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04.07.2024

05.12.2002

Deutscher Zukunftspreis für Wiederaufladegerät für biologische Batterien

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Am 3. Dezember erhielten Prof. Maria-Regina Kula und Dr. Martina Pohl von dem im Forschungszentrum Jülich ansässigen Institut für Molekulare Enzymtechnologie (IET) der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf den "Deutschen Zukunftspreis 2002" - den Preis des Bundespräsidenten für Technik und Innovation. Damit wurden erstmals zwei Frauen mit dem mit 250.000 Euro dotierten Preis ausgezeichnet. Eine hochkarätige Jury wählte das Siegerteam aus dem Kreis von vier nominierten Forschergruppen aus.

Zu den ersten Gratulanten gehörten Bundesforschungsminsterin Edelgard Bulmahn, NRW-Forschungsministerin Hannelore Kraft, Prof. Dr. Dr. h.c. Gert Kaiser, Rektor der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Prof. Dr. Dr. h.c. Joachim Treusch, Vorstandsvorsitzender des Forschungszentrums Jülich und seine Stellvertreterin Dorothee Dzwonnek.

Der Deutsche Zukunftspreis zeichnet Wissenschaftler für eine hervorragende Innovation aus. Deren gesicherte Anwendung, verbunden mit uneingeschränkter Marktfähigkeit sowie der Schaffung von Arbeitsplätzen sind die notwendigen Kriterien für die Preisvergabe. Diese Kriterien erfüllten die beiden Biotechnologinnen mit ihren Forschungen zum Thema: "Sanfte Chemie mit biologischen Katalysatoren". Sie machten eine wirtschaftlich besonders interessante Gruppe von Enzymen für den Einsatz in industriellen Produktionsprozessen nutzbar.

Enzyme kommen in allen Lebewesen vor. Zellen brauchen sie zum Überleben und biologische Prozesse wie Verdauung oder Atmung würden ohne sie nicht stattfinden. Die kleinen Helfer, die in den allermeisten Fällen aus Eiweiß - Protein - bestehen, beschleunigen die chemischen Abläufe in der Zelle millionenfach. Heute sind Enzyme unverzichtbare Helfer in der Medizin und in der Lebensmittel-, Papier- und Textilindustrie, denn sie haben einen großen Vorteil: Während konventionelle chemische Verfahren zur Herstellung bestimmter Zwischen- und Endprodukte Umwelt belastende organische Lösemitteln benötigen und mehr Abfall produzieren, arbeiten Enzyme schneller, energiesparender und umweltschonender, denn als Lösungsmittel benötigen sie lediglich Wasser. Zudem arbeiten die passenden Enzyme sehr spezifisch, das heißt, sie liefern das gewünschte Produkt in hoher Reinheit.

Die Preisträgerinnen haben sich mit einer besonders interessanten Enzym-Klasse befasst, den Redox-Enzymen. Diese Enzyme brauchen ein Hilfs-Enzym, um arbeiten zu können, den sogenannten Co-Faktor. Dieser liefert die nötige Energie, muss aber - wie eine Batterie - immer wieder aufgeladen werden. In der lebenden Zelle ist dies problemlos möglich, nicht aber außerhalb des Organismus, also bei industriellen Prozessen. Weil die Co-Faktoren teuer in der Herstellung sind, war die wirtschaftliche Nutzung von Redox-Enzymen für technische Zwecke lange Zeit nicht möglich. Prof. Kula fand jedoch eine Enzym, welches den Co-Faktor immer wieder aufladen kann. Dazu isolierte sie die so genannte Formiatdehydrogenase (FDH) aus der Hefe Candida boidinii. Das Enzym benötigt für seine Arbeit lediglich Ameisensäure. Die Biotechnologin entwickelte zudem ein Verfahren, mit dem das Enzym einfach, kostengünstig und in großem Maßstab herzustellen ist. Erstmals kann nun ein Co-Faktor für eine industriellen Prozess kontinuierlich regeneriert werden. Das patentierte Verfahren wird unter anderem von der Degussa AG eingesetzt, um eine spezielle Aminosäure herzustellen, die in Infusionslösungen oder für Blutdruck senkende Medikamente benötigt wird.

Die zweite Preisträgerin Dr. Martina Pohl verbesserte zudem mit gentechnischen Methoden die Stabilität der Formiatdehydrogenase. Dadurch kann das Enzym nun auch unter "raueren" Bedingungen eingesetzt werden, ohne seine Wirkung zu verlieren. Dr. Pohl konnte zudem die Leistungsfähigkeit des Enzyms steigern. Dabei machte sie sich einige Schritten der natürlichen Evolution zu Nutze, bei der das Enzym durch zufällige Änderungen des Erbguts - Mutationen - immer leistungsfähiger wurde. Die Forschungen der Preisträgerinnen machen es nun möglich, in industriellen Produktionsprozessen kostengünstig und nachhaltig "sanfte Chemie" einzusetzen.

Quelle: Forschungszentrum Jülich