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08.11.2024

03.12.2013

Vom Speisepilz zum maßgeschneiderten Biokatalysator

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Aromaten sind Kohlenwasserstoffe, die in der chemischen und pharmazeutischen Industrie jedes Jahr im Megatonnenmaßstab eingesetzt werden. Prof. Dr. Dietmar A. Plattner, Dr. Klaus Piontek und Eric Strittmatter vom Institut für Organische Chemie der Universität Freiburg ist es nun gelungen, die Struktur eines Enzyms aufzuklären, das Aromaten selektiv nur mithilfe von Wasserstoffperoxid aktivieren kann. Die Struktur dient als Basis, um die Funktionsweise des Enzyms auf molekularer Ebene im Detail zu verstehen. In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern vom Internationalen Hochschulinstitut der Universität Dresden in Zittau und von der Hochschule Lausitz in Senftenberg hat das Team die Ergebnisse dieser Arbeiten jetzt in der Fachzeitschrift "Journal of Biological Chemistry" veröffentlicht. Die Forscher um Plattner hoffen, mit diesem Katalysatorsystem zukünftig eine Alternative zu den oft energie- und abfallintensiven Methoden der Industrie bereitzustellen.

Das Enzym mit dem Namen AaeAPO gehört zur Gruppe der so genannten aromatischen Peroxygenasen, kurz APOs. Es wird aus dem bekannten Speise- und Kulturpilz Agrocybe aegerita, dem Südlichen Ackerling - auch Pioppino genannt - gewonnen. Die biologische Rolle des Enzyms ist noch nicht geklärt: Es dient vermutlich als eine Art "extrazelluläre Leber" des Pilzes und ist für den Abbau schädlicher Substanzen verantwortlich. AaeAPO kann beispielsweise krebserregende Aromaten wie Methylimidazol umsetzen und deren Giftigkeit und Löslichkeitseigenschaften nachhaltig verändern.

APOs wirken als Katalysatoren bei der chemischen Modifikation von Aromaten durch Wasserstoffperoxid, das heißt, sie machen diese chemische Reaktion möglich. Wasserstoffperoxid, ein aus Alltagsanwendungen bekanntes Bleichmittel, ist günstig herstellbar. Das ist einer der Gründe dafür, dass APOs attraktive Katalysatoren für schwierige chemische Synthesen sind. Zu ihren weiteren positiven Eigenschaften gehören hohe Löslichkeit sowie die Stabilität bei verschiedenen pH- und Temperaturwerten. Zusätzlich weisen APOs einen hohen Grad an Selektivität auf, was bedeutet, dass sie Sauerstoffatome aus Wasserstoffperoxid an genau definierten Stellen im Molekül einbauen. Dabei sind sie den industriell eingesetzten Cytochrom-P450-Monooxygenasen deutlich überlegen. Diese verlieren außerdem als Katalysatoren schneller ihre Enzymaktivität als APOs und funktionieren nur in zellulärer Umgebung, was ihre industrielle Anwendung erschwert.

Die Arbeitsweise von AaeAPO hängt unmittelbar mit seiner Struktur zusammen: Das Enzym besitzt eine für aromatische Substrate, also von AaeAPO umsetzbare Verbindungen, passende Bindungstasche, die nach dem Prinzip eines Spannrings die Substratmoleküle fixiert. Dadurch kann ein in das Enzym eingebettetes Häm-Molekül, bekannt aus dem roten Blutfarbstoff, ein Sauerstoffatom auf den Aromaten übertragen. Dieser Vorgang läuft in wässriger Umgebung und bereits bei Raumtemperatur effizient ab, also unter Bedingungen, bei denen die enzymfreie Reaktion niemals stattfindet. Durch gezielte Modifikation der Bindungstasche können zukünftig die katalytischen Eigenschaften des Enzyms verändert werden, um zum Beispiel das Substratspektrum zu variieren. AaeAPO wird so zum Prototyp einer ganzen Familie maßgeschneiderter Biokatalysatoren, die auf verschiedenen Gebieten eingesetzt werden können.

» Originalpublikation

Quelle: Universität Freiburg