16.07.2012
Chemische Schaltkreise: Zuckernachweis als logischen Schalter entwickelt
Immer schneller, immer leistungsfähiger - so lässt sich die Entwicklung in der IT-Branche bis heute wohl treffend beschreiben: Mit stetiger Regelmäßigkeit verdoppelt sich die Rechenleistung von Computern etwa alle zwei Jahre. Immer kleinere Transistoren, die in immer größerer Dichte und Zahl in integrierten Schaltkreisen Platz finden, machen es möglich. Doch diese Gesetzmäßigkeit könnte schon bald außer Kraft gesetzt sein. "Die gegenwärtig genutzten Techniken für die Produktion von Mikrochips kommen an ihre Grenzen", sagt Prof. Dr. Alexander Schiller von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Das Ende der Miniaturisierung sei in etwa zehn Jahren erreicht, so der Chemiker weiter. "Um den dennoch stetig weiter wachsenden Bedarf an immer leistungsfähigeren Rechner-Bauteilen zu decken, brauchen wir alternative Konzepte."
Der Juniorprofessor und seine Kollegen tüfteln schon seit einiger Zeit an einer chemischen Alternative zu elektronischen Bauelementen. Wie die Chemiker der Uni Jena jetzt im "Journal of the American Chemical Society" berichten, haben sie ein Molekül-basiertes System entwickelt, das logische Funktionen ausführen kann. Anders als in einem elektronischen Schaltkreis, bei dem Informationen in Form elektrischer Impulse verarbeitet werden, funktioniert dieses mit chemischen Signalen. Die American Chemical Society hat diese vielversprechende Idee der Chemiker um Prof. Schiller zudem mit einem "Spotlight" gewürdigt: einem eigenen Artikel, der das Thema einer über die Wissenschaft hinausgehenden Öffentlichkeit nahebringen möchte.
Der chemische "Schaltkreis" enthält mehrere Komponenten: Einen fluoreszierenden Farbstoff und einen sogenannten Fluoreszenzlöscher. "Liegen beide Komponenten vor, so kann der Farbstoff seine Wirkung nicht entfalten und wir sehen kein Fluoreszenzsignal", so Schiller. Kommen jedoch bestimmte Zuckermoleküle ins Spiel, reagiert der Fluoreszenzlöscher mit dem Zucker und verliert so seine Fähigkeit, das Fluoreszenzsignal zu unterdrücken. "Daraufhin beginnt der Farbstoff zu fluoreszieren."
Dieses Setting erlaube nun verschiedene logische Verknüpfungen, wie Prof. Schiller erläutert, "wobei wir die Komponenten als chemische ,Input"-Signale und die zu messende Fluoreszenz als ,Output"-Signal annehmen." Je nachdem ob Farbstoff, Fluoreszenzlöscher und/oder Zucker als Signalgeber vorliegen, resultiert ein Fluoreszenzsignal - "1" - oder kein Signal - "0". "Diese Outputs lassen sich dann mit anderen Funktionen koppeln." Mögliche Anwendungen solcher molekularen logischen Schaltelemente werden schon heute im Bereich intelligenter Materialien oder in der klinischen Diagnostik diskutiert. Ihr Vorteil gegenüber rein elektronischen Schaltkreisen sei ihre enorme Signal-Variabilität. "Diese chemische Vielfalt ist bestens geeignet, um Schaltungen auf Platinen in der Zukunft zu ergänzen und vielleicht sogar zu ersetzen."
Quelle: idw / Universität Jena