Entwicklung einer robusten chemo-enzymatisch dynamisch kinetischen Racematspaltung für die nachhaltige Synthese chiraler α-Hydroxyketone
Nieguth, René - Technische Universität Berlin (2013)
Ziel dieser Arbeit war die Weiterentwicklung der dynamisch kinetischen Racematspaltung (DKR) von Benzoin, was im Rahmen dieser Studie durch zwei Teilprojekte realisiert werden sollte: (1) Die Optimierung der kinetischen Racematspaltung sowohl auf der Seite der Biokatalysatorentwicklung als auch in der Prozessparameteroptimierung und (2) die Entwicklung einer alternativen Racemisierungsmethode zur "onepot" DKR von Benzoin. Abschließend wurde das neue DKR-Reaktionssystem charakterisiert und mit dem bisherigen Stand der Technik verglichen.
Die Lipase TL aus Pseudomonas stutzeri wurde sehr erfolgreich auf das Trägermaterial Accurel MP1001 adsorptiv immobilisiert (Acc-LipTL). Dazu wurden der Einfluss der Proteinstartkonzentration, der Temperatur, der Pufferkonzentration und des pH-Wertes auf die Immobilisierung untersucht. Es war möglich die Effizienz der Immobilisierung aufgrund der Parameteroptimierung stark zu verbessern und dabei die spezifische Proteinaktivität der Lipase TL gegenüber der nativen Präparation zu erhöhen (Faktor 4,1). Innerhalb der Charakterisierung der Prozessparameter der kinetischen Racematspaltung konnte eine niedrige Wasseraktivität des Reaktionsansatzes als positiv bezüglich der Aktivität bestimmt werden. Die Untersuchungen alternativer Lösungsmittel zeigten für 2-MeTHF und Toluol höhere Aktivitäten als im Standardsystem THF.
Bei den Messungen der Lagerstabilität konnte eine starke Temperatur- und Lösungsmittelsensitivität der Acc-LipTL festgestellt werden. Hierbei wirken die hydrophoben Lösungsmittel MIBK und Toluol als stark stabilisierend während einer Lagerung der Acc-LipTL. Zur Ermittlung der Prozessstabilität wurden sowohl wiederholte Batch-Versuche als auch Versuche in einem kontinuierlichen Prozess durchgeführt. Es wurden unterschiedliche Halbwertszeiten für diese Testsysteme gefunden, die jeweils deutlich niedriger waren, als die der Lagerstabilitäten.
Beim Vergleich der Lösungsmittel im kontinuierlichen Prozess erwies sich 2-MeTHF als besonders stabilisierend auf Acc-LipTL. Zur nachträglichen Stabilisierung der Acc-LipTL wurden etablierte Protokolle zur physikalischen und chemischen Modifikation genutzt. Auf Basis der prozessnahen Untersuchungen im kontinuierlichen Reaktor wurden Polyethylenimin (PEI), aktiviertes Polyethylenglykol (mPEG) und eine Dextranmodifikation als die Methoden identifiziert, die die Stabilität gegenüber komplexen Inaktivierungseinflüssen erhöhen können.
Im Screening nach alternativen Racemisierungskatalysatoren stellten sich TUD-1 Materialen und dabei insbesondere Zr-TUD-1 und Al-TUD-1 als außerordentlich aktiv heraus. In der folgenden "onepot" DKR mit den TUD-1 Katalysatoren und Acc-LipTL konnte erstmals eine DKR von Benzoin innerhalb von 5 h mit einem Umsatz von >98 % (ee >98 %) gezeigt werden. Die Rezyklierung der DKR mit Zr-TUD-1 und der modifizierten Acc-LipTL (PEI, mPEG, Dextran) ergab eine starke Steigerung der Stabilität der mit PEI modifizierten Acc-LipTL. Diese Immobilisate konnten mindestens 5-mal wiederverwendet werden, ohne dass der Umsatz unter 98 % (ee >98 %) abfiel. Der Vergleich der Prozesseffizienz gegenüber dem bisherigen System von Hoyos et al.(2008) ergab eine 6-fach höhere Produktausbeute pro immobilisiertes Protein.