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30.06.2024

12.12.2012

Nanokristalle machen Materialversagen vorhersehbar

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Ein feiner Riss in einem Metallrad verursachte das bisher verheerendste Zugunglück in Deutschland, 1998 in Eschede. Das Problem: Schäden im Material lassen sich von außen kaum erkennen. Wissenschaftlern gelang es jetzt, Materialermüdung sichtbar zu machen: Sie stellten ein neues Kunststoffmaterial her, das unter hoher Belastung aufleuchtet.

Materialermüdung rechtzeitig zu erkennen ist eine technisch schwierige Aufgabe, denn Risse oder Schwachstellen im Inneren eines Materialblocks können von außen kaum erkannt werden. Wären Materialschäden frühzeitig erkennbar, könnten jedoch desaströse Unfälle verhindert werden - zum Beispiel das ICE-Unglück in Eschede 1998, das durch einen Riss in einem Metallrad verursacht wurde. Noch schwieriger ist es, Materialschäden in Kompositmaterialien festzustellen.

Ein Forschungsteam hat gezeigt, dass die Stabilität von Kunststoffkompositen, denen eine bestimmte Form von Zinkoxid beigemischt ist, mithilfe von Lichteinstrahlung von außen bestimmt werden kann. Das neue Konzept könnte zahlreiche ingenieurtechnische Probleme lösen, da Kunststoffkomposite vom Fahrzeugbau bis hin zur Medizintechnik verbreitet sind und gezielt für Hochbelastungsanwendungen entwickelt werden. Die Wissenschaftler der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und der Technischen Universität München (TUM) veröffentlichten ihre Ergebnisse nun im Fachjournal Advanced Materials.

"Die Lumineszenz von mikrostrukturierten Zinkoxid-Tetrapoden ist eine etablierte aber äußerst interessante Eigenschaft, die sich unter mechanischer Belastung verändert. Uns wurde schnell klar, dass man damit innere Materialschäden sichtbar machen könnte", sagt Dr. Yogendra Mishra von der Technischen Fakultät der CAU. Das Forschungsteam hatte Zinkoxidtetrapoden mit einem Silikonpolymer (Polydimethylsiloxan) vermischt und die Eigenschaften des so entstandenen Kompositmaterials untersucht. Sie fanden heraus, dass das Silikonmaterial durch die Zinkoxidkristalle nicht nur fester wird, sondern auch ein ungewöhnliches Lichtreflexionsverhalten aufweist. Unter mechanischer Belastung und Bestrahlung mit UV-Licht verändern sich die Intensität und Farbe des reflektierten Lichts.

Nano-Kristalle geben Warnsignal

"Die Mikro-Nano-Kristalle geben eine Art optisches Warnsignal, wenn das Kompositmaterial durch Belastung zu versagen droht", erläutert die Doktorandin Xin Jin. Die Veränderung der Leuchteigenschaften von definierten Halbleiter-Mikrostrukturen durch mechanische Beanspruchung, wie wir es für die Zinkoxid-Tetrapoden erstmalig gezeigt haben, könnte auch für viele andere Leuchtstoffsysteme von Bedeutung sein", ergänzt Professor Cordt Zollfrank, der das Fachgebiet biogene Polymere an der TUM leitet. "Wir erwarten weitere spannende Entwicklungen auf dem Gebiet der ,self-reporting materials"".

Kompositpolymere werden in zahlreichen Bereichen eingesetzt - von Zahnimplantaten bis hin zu Raumfahrzeugen. Sie bestehen aus zwei oder mehr Ausgangsmaterialien mit unterschiedlichen Eigenschaften, zum Beispiel Silikon und Zinkoxid, die im Materialverbund bessere Eigenschaften haben. Je nach Bedarf können sie besonders leicht, mechanisch robust und preiswert herstellbar designed werden. Professor Rainer Adelung, Leiter der Studie, betont: "Zinkoxidkristalle sind offenbar eine exzellente Komponente für zahlreiche spezielle Kompositmaterialien - auch in Konstruktionen, von deren Stabilität das Überleben von Menschen abhängt."

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Quelle: Technische Universität München