05.11.2012
Neuer Mechanismus bei der Bildung von Ribosomen entdeckt
Einen neuen Mechanismus bei der Bildung von Ribosomen haben Wissenschaftler des Biochemie-Zentrums der Universität Heidelberg entdeckt. In einem interdisziplinären Ansatz beschreiben die Heidelberger Forscher gemeinsam mit Kollegen aus der Schweiz und Japan ein bislang unbekanntes Protein, das bei der Ribosomenherstellung in Eukaryoten - dies sind alle Lebewesen, deren Zellen einen Zellkern besitzen - eine besondere Rolle spielt. Dieses Protein sorgt dafür, dass bestimmte für die Bildung der Ribosomen erforderliche Bestandteile wie "Anhalter" gemeinsam an den Ort transportiert werden, an dem der Herstellungsprozess stattfindet. Die Forschungsergebnisse wurden in "Science" veröffentlicht.
Ribosomen - die Proteinfabriken der Zelle - sind makromolekulare Komplexe aus Ribonukleinsäuren (RNA) und ribosomalen Proteinen (r-Proteine), die in einer speziellen dreidimensionalen Struktur arrangiert sind. Die korrekte Ribosomenherstellung ist von entscheidender Bedeutung für das Überleben aller Zellen und ein nach strengen Regeln ablaufender Prozess. Die Bildung neuer Ribosomen vollzieht sich bei Eukaryoten hauptsächlich im Zellkern. Dazu müssen die für die Herstellung erforderlichen r-Proteine aus dem Zellplasma an den Ort im Zellkern transportiert werden, an dem die Ribosomen zusammengesetzt werden. Bisher war unklar, ob r-Proteine, die eine ähnliche Funktion besitzen und daher in der Ribosomenstruktur funktionelle Cluster bilden, nicht auch zusammen in den Zellkern transportiert werden.
Die Wissenschaftler haben nun ein Protein entdeckt, das den gemeinsamen Transport bestimmter r-Proteine in funktionalen Clustern in den Zellkern koordiniert. Es trägt den Namen Symportin1, der den "synchronisierten Import" bezeichnet. "Symportin1 synchronisiert den Import der beiden r-Proteine Rpl5 und Rpl11 in den Zellkern und unterstützt deren Einbau in die wachsende Ribosomenstruktur", erläutert Prof. Dr. Irmgard Sinning vom Biochemie-Zentrum der Universität Heidelberg (BZH). "Dabei kommt ein logistisches Konzept zum Einsatz, das aus dem Alltag bekannt ist, etwa wenn wir im Auto einen Anhalter mitnehmen oder uns ein Taxi teilen, weil wir dasselbe Ziel haben", sagt Dr. Gert Bange vom BZH, der gemeinsam mit Dr. Dieter Kressler (jetzt Universität Fribourg) Erstautor der Veröffentlichung ist.
Die Wissenschaftler der Universität Heidelberg und der Universität Fribourg (Schweiz) haben bei ihrer Forschung eng mit Kollegen der japanischen Universität Osaka zusammengearbeitet. "Die Kombination verschiedener Methoden in einem Spektrum von ,klassischer" Zellbiologie bis hin zu neuen biophysikalischen Ansätzen war die entscheidende Grundlage dafür, dass wir diesen bisher nicht bekannten biologischen Mechanismus nun detailliert beschreiben können", betont Prof. Dr. Ed Hurt, der ebenfalls Mitglied des BZH ist. Bei den Untersuchungen kam die Kristallisationsplattform des Biochemie-Zentrums zum Einsatz; die Forschungsarbeiten wurden vom Exzellenzcluster "CellNetworks" der Universität Heidelberg unterstützt.
Quelle: Universität Heidelberg