29.10.2010
Fettsäureprofil der roten Blutkörperchen steht im Zusammenhang mit dem Diabetes-Risiko
Zellmembranen sind zum Großteil aus Fettsäuremolekülen unterschiedlichster Art aufgebaut. Dies gilt auch für die Membranen der roten Blutkörperchen. Wie ein Wissenschaftlerteam um den Epidemiologen Matthias Schulze vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) nun zeigt, lässt sich anhand des Fettsäureprofils der roten Blutzellen das Typ-2-Diabetes-Risiko einer Person bestimmen. Derzeit ist noch unklar, ob eine solche Untersuchung im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen einsetzbar ist. Das Studienergebnis trägt aber schon jetzt dazu bei, die Zusammenhänge zwischen dem Fettsäurestoffwechsel und der Typ-2-Diabetes-Entstehung besser zu verstehen.
Grundlage der Untersuchung bildeten die Blutproben und Daten einer großen Langzeitstudie mit mehr als 27.500 männlichen und weiblichen Studienteilnehmern im Erwachsenenalter. Neben Wissenschaftlern des DIfE waren auch Forscher der Technischen Universität München, der Christian-Albrechts-Universität in Kiel sowie des National Institute for Public Health and the Environment in Bilthoven (NL) an der Studie beteiligt. Die Wissenschaftler publizierten ihre Ergebnisse jetzt in der Fachzeitschrift American Journal of Clinical Nutrition.
Seit längerer Zeit ist bekannt, dass Nahrungsfette das Herz-Kreislauf-System beeinflussen. Welche Rolle die verschiedenen Fettsäuren bei der Typ-2-Diabetes-Entstehung spielen, ist jedoch noch unzureichend erforscht. Daher hat sich das Team um Matthias Schulze zum Ziel gesetzt, die Zusammenhänge zwischen der Fettsäureaufnahme, dem Fettsäureprofil der roten Blutkörperchen und dem Typ-2-Diabetes (auch als Alterszucker bekannt) genauer zu untersuchen.
Das Fettsäureprofil der Blutzellen ist ein guter Indikator für den Fettsäurestoffwechsel. Denn der Körper nutzt die über die Nahrung aufgenommenen Fettsäuren nicht nur zur Energiegewinnung, sondern wandelt sie auch in andere Fettsäuren um und baut sie in Zellmembranen ein. Dabei beeinflusst die Fettsäurezusammensetzung die biophysikalischen Eigenschaften der Membranen. Ebenso ist der Körper selbst in der Lage, Fettsäuren aus den Abbauprodukten von Kohlenhydraten zu synthetisieren. Für diese vielfältigen Umwandlungs- und Syntheseprozesse sind Schlüsselenzyme wie die Delta-5- und die Delta-6-Desaturase entscheidend, die daher neben den Fettsäuren ebenso im Fokus der vorliegenden Studie standen.
Die Wissenschaftler kamen zu folgenden Resultaten: Wies das Fettsäureprofil der roten Blutkörperchen bei Studienteilnehmern auf eine hohe Delta-6-Desaturase-Aktivität hin, so hatten die Teilnehmer ein mehr als doppelt so hohes Diabetes-Risiko als andere Studienteilnehmer, deren Delta-6-Desaturase nur wenig aktiv war. Dagegen war ein Fettsäureprofil, das auf eine hohe Delta-5-Desaturase-Aktivität schließen lässt, mit einem um etwa die Hälfte verminderten Risiko assoziiert. Diese Ergebnisse konnten die Forscher zudem erstmals anhand zusätzlich durchgeführter Analysen der Desaturase-Gene bestätigen. Einen Zusammenhang zwischen der Aufnahme von Nahrungsfetten und dem Diabetes-Risiko beobachteten sie jedoch nicht.
"Die körpereigene Umwandlung und Synthese von ungesättigten Fettsäuren scheint nach unseren Daten eine größere Rolle zu spielen als ursprünglich angenommen", sagt Janine Kröger, Erstautorin der Studie. "Ein interessantes Resultat, das wir weiter verfolgen werden. Unsere Ergebnisse ergänzen zudem die Daten anderer Untersuchungen, die darauf hinweisen, dass veränderte Desaturase-Aktivitäten und die daraus resultierende Veränderung des Fettsäureprofils eine Rolle für die Insulinempfindlichkeit der Körperzellen spielen. Werden die Körperzellen unempfindlich gegenüber Insulin, ist dies die Vorstufe zum Typ-2-Diabetes".
"Die neuen Daten bestätigen darüber hinaus unsere tierexperimentellen Befunde, nach denen Veränderungen im endogenen Fettstoffwechsel eine Hauptursache des Typ-2-Diabetes sind", ergänzt Hans-Georg Joost, wissenschaftlicher Direktor des DIfE.
Quelle: Deutsches Institut für Ernährungsforschung (DIfE)