar zu machen, die etwa bei neuronaler Aktivität in das Nervenzellinnere strömen, bedurfte es eines Tricks", erklärt Studienleiter Westmeyer. "Wir konnten ein Molekül entwickeln, was gezielt an Kalziumionen bindet und dabei seine Farbe - sein Absorptionssprektrum - ändert", so der Wissenschaftler weiter. "Mit diesem Molekül bekommen wir also immer dann eine Signaländerung auf dem Bildschirm, wenn sich die Kalziumkonzentration verschiebt."
Auch ihr zweites Molekül betrachten die Wissenschaftler als vielversprechend: Dabei handelt es sich ebenfalls um einen Bindungspartner für Metallionen, Struktur und Einsatzmöglichkeiten sind aber andere. "Für diesen Ansatz verwenden wir ein etwas aufwändigeres Verfahren", erläutert Studienleiter Westmeyer. "Das Molekül, das wir verwenden, ist mit C13-Kohlenstoffatomen markiert und wird vor der Anwendung zusätzlich hyperpolarisiert." Mit diesem Begriff bezeichnet der Mediziner ein Verfahren, das verwendet wird, um den Kernspin von Atomen zu synchronisieren, was letztlich zu besonders starken Signalen im Magnetresonanztomographen (MRT) führt. Die Bindung von Kalzium an das hyperpolarisierte Molekül verändert die Frequenz mit der dieses im MRT schwingt, ähnlich wie ein Ton der auf einem Seiteninstrument erklingt. Zink, ein weiteres biomedizinisch wichtiges Metallion, das zum Beispiel zusammen mit Insulin ausgeschüttet wird, erzeugt einen anderen Ton. "Durch die Hyperpolarisation des neuen Kontrastmittelsensors sind wir in der Lage, die Sichtbarkeit von Kalzium und ähnlichen Ionen um den Faktor zehn bis hundert zu erhöhen", beschreibt Westmeyer die Verbesserung. "Mögliche Anwendungsfelder sehen wir unter anderem in der kardiovaskulären und neurowissenschaftlichen Forschung."
Quelle: Helmholtz-Zentrum München (HZM)