16.10.2015
Neue Klasse molekularer Motoren nutzt Sonnenlicht als Treibstoff
Im Labor designte Moleküle, die auf externe Reize gezielte Bewegungen ausführen, sind essentielle Bauteile für zukünftige Nanomaschinen: Als molekulare Motoren können sie zugeführte Energie nutzen und in mechanische Bewegungen umwandeln. Viel versprechende Kandidaten für derartige Motoren sind Moleküle, die unter Lichteinfluss ihre Struktur ändern. "Bisherige lichtgetriebene molekulare Motoren funktionieren aber nur mit sehr energiereichem UV-Licht, das die restlichen Maschinenbestandteile oder die Arbeitsumgebung schädigen kann. Das limitiert ihre Einsatzfähigkeit sehr", sagt Dr. Henry Dube vom Department Chemie der LMU. Dube gelang nun ein entscheidender Fortschritt: Mit seinem Team entwickelte der Chemiker eine neue Klasse molekularer Motoren, die mit weniger energiereichem und daher unschädlichem sichtbaren Licht als Treibstoff auskommen.
Basis des neu entwickelten molekularen Motors ist das Molekül Hemithioindigo. Hemithioindigo ist ein Photoschalter, der aus zwei unterschiedlichen Kohlenwasserstoff-Molekülen zusammengesetzt ist, die über eine chemische Doppelbindung miteinander verbunden sind. Unter Lichteinfluss verändert Hemithioindigo seine Struktur und rotiert dabei um die zentrale Doppelbindung. Im Unterschied zu bisherigen molekularen Motoren reicht dem neuen Hemithioindigo-Motor energieärmeres sichtbares Licht für diese Rotation - die dabei noch äußerst schnell abläuft: Bei Raumtemperatur dreht sich das Molekül etwa 1000 Mal pro Sekunde - und zwar nur in eine Richtung, wie die Wissenschaftler zeigen konnten. "Wie gut der Motor funktioniert, hat uns selbst überrascht, denn es ist bekannt, dass viele molekulare Motoren nicht vollständig in eine Richtung rotieren, sondern zu einem gewissen Anteil auch rückwärts laufen", sagt Dube. "Dass es uns beim Design eines solchen komplexen Moleküls gelungen ist, auch die Bewegungsrichtung zu 100 Prozent zu kontrollieren, ist wirklich erstaunlich."
Die Möglichkeit, sichtbares Licht als Energiequelle zu nutzen, eröffnet molekularen Motoren ein viel breiteres potenzielles Einsatzgebiet als bisher. "Es ist aber noch eine großer Schritt, molekulare Motoren in komplexere Nanomaschinen zu integrieren und so auch komplexere Funktionen als die hier gezeigte gerichtete Rotation anzutreiben", sagt Dube. "Das Fernziel ist die Miniaturisierung von künstlichen Maschinen auf die Größenordnung von Molekülen. Mithilfe solcher Nanomaschinen ließe sich eine einzigartige Präzision bei der Bearbeitung oder Veränderung von Materie erreichen, die für viele Forschungsgebiete ganz neue Möglichkeiten eröffnen würde."
Quelle: Universität München