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28.09.2024

22.09.2003

Zusammenfassung der 4. Fresenius Konferenz zur Biozid Produkte Richtlinie

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Seit dem 20. Juni 2002 ist das Biozidgesetz in Deutschland wirksam. Der ordnungsgemäße Umgang mit den neuen Vorschriften ist sowohl für die Hersteller und Formulierer von Biozid-Produkten als auch für die Behörden eine große Herausforderung. Der Katalog der "offenen Fragen" und "dringenden Aufgaben" betrifft nicht nur die Dossiererstellung und das Zulassungsverfahren, sondern bezieht alle Stufen des Herstellungs- und Vertriebsprozesses ein. Dies ist das Fazit der vierten internationalen Konferenz zur "Biozid Produkte Richtlinie" der Akademie Fresenius am 16. Und 17. September in Bonn. Zwei Tage lang diskutierten Experten aus dem In- und Ausland über ausgewählte Rechtsfragen wie Datenschutz und Übergangsfristen, Expositionsszenarien zur Risikobewertung und Konsequenzen der Neuordnung für den Verbraucherschutz.

Kern des Biozidgesetzes ist die Einführung einer Zulassungspflicht für Biozid-Produkte, wie zum Beispiel Desinfektions- oder Holzschutzmittel. Darüber hinaus enthält es Regelungen zur Kennzeichnung und zur Werbung für diese Mittel. Diese Maßnahmen sind mit hohen Kosten für die Produzenten verbunden.

Biozid oder nicht Biozid?

Marc Besen, Rechtsanwalt der Düsseldorfer Sozietät Clifford Chance Pünder, wies darauf hin, wie groß der Diskussionsbedarf über die gültige Rechtslage momentan sei. Dieses zeige bereits die Frage, wann ein Produkt als Biozid-Produkt zu qualifizieren sei. Außerdem mahnte er Nachbesserungen für den Datenschutz im Rahmen einer Zweit- bzw. Parallelanmeldung an. Hier gelte es, "einen angemessenen Interessenausgleich zwischen den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen des Erstanmelders auf der einen, und Tierschutz, Wettbewerbsfreiheit sowie Verwaltungseffizienz auf der anderen Seite zu finden."

Kostentreiber Risikobewertung

Nach Erfahrungen von Stephan Schüle, Manager bei Bayer Environmental Science (Monheim), ist vor allem die Riskobewertung von Biozid-Produkten ein starker Kostentreiber: Die Industrie ist auf neue und aufwändige Expositionsstudien angewiesen, da entweder keine geeigneten Daten in der Literatur vorhanden sind oder Rechenmodelle auf äußerst konservativen "default values" (Erwartungswerten) beruhen.

Probleme bei der Bildung von Task Forces

Auf die Schwierigkeiten der Unternehmen, Wettbewerb und Zusammenarbeit mit Hinblick auf die neue Chemikalienpolitik zu vereinbaren, wies Jürgen Gutknecht, Geschäftsführender Gesellschafter der Bactria GmbH (Kirchheimbolanden) hin: Die Politik begrüßt es, wenn Unternehmen sich zu Konsortien ("Task Forces") zusammenschließen, um zum Beispiel die Durchführung von Tierversuchen durch Zusammenarbeit zu reduzieren. Aus Unternehmenssicht sprechen die Möglichkeiten der Kosteneinsparung für die Task Forces. Da in diesen Konsortien aber gegenseitige Wettbewerber sehr eng zusammenarbeiten, ist der juristische Aufwand groß: Es gilt, jegliche Kollision mit dem EU-Wettbewerbsrecht zu vermeiden.

Jürgen Gutknecht wies auch auf ein weiteres Konfliktpotenzial hin, das zwischen "Anwendungsfirmen" und "Herstellungsfirmen" schlummert: "Einerseits bestehen die Regulatoren auf präziseste Erfassung aller Anwendungsdetails, andererseits sind diese den 'Herstellerfirmen' vielfach nicht bekannt. Deren Kunden, die 'Anwenderfirmen', sollen Details ihres Formulierungswissens ihren Lieferanten ohne Vergütung offen legen, während die Lieferanten ihrerseits für toxikologische Substanzstudien überhöhte Beiträge verlangen können." Für diese Problematik sei keine Lösung in Sicht, da EU-Kommission und die EU-Mitgliedsstaaten das Thema nicht behandeln, sondern in die "ausschließliche Sphäre vertraglicher Absprachen innerhalb der Industrie" verlagerten, so Gutknecht.

Quelle: Akademie Fresenius