Etablierung und Validierung quantitativer Proteomik-Techniken zur Identifizierung von mikroRNA-Zielproteinen im Mantelzelllymphom
Lößner, Christopher - Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (2010)
MikroRNAs (miRNAs, miRs) sind endogene etwa 22 Nukleotide lange RNAs. Sie binden an Bereiche innerhalb der messenger RNAs (mRNAs) und regulieren dadurch ihre Ziele post-transkriptional. Ihre Wirkung ist dabei nur zu einem geringen Anteil die mRNA Degradation, der Hauptmechanismus besteht in der Inhibition der Translation. Es wird vermutet, dass eine miRNA bis zu 1000 Proteine beeinflusst und insgesamt über 30% der Protein-kodierenden Gene reguliert werden. Somit können miRNAs nahezu jeden zellulären Prozess beeinflussen. Anhand von miRNA-Profilen bei verschiedenen Krebsarten konnte gezeigt werden, dass miRNAs bei Krebs reguliert sind und als Onkogene und Tumorsuppressoren wirken können. Die Funktionen einer miRNA sind in deren regulierten Proteinen begründet. Um die Zielproteine von miRNAs zu identifizieren, können verschiedene Ansätze verfolgt werden. Durch bioinformatische Vorhersage-Algorithmen konnten miRNA Ziele erfolgreich detektiert werden, wobei allerdings ein hoher Prozentsatz der Vorhersagen falsch positive oder falsch negative Ergebnisse sind.
Experimentell konnten durch mRNA Microarray Analysen Zielgene von miRNAs identifiziert werden, obwohl diese Methode nur solche miRNA Ziele detektieren kann, deren mRNA degradiert wird. In dieser Arbeit sollten miRNA Ziele auf Proteinebene identifiziert werden. Um dies zu ermöglichen, wurden zwei verschiedene quantitative Proteomik-Techniken eingesetzt. Bei der 2D DIGE (zweidimensionale difference in-gel electrophoresis) handelt es sich um eine Gel-basierte und bei SILAC (stable isotope labelling by amino acids in cell culture) um eine Gel-freie, massenspektrometrische Quantifizierungstechnik. SILAC erlaubt die Quantifizierung von Proteinen zweier Zellklone oder -zustände durch Markierung mit stabilen Isotopen. Der Einbau erfolgt in vivo durch Zugabe der 12C-markierten (leichten) bzw. 13C-markierten (schweren) Aminosäuren Lysin und Arginin während der Zellkultivierung. Bei der SILAC-Technik stellte sich als Problem die Arginin zu Prolin Konvertierung heraus, welche zu einer Verschlechterung der Quantifizierungsgenauigkeit führt. Die Lösung bestand darin, dass nicht markiertes Prolin zum Zellkulturmedium hinzugefügt wurde, wodurch Arginin nicht mehr in Prolin umgewandelt wird. Die 2D DIGE- und SILAC-Technik konnten anhand von miR-155 Zielproteinen verglichen werden.
Aufgrund der höheren Proteomabdeckung und damit auch der höheren Anzahl durch miR-155 regulierten Proteine stellte sich die SILAC-Technik als die geeignetere Methode heraus. Des Weiteren konnte anhand der miR-155 Zielproteine erstmalig auf Proteomebene gezeigt werden, dass mikroRNA Zielproteine Zelllinien-spezifisch sind. Aufgrund dieser Erkenntnisse wurden die für das Mantelzelllymphom relevanten Zielproteine von miR-15a und miR-16-1 in der Granta-519 Zelllinie untersucht. Zellzyklus, Apoptose und DNA-Reparatur sind diejenigen Prozesse, die durch miR-15a und miR-16-1 Zielproteine beeinflusst werden. Diese Prozesse sind bereits in anderen Krebsentitäten durch miR-15a und miR-16-1 als reguliert beschrieben und auch einige Proteine, wie z.B. PDCD6IP, sind als potentielle miR-15a bzw. miR-16-1 Zielproteine bekannt. Eine Vielzahl der Proteine sind allerdings neue miR-15a und miR-16-1 Effektoren im Mantelzelllymphom, was durch publizierte Regulationen von Proteinen wie TCL1A, MKI67, MCM6 und MCM2 in Patientenproben bestätigt wird. In dieser Arbeit konnte quantitative Proteomik zur Identifizierung von mikroRNA Zielproteinen durch die Berücksichtigung der Zelllinien-Spezifität erstmalig mit Relevanz in Krebs auf Proteomebene eingesetzt werden.