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04.07.2024

03.03.2005

MODELKEY - Neues EU-Großprojekt untersucht Flussökosysteme

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Chemische Belastungen analysieren und bewerten - das ist das Ziel des neuen europaweiten Großprojektes MODELKEY, das im Februar startet. Unter Leitung des Umweltforschungszentrums Leipzig-Halle (UFZ) werden Wissenschaftler in 13 Ländern bis zum Jahr 2010 Methoden entwickeln, mit denen so genannte Schlüsselchemikalien identifiziert und deren Einfluss auf Gewässersysteme bestimmt werden können. Untersucht werden dabei drei Modellflüsse von der Quelle bis zum Meer: die Elbe (Tschechien/Deutschland), die Schelde (Belgien/Niederlande), und der Llobregat (Spanien). Diese drei Flüsse befinden sich in verschiedenen Klimaregionen und sind alle industriell belastet. Die dort gewonnenen Erkenntnisse sollen später auf alle Mitgliedsstaaten der EU übertragen werden. Das Projekt, an dem insgesamt 25 verschiedene Forschungsinstitutionen beteiligt sind, wird von der EU mit 8,4 Millionen Euro gefördert. Der Name des Projektes MODELKEY steht für Modell zur Bewertung und Vorhersage der Wirkungen von Umweltschlüsselschadstoffen auf Süßwasser- und Meeresökosysteme sowie auf die Artenvielfalt. Das Auftaktreffen für MODELKEY findet vom 28. Februar bis 5. März in Spanien statt.

Hintergrund: Die EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) verpflichtet alle Staaten, bis 2015 dafür zu sorgen, dass sich deren Gewässer in einem guten chemischen und ökologischen Zustand befinden. Ziel der Richtlinie ist es, gemeinsame Standards für den Gewässer- und Grundwasserschutz zu schaffen. Dadurch sollen Verschmutzungen eingedämmt und der Zustand dieser Ökosysteme verbessert werden, um die Wasserressourcen langfristig zu schützen. Die Wasserrahmenrichtlinie sieht eine Abstufung der ökologischen Gewässerqualität in fünf Güteklassen von einem schlechten bis zu einem sehr guten Zustand vor. Bis 2015 sollen alle Gewässer mindestens die Güteklasse II (guter Status) erreichen. Besonders in vielen Industrieregionen Europas ist ein guter ökologischer Zustand noch nicht erreicht. Während die chemischen Parameter in Deutschland bereits weitgehend erfüllt werden, sieht das Umweltbundesamt bei den biologischen Parametern große Defizite. Das europäische Projekt MODELKEY soll jetzt die Ursachen für diese Probleme finden und Lösungen entwickeln.

Die EU hat zwar eine Prioritätenliste von 30 chemischen Stoffen erstellt, die bereits jetzt überwacht werden. Doch die Wissenschaftler sehen noch großen Forschungsbedarf. ?Wenn wir bedenken, dass es hunderttausende verschiedener chemischer Verbindungen in der Umwelt gibt, dann wird klar: Das bisherige Raster ist einfach zu groß", erläutert Dr. Werner Brack vom UFZ. ?Wir versuchen deshalb biologische und chemische Verfahren sowie verschiedene Modellansätze so zu kombinieren, dass wir das Spektrum an möglichen Problemen Schritt für Schritt einengen, um dann schließlich jene Verbindungen zu identifizieren, die tatsächlich für schädliche Wirkungen verantwortlich sind." Dabei wird das komplette Ökosystem betrachtet. Haben Veränderungen im Organismus des einzelnen Individuums auch Auswirkungen auf die gesamte Lebensgemeinschaft? Was bedeutet es für das Ökosystem, wenn sich beispielsweise ein bestimmter Fisch nicht mehr vermehrt? Komplexe Fragestellungen, die bis 2010 geklärt werden sollen.

Zwei Jahre hat allein die Vorbereitung des Großprojektes gebraucht. Partner mussten gefunden und eine Struktur entworfen werden. Sieben Teilprojekte und über 150 Wissenschaftler koordinieren Dr. Michaela Hein und Dr. Mechthild Schmitt unter der Leitung von Dr. Werner Brack. ?Wir müssen in allen Bereichen neue innovative Techniken entwickeln", umschreibt Brack die künftige Arbeit. ?Die Herausforderung besteht gerade darin, verschiedene wissenschaftliche Ansätze zu kombinieren".

Das internationale Wissenschaftlerteam will aber nicht nur diese Schlüsselschadstoffe finden und ihre Wirkungen erklären. Auch die großen Datenmengen aus den Gewässerkontrollprogrammen der EU-Mitgliedsländer sollen nutzbar gemacht werden. ?Im Moment liegen die Daten in verschiedenen Datenbanken in verschiedenen Formaten vor und sind so nur ganz schwer anzuzapfen. Deshalb wollen wir eine zentrale Datenbank erstellen - in enger Zusammenarbeit mit den Behörden, die schon jetzt Daten erheben und die dann später auch die EU-Wasserrahmenrichtlinie umsetzen müssen." Am Ende sollen Computermodelle stehen, die den Gewässerbehörden in der ganzen EU Unterstützung bieten, wenn Entscheidungen anstehen, welche Gebiete saniert werden sollen und wie das am effektivsten geschehen kann. Denn eines ist klar: Mit der EU-Wasserrahmenrichtlinie kommt auf die einzelnen Mitgliedsländer viel Arbeit zu.

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Quelle: idw / Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle (UFZ)