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08.12.2024

13.01.2022

Chrom(VI) in Lederprodukten - ein Bericht aus dem Laboralltag

Magdalena Köhler, Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Stuttgart


Untersuchungsergebnisse von 99 Proben aus den Jahren 2020 und 2021 zeigen, dass Erzeugnisse für den Körperkontakt (u. a. Lederbekleidung, Schuhe, Motorradhandschuhe und Hundeleinen) noch immer mit Chrom(VI)-Verbindungen belastet sind (12 von 99 Proben, 12 %). Auch in Zukunft müssen diese Erzeugnisse überprüft werden, da es immer noch Lederprodukte gibt, die aufgrund nachweisbarer Chrom(VI)-Konzentrationen als gesundheitsschädlich zu beurteilen waren.

Welche rechtlichen Vorgaben gibt es?

Gemessen an der Häufigkeit des Auftretens von Sensibilisierungen zählt Chrom(VI) zu den wichtigsten Allergenen. Aufgrund dieser gesundheitlichen Relevanz hat der Gesetzgeber für Chrom(VI) Grenzwerte festgelegt. Nach Einschätzung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) liegt bei einer Grenzwertüberschreitung ein ernstes gesundheitliches Risiko insbesondere in Bezug auf allergene Effekte vor [1].

Das BfR führt aus, dass auch bei Einhaltung gesetzlich festgelegter Grenzwerte für sensibilisierende Substanzen in der Regel nicht alle sensibilisierten Personen ausreichend vor der Exposition und dem Auslösen eines Kontaktekzems geschützt werden können, da große Unterschiede in der Empfindlichkeit dieser Personen bestehen. Aufgrund der lebenslang bestehenden Sensibilisierung und der erheblichen Beeinträchtigung der Lebensqualität betroffener Personen stellt nach Ansicht der Toxikologen eine Grenzwertüberschreitung ein ernstes gesundheitliches Risiko dar. Das BfR kommt zu dem Schluss, dass bei einer Grenzwertüberschreitung eine Eignung zur Schädigung der Gesundheit gegeben ist.

Für Erzeugnisse, die erstmalig nach dem 1. Mai 2015 in den Verkehr gebracht wurden, gelten die Anforderungen der REACH-Verordnung (EG) Nr. 1907/2006: danach dürfen Ledererzeugnisse und Erzeugnisse, die Leder enthalten und die mit der Haut in Berührung kommen, nicht in Verkehr gebracht werden, wenn sie einen Chrom(VI)-Gehalt von 3 mg/kg (0,0003 Gewichtsprozent) oder mehr des gesamten Trockengewichts des Leders aufweisen [2]. Weitere Informationen bezüglich Chrom(VI) finden Sie in dem Internetbeitrag "Chrom(VI) in Lederprodukten: ein immer noch zentrales Thema".

Untersuchungsergebnisse

Vor diesem Hintergrund wurden im Jahr 2020 insgesamt 51 Lederwaren (u. a. Lederbekleidung, Motorradhandschuhe und Schuhe) unter die Lupe genommen. Die Erzeugnisse sind häufig aus verschiedenen Lederstücken zusammengesetzt, die voneinander getrennt und separat untersucht werden. So ergaben im Untersuchungszeitraum 2020 die 51 Lederwarenproben insgesamt 87 Analysen. Die Ergebnisse von 5 Proben waren auffällig und lagen gesichert über der Nachweisgrenze von 3 mg Chrom(VI) pro Kilogramm Ledermaterial (siehe Tabelle 1 und Abbildung 1).

Untersuchung und Beanstandung 2020
Abb.1: Übersicht der Untersuchungsergebnisse und Beanstandungen im Jahr 2020


In der Tabelle 2 und Abbildung 2 sind die Untersuchungsergebnisse aus dem Jahr 2021 aufgelistet. In dem Jahr wurden insgesamt 48 Lederwaren (u. a. Ledergürtel, Kindersandalen und Hundeleinen) unter die Lupe genommen.

Untersuchung und Beanstandung 2021
Abb.2: Übersicht der Untersuchungsergebnisse und Beanstandungen im Jahr 2021


Die Untersuchungsbefunde für die einzelnen Produktgruppen zeigen, dass es bei vielen Produktgruppen zu Auffälligkeiten bzgl. der Chrom(VI)-Belastung kommt. Diese Auffälligkeiten werden durch die zuständigen Behörden an das Rapid Exchange of Information System (kurz RAPEX, siehe Infokasten) weitergeleitet.

Fazit

Da der Verbraucher nicht erkennen kann, ob die Lederwaren mit Chrom(VI) belastet sind, kann nur eine konsequente Qualitätssicherung des Herstellers helfen, die Belastung von Lederwaren mit Körperkontakt durch Chrom(VI)-Verbindungen zu minimieren. Aufgabe der amtlichen Lebensmittelüberwachung ist hierbei die Kontrolle der Selbstkontrolle. Wie unsere Untersuchungen zeigen, sind die Qualitätssicherungssysteme der Hersteller nicht immer ausreichend. Eine flächendeckende und konsequente Untersuchung durch amtliche Labore ist daher auch weiterhin unerlässlich.

Das Rapid Exchange of Information System (RAPEX)

Über RAPEX werden Informationen aus allen Mitgliedsstaaten über gefährliche oder potenziell gefährliche Verbraucherprodukte zur Verfügung gestellt. Darunter fallen beispielsweise Produkte wie Kleidung, Kosmetik, Schmuck oder Kinderspielzeug mit gesundheitsschädlichen Inhaltsstoffen oder Beschaffenheit. Weiterhin werden auch Produkte mit technischen Mängeln wie Kraftfahrzeuge oder Elektrogeräte, bei denen Stromschlag- oder Entflammungsgefahr besteht, über RAPEX veröffentlicht.

RAPEX beabsichtigt auch einen schnellen EU-weiten Informationsaustausch über Folgemaßnahmen wie Rückhol- oder Rückrufaktionen. Diese können entweder von den Behörden angeordnet werden oder der Hersteller und Händler handelt freiwillig. Zur Überwachung der Maßnahmen werden europaweit den örtlich zuständigen Behörden entsprechende Lieferlisten übermittelt.

Meldepflichtig ist eine ernste Gefahr. Zu melden sind auch die Folgemaßnahmen und die örtlichen Behörden haben insbesondere zu kontrollieren, ob die Produkte tatsächlich vom Markt genommen sind und nicht etwa in den Online-Handel gelangen [3].

Quellen

  1. BfR-Stellungnahme vom 06.03.2014, Anlage 7-3727-7760803: Gesundheitliche Bewertung von Chrom(VI)-Verbindungen in Lederwaren
  2. Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), Stand: 09. Februar 2017
  3. Wikipedia: Rapid Exchange of Information System, abgerufen am 21.09.2021


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