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03.11.2024

07.08.2013

Kristalle können hüpfen

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Nicht nur lebende Wesen sind in der Lage, sich fortzubewegen, auch kleine Kristalle können rotieren oder regelrechte Sprünge vollführen. Wissenschaftler aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und Russland haben Kristalle, die bei Bestrahlung mit Licht in Bewegung geraten, systematisch unter die Lupe genommen. In der Zeitschrift Angewandte Chemie stellen sie die erste quantitative kinematische Analyse dieses als photosalienten Effekt bezeichneten Phänomens vor.

Bei Bestrahlung mit UV-Licht springen, rotieren und rollen mikrometer- bis millimetergroße Kristalle der Cobalt-Koordinationsverbindung [Co(NH3)5(NO2)]Cl(NO3) und legen dabei Distanzen zurück, die mehr als 1000mal größer sind als sie selbst. Warum tun sie dies? Der Nitrit-Ligand (NO2) ist normalerweise über sein Stickstoffatom an das zentrale Cobalt-Ion des Komplexes gebunden. Bei Bestrahlung löst sich diese Bindung, der Ligand dreht sich ein Stück und bindet dann stattdessen mit einem seiner Sauerstoffatome. Diese Isomerisierung erzeugt eine Spannung im Kristall, die durch Bewegungen und Brüche abgebaut wird. Die Kristalle hüpfen und können sogar explodieren.

Das Team um Pance Naumov (New York University Abu Dhabi) und Elena V. Boldyreva (Russische Akademie der Wissenschaften und Staatliche Universität Nowosibirsk) hat diesen Effekt jetzt systematisch mit einer an ein Mikroskop montierten Hochgeschwindigkeitskamera analysiert. Die Wissenschaftler unterscheiden folgende Phänomene:

  1. Eine Spaltung des Kristalls in zwei etwa gleich große Stücke
  2. das Absplittern kleinerer Bruchstücke
  3. eine Explosion des Kristalls
  4. eine Fortbewegung ohne sichtbare Abspaltungen oder Abheben von der Unterlage
  5. Rollen oder Hüpfen.

Daraus resultieren zum Teil komplexe Bewegungsmuster des Kristalls bzw. seiner Bruchstücke.

Die zurückgelegte Distanz hängt von der Länge und Intensität der Bestrahlung ab. Die Kristalle springen erst nach einer gewissen Latenzzeit, in der sich offensichtlich eine Spannung aufbaut, die sich bei Erreichen eines Schwellenwerts auf einmal entlädt. Kleinere Kristalle fangen früher zu hopsen an als größere. Interessanterweise bestimmt die Bestrahlungsstärke auch den Typ des Effekts. Mittlere Stärken lösen vor allem Rollen und Hüpfen aus, höhere Abspaltungen von Bruchstücken, bis die Kristalle bei sehr starker Bestrahlung vornehmlich in zwei gleich große Stücke gespalten werden.

Die Wissenschaflter sind überzeugt, dass den Effekten ein kooperativer Mechanismus zugrunde liegt. Durch die Drehung einzelner Liganden treten kleine intramolekulare Störungen auf, die sich vermutlich über das Netz von Wasserstoffbrückenbindungen zwischen den Ionen innerhalb des Kristallgerüsts ausbreiten und verstärken. Dieses Bindungsnetz wirkt wie eine Feder, die durch die Bestrahlung aufgezogen wird und durch die Bewegung oder Kristallspaltung wieder relaxiert. Die Steifigkeit der "Federn" wurde in exakten Einkristall-Brechungsexperimenten bestimmt, bei denen die Proben hohem Druck ausgesetzt wurden.

Diese Umwandlung von Lichtenergie in eine mechanische Bewegung könnte für das Design von Materialien interessant sein, die die Bewegung von Tieren oder dynamischen technischen Bauteilen nachahmen können, etwa in Nanomaschinen.

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Quelle: Angewandte Chemie