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15.09.2024

23.11.2007

Neuer Sonderforschungsbereich zur "Funktionalität Oxidischer Grenzflächen"

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Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat heute den neuen Sonderforschungsbereich (SFB) "Funktionalität Oxidischer Grenzflächen" bewilligt. Sprecherin des SFB 762 ist Prof. Dr. Ingrid Mertig von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). Die MLU kooperiert dabei mit ihrer Partneruniversität Leipzig, dem halleschen Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik und der Universität Magdeburg. Die gemeinsame Erforschung spezieller Nanostrukturen soll neue Funktionalitäten hervorbringen und "könnte im Ergebnis zu einer Revolution in der Speichertechnologie führen", sagt Ingrid Mertig.

Prof. Dr. Wulf Diepenbrock, Rektor der Martin-Luther-Universität, nahm die Entscheidung mit Freude auf. "Die Bewilligung des Sonderforschungsbereichs zeigt einmal mehr, dass unsere Profilierungsstrategie aufgeht", so Diepenbrock. Die Initiative des Forschungsverbundes sei ein Herzstück des an der MLU angesiedelten Landesexzellenznetzwerks "Nanostrukturierte Materialien".

Auch Prof. Dr. Ingrid Mertig verweist auf die guten Voraussetzungen zur Erforschung der oxidischen Grenzflächen: "Im mitteldeutschen Raum Halle-Leipzig-Magdeburg ist die wissenschaftliche Kompetenz zur Lösung der entsprechenden Fragestellungen gebündelt. Wir betreten gemeinsam Neuland, aber wir beherrschen das erforderliche Know-how", führt die hallesche Physikerin aus. Die Gutachter der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) hätten u.a. den innovativen Forschungsansatz, der Anwendungen mit einschließt, und "die ungewöhnlich große Kohärenz des wissenschaftlichen Programms sehr gelobt", ergänzt Prof. Dr. Marius Grundmann von der Universität Leipzig, stellvertretender Sprecher des SFB.

Die beteiligten Wissenschaftler stellen Nanostrukturen her, die aus wenigen Atomlagen eines Oxids bestehen, kombiniert mit wenigen Atomlagen eines Metalls oder eines anderen Oxids. Die Grenzfläche bestimmt dann die funktionalen Eigenschaften dieser Nanostruktur - und die können völlig neuartig sein. "Wir arbeiten vor allem an oxidischen Grenzflächen bestehend aus einer ferroelektrischen Schicht und einer ferromagnetischen Schicht. Man nennt die Grenzflächen dann multiferroisch", erläutert Ingrid Mertig. "Dabei interessiert uns insbesondere die magnetoelektrische Kopplung. Falls sie besteht, würden sich auch die Eigenschaften der magnetischen Schicht ändern, wenn man eine die ferroelektrische Schicht umpolt." Das heißt, man könnte mit einem elektrischen Feld die Eigenschaften der magnetischen Schicht über die Grenzfläche beeinflussen. "Wenn das gelingen würde, wäre es eine Revolution in der Speichertechnologie", so Mertig. "Man könnte die Vorteile der ferroelektrischen Speicher mit denen der magnetischen Speicher kombinieren. Man könnte die Information elektrisch eintragen und magnetisch auslesen."

Bei Magnetspeichern können Daten sehr schnell gespeichert und gelesen werden. Computerfestplatten arbeiten daher in der Regel mit Magnetspeichern. Ferrroelektrische Speicher zeichnen sich z.B. durch niedrigen Stromverbrauch und eine hohe Haltbarkeit auch unter Dauerbelastung aus. Sie kommen daher beispielsweise in Büromaschinen (z.B. Druckern und Kopierern) zum Einsatz.

Die Arbeiten des neuen Sonderforschungsbereiches 762 sind dem Bereich "Spinelektronik" zuzuordnen, der in diesem Jahr auch mit der Vergabe des Nobelpreises an die Forscher Prof. Dr. Albert Fert (Paris) und Prof. Dr. Peter Grünberg (Jülich) gewürdigt wurde, zu denen die halleschen Physiker intensive wissenschaftliche Kontakte pflegen. Bereits in der ebenfalls von der DFG geförderten Forschergruppe 404 beschäftigten sich hallesche und Leipziger Wissenschaftler gemeinsam mit dieser Thematik.

Der SFB wird mit rund zehn Millionen Euro für vier Jahre durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft gefördert. Eine Bonusfinanzierung durch die Länder Sachsen-Anhalt und Sachsen ist vorgesehen. Die zukünftigen Doktoranden im SFB werden an modernsten wissenschaftlichen Anlagen arbeiten und werden neueste wissenschaftlichen Konzepte in der International Max Planck Research School for Science and Technology of Nanostructures in Halle studieren.

Quelle: idw / Universität Halle-Wittenberg